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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 15.1904

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Mayr, Karl: Neue Räume der Werkstätten für Wohnung-Einrichtung Karl Bertsch, München
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https://doi.org/10.11588/diglit.11377#0137

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INNEN-DEKORATION.

KARL BERTSCH—MÜNCHEN.

Te/lansicht aus dem Schlaf-Zimmer.

Schrank mit den glänzenden Messingplatten aus,
kein bazillentragendes Stäubchen kann sich hier in
einem unhygienischen Profile festsetzen. Bemerkens-
wert ist, dass sich die Beleuchtung im Rücken
des Liegenden nach Bedürfnis verschieben lässt.
In dem Kinder - Spielplätzchen haben alle drei
Künstler liebenswürdig zusammengearbeitet. Die
Möbel sind der Reinlichkeit wegen weiss lackiert
und sehen die Kleinen zur Decke, so gewahren
sie einen Zug fliegender Enten von Beckerath; gehen
sie an den Schrank, so warnt sie ein ernster
Marabu von dem unübertrefflichen Künstler Neuen-
born, dass sie die Türe nicht selber öffnen, während
auf Fliegen lauernde Eidechsen, gleichfalls von
Neuenborn lustig hingeschrieben, und kleine intar-
sierte Kätzchen auf der Tischplatte für die Unter-
haltung sorgen. Selbst ins Mädchen-Zimmer, das
mit Bett, Schrank, Waschtisch, zwei Stühlen und
Tisch 183 Mk. kostet, fiel ein Strahl von Schönheit:
die Möbel aus lasiertem, hellem Fichtenholz mit
schabloniertem, schwarzem Blattornament beweisen,
dass auch das allereinfachste nicht mit gesuchter
Roheit gleichbedeutend zu sein braucht. Es scheint
mir sogar, als ob von hier aus ein Pfad zur viel-

gesuchten, modernen Volkskunst ohne die fatale
Anlehnung an das verbauerte Barock führen könnte.

Schliesslich sei noch mit einem Wort die billige
und überaus glückliche Bilder-Dekoration hervor-
gehoben. Die Voigtländerschen Steindrucke für
Schule und Haus sind bekannt. Aber es sind doch
verhältnismäßig nicht viele darunter, welche wirk-
lich Anspruch auf künstlerischen Wert haben; die
meisten sind vermutlich durch die Schuld des aus-
wählenden Verlegers temperament- und rasselose
Mittelware. Ihr mächtiges Format wirkt nicht selten
drückend statt schmückend. Kommt es doch bei
einem Wandschmuck weit weniger auf die Grösse
als auf schlagenden, dekorativen Wert an. Die
Künstler haben deshalb mit weisem Bedacht von
den grossen Pflastern Umgang genommen und
dafür mit den billigen Drucken der »Jugend« die
feinsten Wirkungen erzielt. Freilich sind diese
Blätter, von Fritz Erler u. a., in einfachste, glatte
Ahornleistchen gerahmt, äusserst geschickt verteilt
und der malerischen Wirkung aufs feinste angepasst.
Aber man sieht, was sich erreichen lässt, wenn
wirkliche Künstler den Schmuck in die Hand
nehmen. Hier liegt für die Dekoration ein beinahe
 
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