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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 3.1887-1888

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Personal- und Ateliernachrichten - Denkmäler etc. - Ausstellungen, Sammlungen etc. - Vermischte Nachrichten - Kunstliteratur und vervielfältigende Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.9418#0333

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Aunstlitteratur und vervielfältigende Kunst

L58

im Zeitalter des dreißigjährigen Krieges, die bewußte Vornehm-
heit des Auftretens, nicht mit dem rauschenden Pathos der Por-
trätmaler am Hofe Ludwigs XIV., sondern lediglich durch die
edle Zurückhaltung des Wesens zum Ausdruck gebracht, zeigt sich
hier in einem der reizvollsten Beispiele. Gewiß hat die Stellung
dieser Dame wie in allen Porträts van Dhcks etwas gemachtes.
Au Stelle der schlichten Unbefangenheit des Charakters, in welcher
Dürer, Raffael und Tizian, ja noch van Dycks Lehrer
Rubens ihre Bildnisse gemalt hatten, ist das Arrangierte ge-
treten. Jeder Finger und jede Falte sind besonders gelegt, um
schöne Linien und Schatten zu bilden. Die besondere Haltung
und Idealisierung des Ausdrucks gibt den Bildnissen aller der
Männer und Frauen, welche van Dyck gemalt hat, ei» ähnliches
Gepräge und läßt sie als die Glieder einer einzigen großen Fa-
milie erscheinen. Doch zu dem kosmopolitischen Zug, welcher die
Aristokratie jener Zeit erfüllt und jedes besondere Nationalgesühl
zu unterdrücken scheint, stimmt dies durchaus. In diesem Sinne
sind van Dycks Porträts Dokumente zur Geschichte des 17. Jahr-
hunderts, unverfälscht wie eine Chronik aus jenen Tagen - - doch
zu gleicher Zeit vollendete Kunstwerke. Eilcrs Stich gibt die
Schönheit des Originals recht gut wieder. Die zarie Mo-
dellierung des Klagen Gesichtes und der Hände, der über die
Schultern herabfallende Spitzenkragen und das schwarze Allas-
kleid sind trefflich dargestellt. Das Blatt wird als Zimmer-
schmuck allen Kunstfreunden willkommen sein.

Die Baudeukmale inder Pfalz. Herausgegeben von der
pfälzischen Abteilung des bayer. Architekten- u. Jngenieurvereins.
I. u. 2. Lsg. ä 2 Mk. Dieses Werk gleicht in Behandlung und Aus-
stattung ganz dem über Schleswig-Holstein erscheinenden, das hier
schon früher besprochen ward. Verständig und ei» wenig trocken haben
diese sich fast nur auf Ruinen konzentrierenden Beschreibungen
ein ausschließlich lokales Interesse und sind in dieser Form jeden-
falls mehr für Kunst- und Geschichtsforscher, als für ein größeres
Publikum geeignet. Will man die Liebe und das Verständnis
für die Heimat bei diesem fördern, was ja gewiß ein strebens-
werteS Ziel wäre, so müßte man .diese Arbeiten doch weniger
ausschließlich sür die Fachgenossen berechnen.

-Ix. Karl Walch er. Die schönsten Porträtbüsten des Stutt-
garter Lusthauses in Lichtdruckbildern. 1 Lsg. — 6 Mk. Stuttgart,
W. Rohlhammer. Der erste Blick in diese dankenswerte Publikation
ruft sehr gemischte Einpfindungcn wach: Freude an de» allerliebsten
Kostümbildern, vom Ansgang des 16. Jahrhunderls, — Wehmut
über den Verlust eines so reizvollen Baues wie des ehemaligen
Lusthnuses, welches 1846 dem an Nüchternheit der äußeren Er-
scheinung durch nichts überbvtenen Stuttgarter Theater weichen
mußte! Die Kunstforschung, welcher von vielen Künstlern jeder
Nutzen für die ausübende Kunst abgesprochen zu werden Pflegt,
kann mit Publikationen und Forschungen dieser Art jene Zweifler
eines Besseren belehren: ohne dieselbe wäre den wenigsten Bild-
hauern Gelegenheit geworden, an diesen überaus reizvollen Kostüm-
siguren Studien zu machen. Von 65 ursprünglich vorhandene»
Büsten sind auf dem besonders durch Hauffs Roman bekannten
Schloß Lichtenstein 60 Stücke gerettet worden; aber starke Be-
schädigungen vieler derselben machten deren Restauration zur
Notwendigkeit. Alljährlich werden nun, nach urkundlich genauer
Feststellung des Befundes, 5 derselben von Bildhauer Schwenzer
in Eßlingen gewissenhaft restauriert und darauf publiziert. Der
hiermit gemachte Anfang erweckt die frohesten Hoffnungen.

