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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 3.1887-1888

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Ruhemann, Alfred: Die nordische Kunstausstellung in Kopenhagen
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Seydlitz, Reinhard von: Wo die Sonne scheint, [3]: ziellose Reisebriefe eines Malers; im Zeichen der Triere
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https://doi.org/10.11588/diglit.9418#0425

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Die iwrd. Kunstausstellung in Kopenhagen. Don A. Ruhemann — Wo die Sonne scheint, von R. von Seydlitz 3Sl

sichtlich der Qualität der Kunstwerke beschickt worden, ,daß
man beabsichtigte, aus dein Staatsmuseum in Gothenburg
eine Anzahl wertvoller Gemälde nach Kopenhagen zu
senden, um wenigstens in Etwas den Mangel an guten
Bildern zu verdecken. Kreugar und namentlich A.
Schultzberg mit seiner mächtigen Schneelandschaft, Lud-
wig Fried und Joh. Erichson heben sich mit ihren
Landschaftsbildern vorteilhaft von der großen Mittel-
mäßigkeit der schwedischen Abteilung ab. A. Wallander
beherrscht das Genre ausgezeichnet. Er malt mit Vor-
liebe Interieurs von Fischerkneipen. Geyerström hat
sich die Mode- und andre Damen des vielverklagten van
Beers zum Vorbild genommen. Hellquists, Fager-
lins (Düsseldorf) und Gudes Schöpfungen nochmals
Lob zu singen, wäre Zeitverschwendung. Dagegen müssen
einige tüchtige Aquarellisten Schwedens genannt werden,
so N o rstedt mit Miniatur-Landschaften; Salmson und
Karl Larsson. Letzterer hat den Gothenburger Kunst-

freund Fürstenberg in seiner Gemäldegalerie gemalt. Den
Hintergrund des Bildes gibt eine genaue Kopie der Perle
der Fürstenbergscheu Sammlung, des Bildes von Coort
„Der Sommer", ab.

Das „Armenbcgräbnis" von dem Norweger Erik
Werenskjold ist ein durch seine Schlichtheit wirkendes,
stimmungsvolles Bild norwegischen Volkslebens. Fritz
Thaulows Landschaftsbilderhaben an allen Kunstplätzen
einen festbegründeten Ruf. Ein großes Gemälde von
Eilif Petersen „Nocturno" ist ein Bild, dessen Idee
genau so verschwommen ist wie seine Farben es sind. Ein
lebensgroßes, nacktes Weib schaut träumerisch in einen
mit Wasserblumen reich bestandenen Teich, der sehr blau
ist. Über dem Walde geht der Mond auf. Petersen hat
mit diesem Bilde eine vollwichtige Anleihe bei den Fran-
zosen gemacht.

Das ist in kleinen Umrissen das schwache Ergebnis
einer Blütenlese auf dem Felde nordischer Kunst.

Wo die Sonne scheint

Ziellose Reisebriefe eines Malers. Von R. von Seydlitz

II.

Zm Zeichen der Triers
(Schluß aus den: vorigen Heft)

