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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 5.1889-1890

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Brandes, Otto: Pariser Brief
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Münchener Jahres-Ausstellung von Kunstwerken aller Nationen: im Jahre 1890
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https://doi.org/10.11588/diglit.10738#0267

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2v2 pariser Brief, von Gtto Brandes — Münchener Jahresausstellung von Kunstwerken aller Nationen im Jahre t8yo

mit gut gemalter Luft uud einer schönen Harmonie zwischen
Himmel, Wasser und Erde besondere Beachtung verdient,
lieber De Pennes Hunde, von denen mir ganz besonders
die rauhaarigen von Douaniers beschossenen Paschhunde ge-
fallen und über John Lewis Browns Sportbilder bleibt
mir Anerkennenswertes zu sagen nichts mehr übrig. Das-
selbe gilt von Lamberts Kätzchen. Boutet de Mouvel,
welcher bisher immer in der Kate Greenway-Manier
malte, ist in seinen Aquarellen endlich einmal aus der-
selben herausgegangcn. Sein „einen Brief siegelnder
Geistlicher" ist in einer durchaus persönlichen Note ge-
halten und zeigt bei aller Diskretion in der Farbe eine
bedeutende Kraft der Charakteristik. Vermißt haben wir
dieses Mal Madame Madeleine Lemaire, deren treffliche
Aquarellbilder wohl noch allen Weltausstellungsbesuchcrn
in Erinnerung sind.
800 Kunstwerke übers Wasser zu schicken und weder
diese noch das entsprechende klingende Äquivalent dafür
wiederzusehen, ohne daß diese Kunstwerke untergegangen
sind, das ist 250 französischen Künstlern passiert. Ange-
sockt durch die von einem Herrn Delpech ihnen eröfsnete
Aussicht, daß in Südamerika für die französische Kunst
ein besonders günstiger Markt vorhanden und be-

stochen durch den Umstand, daß das Unternehmen dieses
Herrn von den argentinischen wie französischen Behörden
sozusagen unter die amtlichen Fittiche genommen wurde,
sandten die besten, namentlich unter den jüngeren Künst-
lern, ihre Werke nach Buenos Ayres, wo sie zunächst,
und später in Montevideo ausgestellt werden sollten.
Lange hörte man von diesen auf Kosten der Absender
spedierten, allerdings zollfrei nach Argentinien zugelassencn
Kunstwerken nichts. Auf Anfragen aus Paris kam von
Herrn Delpech die Nachricht, daß es schwer sei, die Aus-
stellung zu stände zu bringen. Schließlich erfuhr man,
daß die Bilder in Buenos Ayres meistbietend zu lächer-
lichen Preisen versteigert worden. Der hiesige argentinische
Konsul, welcher es übernommen hatte, falls Bilder drüben
verkauft würden, hier die erzielten Preise zu zahlen, nun-
mehr bestürmt, den Forderungen der Künstler gerecht zu
werden, erklärt, bisher keine Anweisung erhalten zu haben.
In der Folge haben sich die geschädigten Maler und
Bildhauer zusammengethan und die Klage gegen Delpech
eingeleitct. Der aber steht weit vom Schuß. Das ist
schon gar kein Delpech mehr, sondern vollständiges Pech,
welches hoffentlich unsren Landsleuten als Warnung
dienen wird.

Münchener Jahres-Ausstellung von Künstln erlieu aller Kationen
im Jahre 1890

^liuch dieses Jahr wieder wird München mit einer
„Iah res-Ausstellung" beschenkt werden. Die
vorjährige erste derartige Ausstellung war nur ein Versuch!
— der aber glänzend geglückt ist.
Doch wir müssen auf die ganze Entstehungsgeschichte
dieses so rasch in München eingeführten neuen künstleri-
schen Unternehmens zurückkommen, um uns um so mehr
freuen zu können über das, was uns diese letzten zwei
Jahre gebracht haben.
Die Idee solcher alljährlicher Ausstellungen war im
Glanze der „Internationalen" im Jahre 1888 in ge-
heimnisvoller Weise entstanden und nicht lange darauf
gab es in Künstlcrkreiscn wohlformulierte Anträge auf
Jahres-Ausstellungen zu diskutieren.
Der Baum war auch nicht auf den ersten Schlag
zu fällen, hatte sich ja auch so mancher wohlgemeinte
Einspruch an die etwaige Gestaltung des neuen Gedankens
geknüpft. So gingen die Meinungen über die Ersprieß-
lichkeit dieser häufigen Inszenierungen zuerst sehr weit
auseinander.
Hauptsächlich fürchtete man in dem „neuen Unter-
nehmen" eine gefährliche Konkurrenz für die alle vier
Jahre stattfindende „Münchener Internationale Kunst-
Ausstellung", die seit den zwei Tecennien ihres Bestehens
durch ihre hervorragende künstlerische Qualität und Viel-
seitigkeit sich nicht nur eines vortrefflichen Geschäftsganges,
sondern auch der größten Achtung und des ausgezeich-
netsten Rufes in der ganzen kultivierten Welt erfreuen durfte.
In welches Verhältnis sich nach einer Veränderung
der bisherigen Sachlage nun die sogenannte vierjährig
und die einjährig wiederkehrenden Ausstellungen mit
der Zeit zu einander stellen würden, schien schwer zu
sagen und ist auch heute noch nicht abzusehen.

Vier Jahre sind heutzutage eine lange Frist ge-
worden, auch im Leben der allgemeinen Kunstentwicklung.
Schließlich ward ein Versuch auf das Jahr 1889
von der Münchener Künstlergenossenschaft entgültig fest-
gesetzt:
„Im Falle günstiger Ergebnisse dieser ersten
Jahres-Ausstellung sollte von da ab in jedem Jahr
„das Beste" vom Weltmärkte der Kunst nach Mög-
lichkeit zu einer Elite-Ausstellung in München ver-
einigt werden."
Trotz der unmittelbar vorausgegangenen „Münchener
Internationalen" wurden dieser ersten Jahres- und Probe-
ausstcllung im ganzen von deutschen und auswärtigen
Künstlern 1700 Werke anvertraut, 25 Prozent derselben
wurden uni die annehmbare Summe von einer halben
Million Mark verkauft, davon entfielen 320,000 M.
auf Deutschland.
So war zu einem sehr befriedigenden ideellen auch
ein ausgezeichnetes finanzielles Resultat getreten und die
Münchener Künstlergenossenschaft konnte als mutige „Unter-
nehmerin" mit dem Erreichten zufrieden sein.
Die nun bald vor der Thür als Fortsetzung der
ersten stehende „Zweite Münchener Jahres-Ausstellung"
kennt gleich ihrer Vorgängerin kein höheres Bestreben als
dem Genuß wahrer Kunstfreude zu dienen.
Vom 1. Juli bis Mitte Oktober 1890 wird die
„Zweite Münchener Jahres-Ausstellung von
Kunstwerken aller Nationen" im königl. Glas-
palaste dem allgemeinen Besuche geöffnet sein.
Möge sie uns des Schönen und Lehrreichen recht
viel bringen von unfern und auswärtigen Meistern und
Münchens Ruf, eine Kunststadt ersten Ranges zu sein,
bewahren und erweitern! L.
 
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