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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 5.1889-1890

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Wollseiffen, Mathias: Albert Baur
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https://doi.org/10.11588/diglit.10738#0317

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Albert Baur

2H2


Im Lklaorngang. von Albert Baur

verglimmen werde. Allein Baur ließ sich in seinem Entschluß nicht wankend machen und endlich nach einem kurzen
Aufenthalt an der Universität erhielt er die Erlaubnis, „versuchsweise" die Düsseldorfer Akademie zu beziehen.
Diese befand sich um jene Zeit in einem wenig anregenden Zustande. Direktor von Schadow .war
fast erblindet und Karl Sohn, der vortreffliche Lehrer der Malklasse, legte wegen Überhäufung mit Arbeiten
bald sein Amt nieder. Baur wurde zunächst Privatschüler von Wilhelm Sohn, welcher schon damals sich
eines großen Rufes als Lehrer und Künstler erfreute und durch seinen vortrefflichen Unterricht den angehenden
Maler bald so weit förderte, daß er in die Malklasse — wo gerade am meisten Platz war — ausgenommen
wurde. Den Antikensaal hatte er auf diese Art übersprungen; so ging es damals. Die ausklingende und
einer realistischen Richtung nur langsam weichende Romantik verfehlte noch immer nicht, einen mächtigen
Einfluß auf viele junge Akademiker auszuüben. Für die neue Richtung gab es keine rechten Vorbilder in
Düsseldorf, wenigstens fehlte die Gelegenheit, sie im Original dort zu sehen. Die stets konservative Jugend
zeigte dafür erst vereinzelte Neigungen, da das Alte ihr idealer, poetischer zu sein schien, und je mehr Stimmen
in der Kunstlitteratur sich vernehmen ließen, die auf die neue Richtung hinzeigten, mit um so größerer Wärme
wurde die Poesie und die Romantik verteidigt. In den Malpausen belebte sie oft das Gespräch über „Stil",
„stilvoll" und „stillos", und was die Mehrzahl für „stilvoll" erklärte, wurde bewundert, das andre über die
Schulter angesehen; beim werdenden Historienmaler war „stilvolles Komponieren" die Hauptsache. Erst später
holte Baur diesen Mangel in seiner technischen Ausbildung nach, als Kehren, der Nachfolger Rethels in dem
Rathaussaal zu Aachen, ihm nach Einsicht in seine Studien den dringenden Rat erteilte, das Zeichnen noch
einmal von vorn zu beginnen und vom Gipsabguß bis zum lebenden Modell sachte empor zu steigen. So
arbeitete Baur in künstlerischem Streben tüchtig weiter. Im Jahre 1860 sehen wir ihn dann in der Moritz
von Schwindschen Schule, in der er bis Ende 1861 verblieb, um darauf wieder nach Düsseldorf zurückzukehren.
Das Mißgeschick, welches ihn während seiner Lehrzeit verfolgt hatte, brachte in ihm die Idee zur Reife, bei
der weitern Ausbildung sich auf eigene Füße zu stellen und die dabei aufstoßenden Probleme selbständig zu
lösen. Voller Begeisterung für die große dramatische und monumentale Kunst hatte er Alfred Rethel als
Vorbild gedacht: doch die unmittelbaren Offenbarungen dieses großen Künstlers waren geschlossen, als Nacht
seinen Geist umfing. Wo sollte der Lernende dafür Ersatz finden? Kehren, ein vortrefflicher Künstler, hatte
nicht Zeit, sich mit seinen Schülern ausreichend zu befassen, und Moritz von Schwind, der Poesievolle Märchen-
dichter, der vergötterte Liebling des deutschen Volkes, war Autodidakt: seine Darstellungsweise, die der geniale
Künstler, auch wenn er es nicht wollte, seinen Schülern aufprägte, war eine so eigenartige, daß eine Nach-
ahmung nur des Meisters Äußerlichkeiten wiedergeben konnte. Tie deutsche Kunst lag aber auch in einer
 
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