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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 5.1889-1890

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Personal- und Ateliernachrichten - Denkmäler etc. - Preisausschreibungen - Vermischte Nachrichten
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Personal- und Ateliernachrichten

N0
v. Elfers, ferner Alexander von Humboldt u. a. zur Darstellung
gebracht. Den Hintergrund bilden die Südseite der festlich ge-
schmückten Linden und die bekannte Fassade des Akademie-
gebäudes. — Auf einem dritten Gemälde wird dieser Künstler
ein andres für Berlin hochwichtiges Ereignis ausführen, nämlich
den „Einzug der Königin Louise von Preußen in Berlin am
23. Dezember 1809". Gewählt ist der Moment, in welchem
diese edle Fürstin nach langer, schwerer Trennung von den
Bewohnern der Hauptstadt am ehemaligen Bernauer Thor in
feierlichster Weise empfangen wird.
O. Vt. Berlin. Der Vorsteher eines der akademischen
Meisterateliers für Malerei, Professor Otto Knille hat den
Unterrichtsumfang in seinem Atelier bedeutend erweitert. Bisher
waren die Meisteratelierschüler, wollten sie weitere Aktstudien
treiben, gezwungen, im Abcndaktsaale der Hochschule für die
bildenden Künste zu studieren. Jetzt hat der genannte Meister
einen eigenen Aktkursus eingerichtet, an dem nicht nur die Schüler
seines Ateliers, sondern auch andre Künstler teilnehmen.
^V. H. (Kunstnachrichten aus Rußland.) In
Charkow fand im Ende vorigen Jahres eine von der
„Gesellschaft für bildende Künste" veranstaltete Gemäldeaus-
stellung statt. Die ausgestellten Kunstwerke stammten teils aus
Privatbesitz, teils waren es Erzeugnisse von Charkower Künst-
lern. — Eine Anzahl tschechischer Künstler veranstaltet in St.
Petersburg, Moskau, Warschau und andern größeren Städten
Rußlands Ausstellungen tschechischer Kunstwerke. Wenzes laus
Brozik wird mit drei großen Bildern vertreten sein. — Er-
muntert durch den Erfolg, welchen eine Gemäldeausstellung
französischer Künstler in St. Petersburg hatte, beabsichtigt nun
ein Londoner Kunsthändler James Bright eine Ausstellung
von Kunstwerken lebender englischer Künstler zuerst in St.
Petersburg und dann auch in andern Städten des russischen
Reichs zu veranstalten. -— Die neuen Kataloge der berühmten
Eremitage-Galerie in St. Petersburg sind im Druck begriffen.
Der erste Teil, die italienische und spanische Schule enthaltend,
ist bereits fertig, wird aber erst dann ausgegeben, wenn die dem
Katalog entsprechenden neuen Nummern und Namen an den
Bildern angebracht sind. — Im Garten des Alexandrowschen
Lyceums in St. Petersburg ist ein Denkmal des Dichters Pusch-
kin aufgestellt worden. Die Kolossalbüste des Dichters ist eine
Arbeit von Frau I. Polonskij, Mitglied der kaiserl. Akademie
der Künste, und Gemahlin des bekannten russischen Dichters
Jakob Polonskij. — Der Hofmaler Sr. Maj. des Kaisers von
Rußland, Michael Zichy, hat die bei Gelegenheit der Ver-
mählung des Großfürsten Paul entworfenen Zeichnungen beendet
und ist jetzt mit der Ausführung der Skizzen beschäftigt, welche
er während der letzten Reise des Kaisers nach Finland ausge-
nommen hat. — Der Bildhauer W. Paschtschenko ist aus
Rom nach St. Petersburg zurückgekehrt und hat eine große
Gruppe mitgebracht, welche eine Episode aus dem letzten russisch-
türkischen Krieg, die Verteidigung der Fahne, darstellt. — Die
