Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 5.1889-1890

DOI Artikel:
Pecht, Friedrich: Vor Eröffnung der zweiten Münchener Jahres-Ausstellung 1890
DOI Artikel:
Brandes, Otto: Der Salon Meissonier, [2]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.10738#0379

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
2)2 vor Eröffnung der zweiten Münchener Iahres-Ausstellung ^«90. von Friedrich Pecht — Der Salon Meiffonier
zuverlässige Antwort zu erteilen uns erst der „Salon" in stand setzen kann. Enthält er doch nicht nur ein
Stück Kunst, sondern auch nicht minder ein hochbedeutendes Kapitel der Kulturgeschichte, denn der Zusammen-
hang der Kunst- mit den sozialen Zuständen wird ein umso innigerer, je wahrer der Spiegel ist, den sie
uns vorhält.

Der Salon Meiffonier
von Gtto Brandes
II?)
ixens wird mit seinem „Ein Vernissage-
Tag in dem Palais der Champs Elysees"
daselbst sehr vermißt werden. Das in kleineren
Dimensionen gehaltene, figurenreiche Bild
stellt die französische Künstlerwelt im Skulp-
turenraum des Jndustriepalastes in zwang-
losen Gruppen plaudernd, oder einzelne, in
die Betrachtung der Bildhauerwerke ver-
sunken, dar. Ich habe die freundliche Über-
raschung gehabt, das Monoklegewandte
Fräulein Samary von der Lorneckis Iranyaise
vor diesem Bilde, in welchem sie, so zierlich sie
ist, den Vordergrund beherrscht, zu treffen
und konnte so Rixens Beobachtung am
menschlichen Dokument kontrollieren. L'etait
parlaül
Der Belgier Stevens, welcher mit der
Kleinigkeit von elf Bildern vertreten ist, hat
kein eigentliches Porträt, sondern mehr genre-
hafte, figürliche Stimmungsbilder ausge-
stellt und erreicht auf denselben alle Vorzüge
der holländischen Schule. Er malt u. a.
eine Macbeth und eine Ophelia, die irgend
einem Museum zu entstammen scheinen. Auch
seine Witwe und seine harfespielende Frau
in grüner Seide sind im Geschmack aus der
Mode, in der Faktur von großer Solidität,
in der Farbe von feiner Stimmung. Sehr
poetisch ist seine „Reveric", eine junge Frau
am Abend am mondbeglänzten See.
Die Porträts Friants sind nur klein,
sie zeugen aber von einer großen Schärfe
der Beobachtung, einer liebevollen Vertiefung
und fleißiger Durcharbeitung bei großer
Delikatesse in der Farbe, ohne daß man
ihnen den Vorwurf der Miniaturmalerei
machen könnte. Die blutlose Hand auf
dem Bilde der Alten ist so fein behandelt,
wie man das nur auf den besten Bildern alter deutscher Schule findet. Ein wahres Bijou ist übrigens des
Künstlers kleines Bild „Politischer Streit". Vier Leute aus dem Volke am Weintisch in einer sich nach dem
Wasser öffnenden Laube streiten über einen Journalartikel. Während der eine, ein Handwerker, der erst eben
die Arbeit verlassen, die aufgeschlagenen Hemdärmel und das Schurzfell sprechen dafür, den andern, der wild den
Kopf abwendet und die Fäuste ballt, zu seiner gemäßigten Ansicht zu überzeugen sucht, hören die beiden andren, der
eine den Kopf in die Hand gestützt, die Augen groß geöffnet, der andre ohne große Aufregung zu verraten, dem
redenden Arbeiter zu. Das ist ein Bildchen, mitten aus der Tagesströmung geschöpft und mit einer Macht der
Charakteristik festgehalten, wie sie nur Friant eigen ist. Dabei umspielt die Figuren Heller Sonnenschein, das Bild ist
in Licht und Luft gebadet. Ach wie gern besäße ich dieses reizende, goldige Bild, das leider schon viele und zahl-
ungsfähigere Liebhaber, als mich gefunden.


Wilhelm Ernst. von Hsmael Gentz
Münchener Iahres-Ausstelluna 4390

*) I. Siehe im Heft 18.
 
Annotationen