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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 5.1889-1890

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Pecht, Friedrich: Die zweite Münchener Jahres-Ausstellung, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.10738#0437

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von Friedrich pecht

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Offenbar weil es sich gemalt glücklicherweise immer noch am leichtesten erträgt. Zum Singen gehört auch das
Beten, wie es die „frommen Seelen" Naujoks in Königsberg auf seinem sehr charaktervollen durchaus eigen-
artigen und fein studierten Bilde noch mit der meisten Andacht betreiben. Oder Thompsons wirklich rührende
und auch schöne Kranke, die frisch aufgeblühte Frühlingsblumen wehmütig betrachtet. Zu den gelungensten
Stimmungsbildern gehört dann Siemiradskys einem Sterbenden die letzte Wegzehrung in wunderbar ge-
malter Dämmerung bringender italienischer Geistlicher in der römischen Campagna. Er hat das zu einem so
bezaubernden Bilde verwendet, daß wir es seiner Pbryne noch weit vorzieh n würden. Anch feinen an einem
antiken Brunnen mit
einem Knaben scherzen-
den Frauen, weil beide
uns nicht den unbe-
dingt überzeugenden
Eindruck machen, wie
das Campagnabild, das
ganz offenbar erlebt ist.
Las gilt auch von Al-
bert Kellers „Nach
dem Diner", wo man
eine moderne elegante
Gesellschaft zu einem
interessanten kolorist-
ischen Problem geschickt
verwertet findet, was
Schachinger bei
seinem „Abschied" einer
Braut von der Mutter
zwar nicht in gleichem
Maße, aber doch genug
gelang, um uns ihr
eine glückliche Reise
wünschen zu lassen.
Hübsche, moderne
Idyllen gaben dann noch
Lossow in seinem Ro-
koko-Liebespaar, Schle-
singer, Schultheiß,
Paul Wagner,
Lins in Düsseldorf,
Munsch und Fräul.
Raff hier. Diebeiden
Bilder Raupps vom
Chiemsee, welche die
idyllische Gattung und
ihre Harmlosigkeit am
reinsten darstellen, nicht
zu vergessen. Sein Ri-
vale Wopfner hat sich
diesmal an den Boden-
see und in den Sturm
begeben in seinen „Holzfischern". Auch Jernbergs aus den Dünen zurückkehrende Mädchen erfreuen durch
die gesunde und zugleich echt künstlerisch feine Naturempsindung. Architekturen mit köstlichen Figuren geben
dann Paul Ritter in „Kaiser Mathias Ehrenpforte in Nürnberg 1612" und Ravenstein in seinem überaus
seingestimmten „Volksfest in Tivoli".
Das kann denn auch keine Frage sein, daß hier die deutsche Kunst obenan steht in Bezug auf Frische
der Naturauffassnng und den Reichtum der Motive und daß sich da Uhdes „Heideprinzeßchen" ebenso er-
quicklich gesund erweist, als früher Defreggers oder Enhubers Figuren, wenn sie auch allerdings ihre
Herkunft nicht so deutlich an der Stirn geschrieben trägt. Die Einführung der Jahres-Ausstellungen wäre aber
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Gruzizie aus „Phrynr". Vriginalzeichnung nach seinem (Ölgemälde von 6. v. Siemirad-ki
Münchener Iahres-Ausstellung I890
 
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