russische Kunst hat während der Jubiläums-Ausstellung in Paris
keine befriedigende Vertretung gefunden und daran war natürlich
die bekannte Indolenz der russischen Künstler selbst schuld. Nun
haben sich drei hervorragende und anerkannte russische Künstler,
Antokolskij, Pochitonow und Repin entschlossen, im
nächsten Jahre ihre Kunstwerke in Paris auszustellen und es ist
anzunehmen, daß sich ihnen eine Anzahl von Koryphäen der
russischen Kunst anschließen wird. Repin ist nicht nur von den
Russen, sondern auch von den Ausländern hochgeschätzt. Sein
furchtbares Bild „Iwan der Schreckliche erschlägt seinen Sohn"
hat vor einigen Jahren in St. Petersburg großes Aufsehen er-
regt und ist wegen seiner rücksichtslosen Realistik scharf ange-
griffen worden. Antokolskij ist einer der größten Bildhauer
der Jetztzeit, den die Franzosen zum membre <le I'Institut a«
Uranos' erwählten. Pochitonow ist in Rußland weniger
bekannt, als in Paris, wo er seit zwölf Jahren lebt. Dieser
hochbegabte Künstler, ein Kleinmaler, hat sogar den Beifall des
im kleinen so großen Meissonier errungen. Seine Landschaften
sollen von einer frappanten Naturwahrheit sein, dabei aber auch
durchaus poetisch und individuell. Er hat in Frankreich nicht
nur Bewunderer, sondern sogar Nachahmer gesunden. Ein
ganz andrer Kämpe ist W. Waßnezow, auch ein in Paris
lebender russischer Künstler, dessen Produktionsweise aber eine
ganz andre ist. Er malt alles, Genre, Historie, Heilige ; in
allen seinen Leistungen ist er national und urwüchsig, nie findet
man bei ihm Gemeinplätze oder Phrasen. Sein Schaffen ist noch
in der Währung, aber es berechtigt zu den schönsten Hoffnungen.
Wenn sich diese vier Künstler vereinigen, so darf man die Er-

wartung hegen, daß Paris im nächsten Jahr zum erstenmal
einen richtigen Begriff von russischer Kunst erhält.
v. D. (Kunstnachrichten aus der Schweiz.)
Von jeher war die Stadt Basel eine Heimstätte der Kunst;
seit den Zeiten Holbeins des jüngeren batte sie stets Künstler-
namen aufzuweisen, welche, wie ilrsus Gras, die beiden Mat-
thäus Merian, I. R. Huber, Hieronymus Heß und viele andre,
weit über die Landesgrenze hinaus rühmlichst bekannt ge-
worden sind. Noch gegenwärtig geboren ihr eine Reibe hervor-
ragender Künstler an, vor allen der bochgefeierte Arnold Böcklin,
sowie vr. Ernst Stückelberg, der Maler der Fresken der Tells-
kapelle, Ferdinand Schlöth, welchem wir das Denkmal Winkelrieds
in Stanz und dasjenige von St. Jakob in Basel verdanken. In
reger Weise äußert sich auch fortwährend der Kunstsinn der Be-
wobner Basels. Der dortiae Kunstverein, einer der bedeutendsten
der Schweiz, zählt bei 1400 Mitglieder. Außer einer, vielfache
Abwechslung bietenden permanenten Ausstellung, veranstaltet
derselbe jährlich mehrere größere, sehr besuchte Ausstellungen.
Im Anfang des Jahres 1889 fand in Basel die allgemeine Aus-
stellung des schweizerischen Kunstvereins statt, welche infolge der
Reorganisation ihrer Grundlagen und strengerer Sichtung wesent-
lich mehr befriedigte, als diejenigen in den vorigen Jahren. Im
Oktober eröfsnete alsdann der Basler Kunstverein eine Aus-
stellung, welche, keine fremden Erzeugnisse zulassend, wie dies bei
der allgemeinen Ausstellung geschieht, ihres nationalen Charakters
wegen besonders interessant war. Die Basler Ausstellung
von Schweizer Künstlern enthielt beiläufig 160 Nummern.
