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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 5.1889-1890

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Vincenti, Carl Ferdinand von: Wiener Jahres-Ausstellung
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https://doi.org/10.11588/diglit.10738#0298

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von Karl v. vincenti



Lästermäuler, von Antonio Dall'Gcca Bianca
Gruppen leidenschaftlich zu bewegen, ihnen geschichtliches Leben zu geben. Scheurenbergs „Verlöbnis
Luthers" kommt der Illustration vortrefflich entgegen; ein schlichtes, braves, ehrliches Bild, wie sichs für eine
Bestellung geziemt, womit die Berliner Verbindung für historische Kunst ihre Meister beehrt. Des Ungarn
Feszty „Frauen, die an Christi Grab trauern", imponieren durch ernste Haltung und einheitliche Kom-
position; die Abendstimmung entspricht dem Vorgänge. Noch künstlerisch unmittelbarer spiegelt sich im Sinne
der Symbolisten die innere Stimmung des Vorganges in der Landschaft wieder auf zwei Abendbildern von
Goltz, wovon allerdings nur das kleinere „Ruhe auf der Flucht" streng genommen hieher gehört,
während das andre „Abendfrieden", obwohl nur als Genrebild gedacht und empfunden, eine gewisse historische
Größe atmet. In der heiligen Familie des ersten Bildes, wo auf der Abendrast der Nährvater am Wüsten-
brunnen schöpft, ist der ruhevolle Akkord angeschlagen, welcher in der steinernen, schweigenden Wüste ver-
zittert; ebenso geht in dem zweiten großen Bilde von der am Wege sitzenden alten, müden Frau, einer tief-
gestimmten Abendgestalt des Lebens, die vieles durchrungen, die Grundstimmung des Abendfriedens aus, welcher
mit leisem Düster auf das Haupt der Alten herabsinkt, um versöhnend in der Landschaft zu verklingen. Es
spricht etwas aus diesem, wie es scheint, nunmehr auf seinen Weg geratenen und sich sichtlich vertiefenden
Künstler, was mich an meinen lieben unvergeßlichen Anselm Feuerbach erinnert. Nicht so sehr wollen mir
die auf die hellste Note gestimmten Bildnisse von Goltz znsagen, und ich frage mich, was wohl Feuerbach dazu
gesagt hätte; doch auch in seinen beiden Damenbildnissen steckt ein Künstler bis in die Pinselspitze.
Über das Bildnis ist diesmal wenig Neues zu sagen. Angeli wäre mit seinem Millionärspaare
(Herr und Frau v. Gutmann) eigentlich in zweiter Reihe zu nennen, während das für das Österreichische Museum
gemalte Porträt (Kniestück) des Erzherzogs-Protektor Rainer von L'A llemand unbestritten als Repräsentations-
bildnis eine erste Stelle beanspruchen darf und ein kleines Herrenbildnis des Künstlers ein Muster intimer
Porträtmalerei genannt werden muß; auch des jüngeren Blaas kleines Reiterbild des Kaisers darf
vermöge seiner vornehmen Sicherheit Ansprüche erheben; Benczur tritt diesmal schlichter auf, weil er es
nicht mit Magnatengala zu thun hat, wahr aber bleibt er wie allemal, dafür gibt uns sein Landsmann
Vastagh den ungarischen Kultusminister Grafen Csülly in stolzem, schwarzem Herrenornat; Stanffers
Männerporträt will mir besser behagen als seine letzten Damenbildnisse; Felix gibt uns in dem Kniestück
eines eleganten, gesetzten Herrn sein bestes Porträt seit langem und eine der trefflichsten Nummern der Aus-
stellung; der Kölner Mosler-Pallenberg ist mit fünf Bildnissen, worunter der Kölner Erzbischof, im-
ponierend vertreten; weniger glücklich sind diesmal Selig mann und Temple mit Damenbildnissen. Von
dem Letztgenannten ist eine „Schubertiade", welche eine Anzahl vormärzlicher Kunstgrößen wie Beethoven, Grill-
 
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