DOI Artikel:
Hardenberg, Kuno Ferdinand von: Von Kaminen und Dergleichen
DOI Seite / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.10947#0266
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INNEN-DEKORAT ION
ser sagen kann, offene
Feuerplätze — sie sind
eigentlich das Wahre,
sie sind die Aristokratie
im Heizwesen. Sie sind
wirklich uralt, ihre Ge-
schichte geht zurück
auf jene Zeiten, da die
Urgroßväter der Alt-
vordern unserer Ur-
ahnen ein Höhlenda-
sein führten und am
Feuer mühselig Renn-
tierknochen knackten,
während ihre Kinder
sich im dunklen Hin-
tergrunde mit den Höh-
lenteddybärchen balg-
ten. Man vergegenwär-
tige sich das: Nein,
Kamine sind wirklich
vornehm! Es gibt Mar-
morkamine aus der
Renaissance, an denen
selbst Banausen zu Me-
diceern werden können,
so überwältigend schön
sind sie; es gibt leichte
französische Kamine
mit rhythmischen Li-
nien und Rokokobronze
daran, an denen sich's
stundenlang flirten und
schwätzen läßt, da die
Frauen in ihrem Schein
immer jünger werden.
Freilich gibt es aber
»ERKER« LESEPULT DURCH RADGRIFF SEITLICH UND IN DER HÖHE VERSTELLBAR auch Unangenehme
Kamine, alte verrußte
Sandsteinkamine mit
dämonischen Eigen-
vermochte er zarte, ferne Düfte von getrocknetem schaffen, in denen Feuergeister und ganze Höllen
Lavendel und Rosenholz durch die Strahlen seiner lebendig werden können, ja es gibt sogar Sandstein-
Wärme in den Möbeln und Stoffen zu erwecken, und kamine, die regelrecht spuken - aber das gehört
das war seine reizende Spezialität! Leider kam eines nicht in unser technisches Zeitalter.
Tages ein Anstreicher, übermalte die Wände dick Uns interessieren praktischere, realere Dinge, zum
mit einem rosa Anstrich und verzierte ihn modern Beispiel die Vorzüge und die Nachteile der Kamine
mit fliegenden grauen Winkelchen und Strichen, und vom technischen und psychologischen Gesichtspunkt
das hat dem Hoff räulein - ich wollte sagen, dem blon- aus. Da gilt vor allem folgendes: Zu den Vorzügen
den Ofen das Herz gebrochen. Er mußte, da er große der Kamine gehören ihre Fähigkeiten, lüftend und
Sprünge bekam und unerträglich zu rauchen begann, entlüftend zu wirken, dem Zimmer architektonische
abgerissen werden. Nun gibt es keinen Duft von altem und gesellschaftliche Mittelpunkte zu sein, und ihre
Lavendel und Rosenholz mehr in dem einst so netten Gabe, uns — formulieren wir es klar: das edle Ele-
Biedermeierstübchen. - Dem Rohling von Maler stelle ment Feuer naturnah zu vermitteln. Von den Nach-
ich natürlich, obgleich die Sache juristisch verjährt teilen ist zu sagen, daß die Kamine uns, wofern sie
ist, immer noch nach, er muß aber ahnen, daß ich es nicht im Schutzbereich einer Zentralheizung leben,
nicht gut mit ihm meine. Ich sehe ihn nie! im Falle ernster Kälte schmählich im Stich lassen -
Aber ich wollte eigentlich gar nicht von Öfen reden, und weiter: daß über sie und ihren Zauber schon
sondern von Kaminen. Ja, Kamine oder wie man bes- reichlich viel geschrieben ist . . . K. v. H.
INNEN-DEKORAT ION
ser sagen kann, offene
Feuerplätze — sie sind
eigentlich das Wahre,
sie sind die Aristokratie
im Heizwesen. Sie sind
wirklich uralt, ihre Ge-
schichte geht zurück
auf jene Zeiten, da die
Urgroßväter der Alt-
vordern unserer Ur-
ahnen ein Höhlenda-
sein führten und am
Feuer mühselig Renn-
tierknochen knackten,
während ihre Kinder
sich im dunklen Hin-
tergrunde mit den Höh-
lenteddybärchen balg-
ten. Man vergegenwär-
tige sich das: Nein,
Kamine sind wirklich
vornehm! Es gibt Mar-
morkamine aus der
Renaissance, an denen
selbst Banausen zu Me-
diceern werden können,
so überwältigend schön
sind sie; es gibt leichte
französische Kamine
mit rhythmischen Li-
nien und Rokokobronze
daran, an denen sich's
stundenlang flirten und
schwätzen läßt, da die
Frauen in ihrem Schein
immer jünger werden.
Freilich gibt es aber
»ERKER« LESEPULT DURCH RADGRIFF SEITLICH UND IN DER HÖHE VERSTELLBAR auch Unangenehme
Kamine, alte verrußte
Sandsteinkamine mit
dämonischen Eigen-
vermochte er zarte, ferne Düfte von getrocknetem schaffen, in denen Feuergeister und ganze Höllen
Lavendel und Rosenholz durch die Strahlen seiner lebendig werden können, ja es gibt sogar Sandstein-
Wärme in den Möbeln und Stoffen zu erwecken, und kamine, die regelrecht spuken - aber das gehört
das war seine reizende Spezialität! Leider kam eines nicht in unser technisches Zeitalter.
Tages ein Anstreicher, übermalte die Wände dick Uns interessieren praktischere, realere Dinge, zum
mit einem rosa Anstrich und verzierte ihn modern Beispiel die Vorzüge und die Nachteile der Kamine
mit fliegenden grauen Winkelchen und Strichen, und vom technischen und psychologischen Gesichtspunkt
das hat dem Hoff räulein - ich wollte sagen, dem blon- aus. Da gilt vor allem folgendes: Zu den Vorzügen
den Ofen das Herz gebrochen. Er mußte, da er große der Kamine gehören ihre Fähigkeiten, lüftend und
Sprünge bekam und unerträglich zu rauchen begann, entlüftend zu wirken, dem Zimmer architektonische
abgerissen werden. Nun gibt es keinen Duft von altem und gesellschaftliche Mittelpunkte zu sein, und ihre
Lavendel und Rosenholz mehr in dem einst so netten Gabe, uns — formulieren wir es klar: das edle Ele-
Biedermeierstübchen. - Dem Rohling von Maler stelle ment Feuer naturnah zu vermitteln. Von den Nach-
ich natürlich, obgleich die Sache juristisch verjährt teilen ist zu sagen, daß die Kamine uns, wofern sie
ist, immer noch nach, er muß aber ahnen, daß ich es nicht im Schutzbereich einer Zentralheizung leben,
nicht gut mit ihm meine. Ich sehe ihn nie! im Falle ernster Kälte schmählich im Stich lassen -
Aber ich wollte eigentlich gar nicht von Öfen reden, und weiter: daß über sie und ihren Zauber schon
sondern von Kaminen. Ja, Kamine oder wie man bes- reichlich viel geschrieben ist . . . K. v. H.