Viele treffliche Maler, welche der Schweiz angehören, auch einige
neuauftretende Talente, haben sich beteiligt. Hingegen wurden
mehrere der vorzüglichsten Schweizer Maler sehr vermißt, deren
Werke sich noch zum Teil in der Pariser Weltausstellung befanden.
Von den bedeutendem Arbeiten ist vor allem I. Girardets
„Verhaftung Voltaires in Frankfurt" als sein charakterisierte,
sorgfältig ausgeführte Komposition zu nennen. Weniger gefiel
„Wallenstein in der Schlacht bei Lützen" von A. Länderer.
Auch Viktor Toblers geistreiche Auffassung kam weniger als
sonst zur Geltung in seinem Gemälde „Ernste Fragen aus der
Reformatiouszeit". Außer A. Weckessers „Tageserlös," einer
lebendig komponierten Szene aus dem römischen Volksleben, ge-
fiel der „Alpenfürst" von Ernst Breitenstein, einem bisher
noch weniger bekannten Basler Künstler, welcher das naive Selbst-
bewußtsein eines glücklichen Älplers in kräftigen Zügen dargestellt
hat. Andre Typen des Alpenvolkes schilderten Emil Ritt-
meyers „Appenzeller Heuer". Die Freilichtmalerei war mehr-
fach vertreten, namentlich durch Fräulein Luise Breslau von
Zürich, deren energische Malweise sich diesmal besonders in ihrem
reizenden Bilde „Am Wasser" kundthat. Gut charakterisiert war
auch der „Trotzkopf" von Fräulein Ottilie Röderstein, einer,
wie die vorige, in Paris lebenden Zürcherin. Aus der fran-
zösischen Schweiz erschienen: Castres „Venezianische Gondeln",
Bocion „Alter Fischer", Jhly „Beim Photograph nach dem
Ball", Delachaux „Alte Frau am Fenster", Furet „Berner
Hirte" u. a. m. Als gelungene Bildnisse sind die Arbeiten von
A. Ilsteri, Wilhelm Balmer, in München, sowie diejenigen
der Fräulein Anna von Erlach, Luise Amans und Anna
Hopf zu bezeichnen. Rudolf Koller, dessen Meisterschaft im
Tierfach bisher meistens in seinen lebensvollen Darstellungen
aus der Alpenwelt hervorgetreten, sandte einen gewaltigen
„Löwenkampf", neben welchem der „Tiger in der Wüste", von
Arnold Kaufmann, einem jüngeren, talentvollen Luzerner,
etwas scheu zurücktrat. Zu den eindruckvollsten Landschaften ge-
hörten diejenigen von O. Fröhlicher, I. G. Steffan, beide
in München, Arthur Calame, Gos, Jeanneret, Potter
und E. de Pury. Ersterer schuf ein Bild „Herbststimmung",
welches sich wie alle seine Werke durch besonders klare Ton-
stimmung und treffliche Perspektive auszeichnet. Steffans „Herbst
in den Bergen" erfreute, wie wir es von diesem Künstler ge-
wohnt sind, durch feine, sorgfältige Auffassung und technische
Vollendung. Einer idealen Richtung folgt Gos; seine Bilder,
wie hier seine „Umgebung des Öschinensees", ersetzen einigen
Mangel an Kraft der Darstellung durch tiefe Stimmung und
Poesie. In großartigen, naturwahren Zügen malte Calame das
Spiel der Abendsonne auf den Wellen des Gensersees „bei
Hermance", Polter das „Meer bei St. Rafael im Winter", de
Pury die „Lagunen Venedigs", Jeanneret in seiner markigen,
naturalistischen Art einen „Abend auf dem Bielersee" und
„Stürmische See". Ca st an lehrte uns die hohe Begabung
dieses bisher vorzüglich den Hochalpen zugewendeten Talentes
auch in den stillen Gängen einer „Waldlandschast" erkennen.
 
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