er heilige Spiridion beschützt Korfu, ihm ist die
Hauptkirche geweiht. Wenn im November sein Festtag
anbricht, ertönt Glockenläuten und Kanonendonner, aber
mit Maß, nicht in rasender Hast wie in Italien; und
nach dem Hochamt beginnt die feierliche Prozession, in
welcher die wunderthätigen Gebeine des Heiligen umher-
getragen werden, sich in Straßen und Plätzen zu ent-
falten. Wie nach langer Dürre ein Platzregen, so wirkt
der bunte prächtige Anblick aufs Auge. Fustanella und
Zopfwülste verschwinden im Gewühl und der Mittelpunkt
des überaus malerischen Anblicks nimmt alles Interesse
gefangen: Hinter der Militärmacht her schreiten einzeln,
in großen Abständen, die Träger ungeheurer hoher, rot
und Gold gestickter Fahnen; sie heben sich im Sonnenlicht
durch ihre langen blauen Gewänder ab, in denen sie, bar-
haupt und mit langem Haar, hie und da an Uhdesche
Christusfiguren erinnern. Hinter ihnen im Geflacker der
kleinen und großen Kerzen (von letzteren haben manche
die Stärke und Länge einer ansehnlichen Säule) und um-
dunstet vom Weihrauch, schreitet die bunteste Schar von
Priestern, die man sich träumen kann, alle mit langem
weißen Bart, die heiligen Bücher offen tragend, aus denen
sie melodisch Vorsingen; und endlich der Erzbischof in
königlicher Pracht, unter der Last von Gold und Edel-
steinen fast erliegend, eine mächtige gewölbte Krone auf
dem Haupt. Dies ganze bunte, strahlende Gefunkel hat
nun zum Hintergründe den kostbar verzierten riesigen
„Himmel", unter dessen purpurnen Falten der massiv
goldene Schrein (in der Form einer Rokokosänfte ge-
halten) hervorblitzt. Während seine Träger herannahen,
stürzt ein Weib auf den freien Weg und legt ein schwarzes
Bündel mitten auf die Straße, daß der Erzbischof aus-
weichen muß; aber der Heilige in seinem Schrein wird
darüber hinweggetragen; und hinter ihm hebt die Frau
sorgfältig das Päckchen wieder auf und drückts ängstlich
ans Herz: es ist ihr totkrankes Kind, über das der leben-
spendende Spiridion hinweggezogen, er, der einst durch

Die Kunst für Alle lll

Marter bis zum Tode gefoltert, dennoch heil und gesund
dem Konzil von Nicäa beigewohnt, um nach gethaner
Pflicht erst sich zum wunderbar aufgehaltenen Sterben
hinzulegen. Nun wird das Kind sein schwarzes Hemd-
lein tragen, bis dies in Fetzen zerfällt; das ist der Brauch,
dem sich auch katholische Einwohner Korfus oft unter-
werfen sollen. — Aber auch die Pest weiß der Heilige
wirksam zu bannen, und endlich auch ist er der Besieger
der Türken gewesen, als diese die venezianische Besatzung
hart bedrängten; er verwirrte ihre Köpfe, so daß ein
Schiff aufs andre schoß, anstatt auf die Festung. In
meinem ketzerischen Sinn nahm St. Spiridion bei diesem
Gedanken die Gestalt des Helden der durchlauchtigen
Republik, des Grafen v. d. Schulenburg an, der im
Jahre 1716 wiederholte Angriffe der türkischen Übermacht
mit deutschen Hieben vereitelte — ein Vorwurf für große
und kleine Matejkos, der seinen Reiz haben dürfte. Freilich,
die idealisierte Römergestalt mit Allonge und Battist-
kravatte, die in Marmor vor der Citadelle steht und den
fürstlichen Dank St. Marcos an den gewaltigen Helden
verewigt, dürfte der Maler nur bezüglich des energisch
modellierten Kopfes verwerten. Auch die Silhouette der
bizarren und ungeheuerlichen Festungsbauten selbst mag
seitdem sich gewandelt haben. Alles andre vollends bleibt
der Phantasie des Künstlers ein willkommenes und freies
Feld, worauf sie, in sternfunkelnder Nacht halb verborgen,
die Fülle der so prächtigen damaligen Gewänder und
Waffen, die reichen Formen der Kriegsschiffe jener Zeit
in ganzer Entfaltung orientalischer und altfränkischer
Mannigfaltigkeit zur Anschauung bringen kann.

Der Krieg war damals eben noch ein Prunkstück im
Leben der Fürsten, heute neigt er sich zur wissenschaftlich-
geschäftlichen Nüchternheit in Form und Farbe. Selten,
daß ein Effekt im Kriegsleben der Neuzeit — unabsicht-
lich — malerisch wirkt. An die Rhede von Korfu knüpft
sich gerade für mich eine solche Erinnerung. Eins jener
vielen weißgetünchten bizarren Kriegsschiffe mit denen Old

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