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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 15.1904

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Lasser, Moritz Otto von: Das neue Offizier-Kasino zu Nürnberg
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https://doi.org/10.11588/diglit.11377#0293

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288

INNEN - DEKORATION.

Ornaments u. s. w. hingewiesen werden, die zwar
im Detail mitunter ein bischen sündigte, aber so
charakteristisch, geistvoll und einfach ist, dass man
ihr unbedingtes Lob spenden muss. Das ist eben
echte, dekorative Kunst!

Der Saal einer Brauerei (Mathäser) in München
will uns schier verleiten, auf einen Augenblick
wenigstens, der Kunstberichterstattung Valet zu
sagen und dafür das schäumende Münchener Leben,
wie es auf den »Kellern« anzutreffen ist, flüchtig
hinzuzeichnen. Ist es doch in Wahrheit bunt, über-
quellend, reizvoll, eigenartig genug, um eine Ab-
schweifung zu rechtfertigen. Iiier auf dem Keller
hat der Humor seine Stätte, die Daseinsfreude
macht sich breit, das süddeutsche Wesen, dem grossen
Gemälde, das sich da lebendig entbreitet, bestimmte
Züge und Farben verleihend. Diesem Leben und
Treiben einen passenden architektonischen und
malerisch-dekorativen Rahmen zu verleihen durch
schöne Räume, gärtnerischen Schmuck, Bilder,
eine wirkungsvolle Anlage von Beleuchtungskörpern,
das Heranziehen entsprechender Täfelungen, Möbel,
durch mächtig sich wölbende Decken, Aufstellen
und Anbringen von Krügen, Schildereien u. s. w.
— ist es nicht eine der dankbarsten Aufgaben, die
einem Künstler zu Teil werden kann ? Julius Mössel
hat seine, hat den malerischen Teil der Sache jeden-
falls sehr nett besorgt. Reich rankt das verzierende
Ornament an den Wänden umher; in der Nische
begegnen wir ausserdem einem wohlgelungenen
Bilde. Orpheus thront unter Bäumen, von Tieren
umgeben, vom schwarzen Grunde hebt sich alles
farbig ab. Die Tonne ist in Grün mit weissen bunt
bemalten Unterzügen durchgeführt.

Der Plafond eines Restaurants in Nürnberg
(Architekt Prof. Philipp), farbig auf weiss, zeigt den
Künstler in ganz anderer Weise eine ähnliche Auf-
gabe lösen. Es grüsst wie Waldesrauschen nieder
von der Decke; allerlei Getier treibt sich drollig
genug dort und da herum. Gerade diese Decke
ist mir ganz besonders sympathisch; sie erzählt von
der Feinfühligkeit unseres Meisters. Er bedarf
übrigens keiner lobpreisenden Worte; der Umstand,
dass unter anderem auch die Decke des Stiegen-
hauses im Münchener Künstlerhause von ihm her-
rührt, ist des Beweises für seine Fähigkeiten genug.

Durch aparte, wohl abgewogene und einfache
farbige Mittel tritt die Skizze zu einer Holzdecke
mit Putten etc. aus der Reihe der weiteren Schöpf-
ungen anmutig hervor, während jene zu einem
Plafond im Hause Dr. Simon—Berlin (Architekt
Prof. Messel) neun grosse Füllungen, jede anders,
einen monumentalen, höchst vornehmen, festlich-
feierlichen Ton anschlägt.

Der Plafond einer Bauernkirche in Unterfranken
(Buchold) bringt Mössels koloristische Begabung zur
Anschauung. Viereckige, mattblaue Längsfelder
erscheinen mit Rosenfestons geschmückt, auch
ausserdem ornamental umrahmt, während sich die
vier religiösen Mittelbilder, von einem Rosenkranz
umgeben, in der matten Farbengebung älterer Ge-
mälde zeigen. Mit anderen Worten, diese Arbeit
verdient als vorbildlich für dekoratives Schaffen in
Deutschland bezeichnet zu werden. Verschiedene
Skizzen, auch solche für des Künstlers Wohnzimmer
(Grau und Gold auf Blau) deuten auf Erfindungsgabe,
auf leichtes Schaffen hin; ein Humor, der fast an den
von Franz Stuck gemahnt, half beim Entwerfen mit.

Unausgeführte Pfeilermalereien skizzieren andere
Einfälle des Künstlers. Die Giebelmalerei am Schul-
hause_Stielerstrasse(ArchitektProf. Hocheder), Gelb
auf Grau, die Monats-Tiere auf blauem Grund bieten
dagegen ein abgerundetes Bild seines Wesens und
Könnens. Wir sehen eine grosse Uhr architek-
tonisch in wundervoller Weise umrahmt, wie orga-
nisch gewachsen greifen die verschiedenen Linien
in einander, die Figuren, Festons, Monatsbilder, die
Ornamentik, das Ziffernblatt füllen sehr wirkungs-
voll und schön den gegebenen Raum aus.

Mit zwei Glasfenster-Entwürfen und dem Bilde
eines heiligen Florian für eine Hochedersche Feuer-
wache schliessen wir nun die Serie der Mösselschen
Schöpfungen ab. Während besonders das Fenster
mit der Eule eine hohe künstlerische Reife wieder-
spiegelt, gewinnt das Bild des Schutzheiligen da-
durch an Interesse, dass es, wenn ich nicht irre, den
ersten Auftrag an den Maler umfasst. — Ich habe
in meiner kleinen Studie nicht wenige von Julius
Mössels Schöpfungen besprochen, ich wäre aber noch
gerne auf diese oder jene Leistung zu reden ge-
kommen. So habe ich z. B. bis jetzt nicht erwähnt,
dass ich im Atelier des Künstlers auch hübsche
figurale Studien sah; so einen in Öl- oder Tempera-
farben gemalten figurenreichen Fries und anderes.
Ich gedachte auch noch nicht seiner sehr anziehen-
den, drolligen und liebenswürdigen Schilderungen
an. Fassaden; er hat da nämlich frisch und keck
ganze Genrebilder hingemalt. Überhaupt gestattet
Julius Mössels künstlerische Begabung, auf ver-
schiedenen Gebieten tätig zu sein. So hat er
z. B. auch in der Innenarchitektur wertvolles ge-
leistet, was unter anderem die Aufnahmen aus dem
Kasino zu Nürnberg beweisen. Die Raumverteilung,
Höhe und Breite der einzelnen Räume, die Venti-
lationen etc. sehen wir allerdings durch die Initiative
des Herrn Intendantur- und Korpsbaurates Kargus
entstehen, ferner war es dessen Verdienst, dass
Mössel hier modern arbeitete, ja arbeiten musste.
 
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