O. Entwürfe für Diplome, Adressen, Plakate rc.
zusammengestellt von H. Schmidt-Pecht. Wien und Leipzig, Jos.
Heim. — (2. u. 3. Lsg.) L 4,50 Mk. Man hat unsere Zeit nicht
mit Unrecht die Zeit der Jubiläen genannt, mit den Jubiläen
sind aber untrennbar die Adressen, Ehrenurkunden rc. verbunden
und so kann ein Merck, welches sich zur Aufgabe gemacht hat,
eine größere Zahl verschiedenartiger Motive zu solchen Dingen
zu sammeln, auf Teilnahme in den Kreisen derjenigen rechnen,
in welchen sich die Herstellung solcher Diplome vollzieht. Diese
Blätter, unter welchen sich Arbeiten von C. Hammer (Nürnberg),
H. Götz (Karlsruhe), A. Seder (München), C. Brünner (Basel)
u. s. w. befinden, scheinen dazu bestimmt, die ermattete und aus-
gelaugte künstlerische Phantasie neu zu befruchten.

Donatello und seine Werke. Von S. VIllari.
6°. Preis 1 Mk. Jena, Fischer. Diese bei Gelegenheit der
Florentiner Feste gehaltene Rede ist ganz anders geeignet, die
Achtung vor der italienischen Kunstgeschichtschreibung herzustellen,

als Minghettis oberflächliches Buch. In gedrungenster Kürze
gibt sie ein höchst lebensvolles, scharf charakterisiertes Bild des
großen Florentiners und seiner Verdienste um die Kunst der auf-
blühenden Renaissance. Ihre größte Bedeutung erhält sie aber
dadurch, daß sie wieder einmal laut feststellt, daß man erst ein
großer Mensch sein muß, um ein großer reformatorischer Künstler
sein zu können. Nicht weniger, daß das Italien, welches die
Giotto, Donatello, Dante, Fiesvle, Michel Angela, Fra Barto-
lommeo, Savonarola hervorbrachte, grundverschieden war von dem
der Tyrannen und Condottieri oder der liederlichen Hof- und
Prälatenwirtschaft, die es durch ihre Laster ruiniert und ihm die
Fremdherrschaft auf den Hals gezogen haben, während alles, was
ihm die Welt herrliches verdankt, von jenen meist aus dem Volke
hervorgegangenen Männern herrührt. Villari schließt seine Rede,
nicht ohne eine sehr deutliche Beziehung auf die Gegenwart, mit
den Worten: „Die Ehren, die wir heute Donatello erweisen,
wiederholen uns stets die Lehren der Geschichte, daß zur Hervor-
bringung des Höchsten in Kunst und Wissenschaft eine große sitt-
liche Kraftanstrengung erforderlich ist, eine tiefe, feste Überzeugung
davon, daß der Mensch geboren ist, um für andere zu leben und
zu wirken, und daß er hierin nur sein wahres Glück finden kann,
daß er von Natur in geistiger und moralischer Beziehung so an-
gelegt ist, daß alles, was nicht durch pflichtmäßiges Handeln
geadelt wird, niedrig bleibt und vergeht." — Das darf man sich
auch diesseits der Berge gesagt sein lassen, wo man jetzt kaum
weniger als in Italien geneigt ist, mehr und mehr zu vergessen,
daß ohne Hoheit der Gesinnung das Größte überall unerreichbar
bleibt.

