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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 5.1889-1890

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Pecht, Friedrich: Anselm Feuerbach: Zur 10. Wiederkehr seines Todestages (4. Januar 1880)
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https://doi.org/10.11588/diglit.10738#0160

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Dante, von A. Feuerbach

mutig erfundene, mit spielenden Amoretten reizend belebte Landschaft stellt. Zu seinen entzückendsten Schöpfungen
aus dieser Zeit gehören dann musizierende und von einer Dryade belauschte Knaben, ein Motiv, das er mit aller-
hand Variationen mehrfach wiederholt hat. Mehr und mehr seine Stoffe jetzt der antiken Dichtung entnehmend,
entstanden in dieser Zeit neben einer Lesbia, Eurydike n. s. f., die zu seinen schönsten Frauenbildern gehörenden
verschiedenen „Iphigenien", von denen wir die seelenvollste bringen, welche jetzt die Stuttgarter Galerie
ziert (S. 116). Auch sie ist, wie ihr Göthesches Original, durchaus modern empfunden und steht ihr an jungfräulicher
Anmut gewiß nicht nach. Darin gerade unterscheidet er sich eben sehr so zu seinem Vorteil von allen antike
Stoffe behandelnden deutschen und französischen Vorgängern, daß bei ihm der Gypskopf nie heraussieht, der
andre oft so leblos macht, daß er, wie die Maler der Renaissance, seinen Frauenbildern immer ein lebendes
Modell zu gründe legt, das er dann blos zum Idealbild erhöht. Darum wird er auch nie maskenhaft, wie
so viele andre. Es begegnet ihm das selbst nicht bei dem schon erwähnten berühmten „Gastmahl des Plato",
wo er doch sich am unmittelbarsten an die antike Bildhauerei anlehnt, aber sie wunderbar geschickt ins
Malerische übersetzt. Wenigstens wüßte ich nicht, daß irgend ein Neuerer den Geist des Griechentums uns so
lebendig zu machen verstanden hätte. Dabei sind die einzelnen, wie Sokrates, Aristophanes, Plato und be-
sonders der den Alkibiades empfangende Agathon vortrefflich charakterisiert, ja man kann wohl sagen, daß
weder Carstens, noch selbst Genelli oder gar Rahl je so tief in die antike Anschauung eingedrungen seien, als
hier es seine der hellenischen verwandte Natur unsrem Feuerbach ermöglichte. — Selbst die Halle, in welcher
sich der Vorgang abspielt, athmet genau dieselbe edle Heiterkeit, wie sie uns an den Überresten griechischer
Bauten l>eute noch entzückt.
Bezeichnet Feuerbach mit diesen Bildern den Höhepunkt seines Schaffens, so beginnt aber auch gleich
nach ihnen eine neue, leider die letzte Periode seiner Kunst. Bisher war er wesentlich Existenzmaler gewesen,
der allem heftigen Geschehen, allem dramatisch Bewegten, wie der Wiedergabe der Leidenschaft möglichst aus
dem Wege ging, um sich ganz der Darstellung eines schönen Seins zu widmen. Beim „Gastmahl" thut er
das wohl auch noch, erzählt aber doch schon den ganzen Hergang. Noch mehr geschieht das in der unheil-
verkündender Leidenschaft vollen, kurz darauf folgenden „Medea" (Abb. s. d.Heft), zugleich einem so meisterhaften
landschaftlichen Stimmungsbild, wie man es nur je am Ufer des Tyrrhener Meers bei drohendem Scirocco-
sturm beobachten kann. Hier sind es besonders die das Schiff ins Wasser schiebenden Bootsleute, deren An-
strengung den wirksamsten Gegensatz zu der finster brütenden Ruhe der Medea bildet. — Noch einmal zur
antiken Heiterkeit zurückkehrend, erblicken wir ihn dann im „Urteil des Paris", wo er sogar Humor zeigt im
neckischen Spiel der Amoretten, das so reizend mit der verhaltenen Eifersucht der Göttinnen kontrastiert.
zs*
 
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