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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 3.1887-1888

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Pecht, Friedrich: Zu Arnold Böcklins 60. Geburtstag am 16. Oktober 1887
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https://doi.org/10.11588/diglit.9418#0034

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III. Jahrgang. Lest r

;s. Oktober 1557

Kevcrusgegeben VON Ivieörich H'echL W—

.Tic Lunsi für Alle" erschein! in halbmonntlichcn Heften von s Bo<ic» reich illustrierten Textes und 4 Viidcrbcilagen in Umschlag geh. Abonnenicntsprcis im
linchknindcl oder durch die Post iRcichsPostvcrzeichniS Nr. SISI. bade. Verzeichnis 4Ii» s M. 6ü Pf. für das Vierteljahr <s Hefte); das einzelne Heft
7d Pf. — Inserate <nur durch R. Masse) die vicrgcspaltene Nonparcillezcile so Pf. 10,000 Beilagen 60 M., bei gröberem Format oder Umfang Preisansschlag.

Zu Arnold Bocklins öo. Geburtstag am Oktober 1557

vom Herausgeber Nachdruck verboten

ist ein ungewöhnlich reiches und bewegtes Künstler-
leben, auf das wir heute einen Blick zu werfen
veranlaßt sind, wo es auf der Höhe des Schaffens
und des Ruhmes angelangt scheint. — Wie alle reich-
begabten Naturen vereinigt auch Arnold Böcklin die
größten Gegensätze in sich: die reichste Phantasie und
glühendste Inspiration mit einem ewig grübelnden und
spekulierenden Verstand, das ausgesprochenste schweizerisch-
deutsche Naturell mit anscheinend vollkommen vater-
landslosem Weltbürgertum, oft ganz barocken, sich am
Fratzenhaften ergötzenden Humor*) mit fast antikem
Schönheitssinn, einer wunderbar reichen Gestaltungs-
kraft. Aller Wirklichkeit völlig abgewandt ist Böcklin
unstreitig jetzt der reinste Idealist unter allen deutschen
Künstlern, offenbart aber doch oft die feinste Beob-
achtung, das lauterste Naturgefühl. — Kolorist und
Stimmnngsmaler wie einer, hat doch niemand mehr
Verständnis für klassische Form, wenn er sich auch
wohl hütet sie nachzuahmen; auf jedem Bilde wieder
ein anderer, gleicht er niemandem als sich selber. Das
heute spiegelklar lächelnde, in der nächsten Stunde wild
bewegte und drohende Meer ist nicht launischer, eine
Frau nicht wechselnder als er, der dennoch überall die
kraftvollste Männlichkeit ausspricht, niemals schwäch-
liche und sentimentale Anwandlungen zeigt, während
Arnold Böcklin. Selbstxorträt er sicher der tiefsten Empfindung fähig ist.

Seit Jahrzehnten einsam und abgeschlossen lebend, hat Böcklin sich nach und nach eine so bestimmte
Eigenart ansgebildet, daß wenigstens seine späteren Werke an niemand anderen auch nur entfernt anklingen,
er kann ermatten, mehr oder weniger toll und bizarr oder glücklich sein, Reminiszenzen wird man aber
fast nur in seinen frühesten Werken finden, eigentlich Nachahmung nie. Sucht man, wenn unter den Neueren
einem niemand eingefallen, bei den Alten nach einem Vorgänger, so wäre höchstens etwa Giorgione zu finden,
aber auch von ihm unterscheidet er sich dadurch, daß er ganz humorvoller Romantiker ist, obwohl er außer
einzelnen Bildnissen, so seinem eigenen, nur ideale Stoffe behandelt und schwerlich in seinem Leben je ein
Paar Hosen gemalt hat. — Im romantischen Klassizismus sind ihm allerdings auch andere Zeitgenossen

*) Man sehe nur die drei köstlichen von ihm selbst modellierten Masken (S. 30 u. 32) oder die „Frühlingsstimmung" (S. 21).

Die Kunst für Alle III.

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