Ix. Professor Bruno Piglheins Panorama „Jeru-
salem und die Kreuzigung Christi", 7 Mark, in Mappe
8 Mark, das in diesen Blättern eine eingehende Besprechung
erfahren hat, liegt nun in einer trefflichen Holzschnitt-
ausgabe (Deutsche Verlagsanstalt, Stuttgart und Leipzig)
vor. Es war keine leichte Aufgabe, ein solch gewaltiges Rund-
bild zu reproduzieren; hier bot der Holzschnitt die einzige Möglich-
keit das ganze Bild im Zusammenhang zu geben, während die
Photographie und alle von ihr abhängigen Vervielfältigungsarten
immer nur einzelne Stücke geben konnten. Freilich mußten auch
dem Holzschnitt Photographien zu Grunde gelegt werden, aber deren
Aussührung durch I. B. Obernetter (München) war trotz der
enormen Schwierigkeiten so vorzüglich, daß das Zusammensügcn
sür den Holzschneider keine Schwierigkeiten bot. Das ganze Bild,
in einer Höhe von 30 rm und einer Gesamtlänge von etwa 3^
Meter, (in einem Umschlag zusammengefaltet und mit einem
beschreibenden Text von Or. L. Trost versehen) bildet eine so
hervorragende Leistung des Holzschnittes, daß es in hohem Grade
bedauerlich ist, den betreffenden Künstler oder die Tylographische
Anstalt mit keiner Silbe, weder auf dem Titel, noch im Text,
noch auf dem Bilde selbst genannt zu sehen.

<3. Max Bach, die Renaissance im Kunstgewerbe, Sammlung
ausgeführtcr Gegenstände des XVI. u. XVII. Jahrh. Stuttgart,
Gustav Weise. Lsg. 5—7 ä 2,50 Mk. Wie die ersten Lieferungen,
so enthalten auch diese eine Reihe hervorragender und für Technik,
Stil und Herkunft charakteristischer Beispiele kunstgewerblicher
Gegenstände. Ein großer Pokal Wenzel Jamnitzers, ein paar
emaillierte Schalen,- das berühmte Salzfaß des Benvenuto Cellini,
mehrere Löffel, Schmucksachen und Kruzifixe vertreten die Edel-
metallarbeiten. Thon tritt in sog. Hirschvogelkrügen, Italien.
Majoliken und deutschem Steinzeug auf, denen sich Venezianer
Gläser anreihen. Die dekorative Plastik zeigt sich an verschiedenen
Biöbeln, — Truhen, Rahmen und an Bronzearbeiten — Feuer-
becken, Thürklopsern; die dekorative Malerei bringt in einigen
Liinogesgcschirren ihre vornehmsten Repräsentanten. Die Dar-
stellung ist durchweg gut; der Farbendruck erreicht sogar, z. B. bei
einem Blatt mit Samt und Seidenstoffen, eine Höhe, der gegen-
über der Preis von 2 M. 50 Pf. sür ein Heft mit 6 Blättern als
ein erstaunlich billiger bezeichnet werden muß.

Ztedaktionslchlutz: S8. Aprtt. — Ausgabe: IS. Mai.

Inball des sechzehnten O eit es: Lert: B. L. Claras. Ein Künstler-
heim im Schwarzwald — Aus einem Kiinstlcrbriefe — Fr. Pecht. Georg
Papperitz — Arthur Fit ge r. Raffael — Karl von Vincenti. Das
Maria-^hcresia-Tenkmal in Wien — Fr. Pecht. Unsere Bilder — Kunst-
notizen rc. — ZZikderöeitagen: Franz von Defregger, A-B-C — Ed-
mund Harburger. Die Näherin — Georg Papperitz. Porträt —
Derselbe. Der Überfall.

Für die Redaktion verantwortlich: Fritz ^chwartz — Druck der Bruckmann'schen Buchdruckerei in München
 
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