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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 3.1887-1888

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Unsre Bilder
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Weihnachtsbücherschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.9418#0124

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Unsere Bilder — lveihnachts-Bücherschau. Vom Herausgeber

yo

bedeutenden Vorfall hinausreichende historische Bedeutung
verleiht.

Wenn wir schon neulich den Lesern ein Muster der
malerischen Gestaltungskraft vorführten, durch die der
Wiener Schindler den einfachsten Gegenständen eine so
fesselnde Erscheinung zu geben weiß, so wird man das-
selbe Talent auch heute wieder bei ihm finden. Die
unendliche Harmlosigkeit unseres Bildes erhält dadurch
einen tiefen poetischen Reiz, der sie gründlich von einer
bloßen Studie oder gar von den die Langweiligkeit zum
Prinzip erhebenden impressionistischen Meisterwerken unter-
scheidet, da hier jeder einzelne Teil so zum Ganzen paßt,
daß wir das Gefühl vollendeter Harmonie und damit also
auch das wohlthueuder Befriedigung erhalten.

Etwas weniger groß scheint die Befriedigung aller
Beteiligten bei Brütts „Besuch" zu sein, den die Gattin

eines Arbeiters ihrem offenbar sehr dickköpfigen und wilden
Genossen abstattet, der wahrscheinlich infolge einer Sonn-
tagsprügelei Gelegenheit erhalten hat, am Montag und
die folgenden Tage Betrachtungen über die Vergänglichkeit
irdischen Glücks in der Einsamkeit eines Gefängnisses
anzustellen. Offenbar ist es nicht zum erstenmal, daß er
sich an diesem Ort befindet und daß seine Ehehälfte ge-
zwungen ist, ihn da auszusuchen. Im Gegenteil geht aus
beider ganzen Art hervor, daß er zu den rückfälligen
Sündern gehört, ja daß sie schon bald jede Hoffnung auf-
gibt, ihn gebessert zu sehen, da er ganz und gar nicht
bußfertig, sondern nur ärgerlich ist, daß er sich hat erwischen
lassen und jetzt auch die Frau noch auf den Hals kriegt.
An der ganzen Szene ist daher nichts Versöhnendes, als
die unschuldige Kleine, an der die Sünden eines Vaters
wahrscheinlich noch hart genug gestraft werden, der sich
nicht einmal um sie bekümmert.

weibnachts-Büch erschau

vom Herausgeber

III.*)

Probeilluliration aus Ztvrms Immenser,
von Ul. Hasemann

Jmmensee von Th. Storni, illustriert von Haie-
mann und Kanoldt. Quartformat, gleich geb. 20 Mk.
Leipzig, Amelang. Die ergreifende Dichtung hat hier für
ihre einfache aber tiefe Empfindung in den beiden Karlsruher
Künstlern so gute Darsteller gefunden, als man nur billig ver-
langen konnte. Besonders ist der von Kanoldt besorgte land-

schaftliche Teil von großein Reiz, so daß man das Ganze wohl
als eines der ansprechendsten Geschenke auf den Weihnachtstisch
legen kann. Deutlicher als lange Worte sprechen die dieser Be-
sprechung beigegebenen beiden Probeillnstrationen.

EdmundKanoldts Mythologische Landschaften. Mit be-
lebenden Dichtungen von A. Leschivo. Gr.-4° In Pracht-
and Mk. 12. Leipzig, Amelangs Verlag. Bereits im 18. Heft
des 1. Jahrg. d. Bl. haben wir lobend der mythologischen Land-
schaften Kanoldts gedacht, die uns damals in einer teueren
Groß-Folioausgabe Vorlagen. Jetzt nun hat der kunstsinnige
Leipziger Verleger, dem wir schon so manches trefflich illustrierte
Prachtwerk verdanken, Kanoldts meisterliche Bilder in einer Groß-
Quartausgabe mit erläuternden Dichtungen herausgegeben, die
sicherlich auf eine freundliche Aufnahme bei allen Freunden neuester
Kunst rechnen darf. Über die künstlerische Bedeutung der Bilder
haben wir uns ausführlich bei unserer Besprechung der großen
Ausgabe geäußert. Herausgeg. von v. Henk. Jllustr. von A. v.
Werner, Niette re. (1. Jahrg. S. 262), worauf wir hier verweisen.

Zur See. Berlin, Hofmann L Ko. Großfolio. 12 Lfgn.
zu je 5 Mk. Kompl. in eleg. Prachteinband 75 Mk. Selten waren
ivir in der Lage ein großes, nur durch die vereinte Arbeit vieler
Fachmänner, ermöglichtes Prachtwerk so von ganzem Herzen em-
pfehlen zu können als dieses! Es atinet die gesunde Seelust auf
jeder Seite und zieht uns mit dem Reiz des fremdartigen und
unbekannten um so mächtiger an, je mehr wir Landratten uns
anfänglich beim Durchblättern gestehen müssen, daß wir von all'
dem was da verhandelt wird, noch blutwenig verstehen. Eine
Darstellung des Seewesens wie es war und wie es allmählich
sich umgestaltet hat, und das alles vorzugsweise an der deutschen
Flotte erläutert, deren Schilderung den Kern des Ganzen bildet,
was geht das doch eigentlich uns an? Lesen wir denn Werke
über den Organismus unseres Landheers, in dem wir doch
vielleicht selber gedient haben, oder wo unsere Söhne und Enkel
dienen? — Fängt man aber trotzdem an in dem überaus reich
mit Bildern ausgestaltcten Band zu blättern, jo wird er einen
nicht so bald loslassen. Nicht nur weil er durchweg auf die
Gesamtheit der Gebildeten deutscher Nation berechnet, sondern
weil die Darstellung immer verständlich und oft sehr reizvoll ist.
Man erstaunt da bald, wenn nian sieht, wie das früher so ein-
fache Seewesen jetzt besonders in der Kriegsmarine eine Institu-
tion geworden ist, die nahezu alle Wissenschaften, welche die Be-
wältigung der Materie zum Zweck habe», und selbst die Kunst
in Anspruch nimmt. Ist doch ein modenies Kriegsschiff ein solches
Wunder von Kunst und Intelligenz, daß man nur nicht begreift,
wie sich die Seeleute selbst da noch zurechtsinden. Bei der Be-
trachtung der diesen furchtbar komplizierten Organismus in allen
seinen Teilen schildernden, meist recht guten Bilder erinnerte Res.

1 II s. im vorigen Heft S. 73
 
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