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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 19.1903-1904

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Ostini, Fritz von: Franz Stuck, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.12082#0017

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-*s&> FRANZ STÜCK <S=ä=^

FR. STUCK BEIM WEINE
Aas den „Fliegenden Blättern". Hier
reproduziert mit frdl. Genehmigung der
Herren Braun & Schneider, München

wirken mußte, als im Tohuwabohu
einer Kunstausstellung, daß die
scheinbare Verkleinerung im großen
Räume schon mildernden Einfluß
auf das Ungewöhnliche in der Kom-
position geübt hätte. Die Ablehnung
hat Stuck wohl auch die Lust an
der religiösen Malerei großen Stils
verleidet. Die kirchliche Kunst-
pflege, die einst selbst vor der mäch-
tigen Faust eines Michelangelo nicht
zurückschreckte, verträgt heute keine
Individualitäten mehr!

Das populärste von Stucks umfang-
reichen Werken, „Der Krieg", folgte ■
1894 (Abb. a. S. 11). Es ist wohl auf

der ganzen Welt bekannt geworden und der a. S. 43), über-
düstere Würger, der auf schauderndem Roß auskühninder
über ein Meer von Leichen und Sterbenden Wildheit der
hinreitet, hat in Nachbildungen allenthalben Bewegungen!
Verbreitung gefunden. Die monumentale Klar- Stuck riskierte
heit, mit der hier eine starke Idee künstlerisch da Verkürzun-
herausgearbeitet ist, die wuchtige Sicherheit gen, wie man
des Strichs, mit der namentlich die nackten sie bei uns
Körper behandelt wurden, fanden allenthalben wohl seit der
Bewunderung. Vor dem „Krieg" verstummte Blütezeit ba-
allgemach auch die feindliche Kritik und der rocker Fresko-
bayerische Staat erwarb das Bild für seine maierei nicht
Sammlung, was übrigens an sich allein wieder gewagt
noch nicht bedeuten würde, daß das Bild hat. In dieser
gut ist. Es bedeutete aber die staatliche phantastischen Bewegtheit ist übrigens gerade
Anerkennung des angefeindeten jungen dies Gemälde eine Ausnahme unter den Ar-
Künstlers, den kurz vorher in der Kam- beiten Franz Stucks, er verzichtet sonst nie,
mer selbst ein liberaler Abgeordneter noch oder doch ganz selten, auf eine gewisse
desavouieren zu müssen glaubte, als er für ruhige Wucht und monumentale Schwere der
die — Freiheit der Kunst eintrat. In jedem Komposition, liebt senkrecht stehende oder
Jahre der Folgezeit brachte nun die Aus- horizontal liegende Gestalten, En face- und
Stellung der Sezession, welcher Franz Stuck Seitenansichten, einfachste Gliederung des
sich als einer der ersten angeschlossen hatte, Raumes. Vollendet Großes und Schönes
ein mehr oder minder sensationelles und hat er mit diesen Kompositionsgrundsätzen
künstlerisch bedeutendes Werk seiner Hand. in der umfangreichen „Vertreibung aus dem
Die erste, große Fassung seiner „Sünde" er- Paradiese" erreicht (Abb. a. S. 15), welche
schien (Abb. a. S. 9), das nackte, unheimlich 1897 die Internationale Kunstausstellung im
lüsterne Weib mit der Schlange, ganz auf Münchener Glaspalast schmückte. Das Thema,
Schönheit des Tons und Schmelz der Farbe das ihn seit Anfang seiner Malerzeit gereizt
hin gearbeitet. Stuck hat das Thema dann hat (vergl. d. a. S. 339 d. VI. Jahrg. d. „K. f. A."
mehrfach variiert, als „Sinnlichkeit" (Abb. a. mitgeteilte Version aus der Münchener Jahres-
S. 37), als „Laster". Die Käuferwelt schätzte ausstellung 1891), gestaltete er hier zu einer
gerade diese Idee besonders, die Stuck übrigens Schöpfung von grandioser Eindringlichkeit
zunächst — ich glaube schon im Jahre 1889 aus und von einer Einfachheit zugleich, zu
oder 1890 — mit der Radiernadel behandelt welcher nur die wahre Kraft den Weg findet,
hatte. Es kam das große Sphinxbild (Abb. Das schönste daran war aber die Gestalt
a. S. 21), wieder ein Opus von gewaltigem der Eva, ein Frauenleib von so imposanter
„Schmiß", ein Werk, das die antike Idee mit Majestät und edler Fülle der Formen, wie
moderner Glut der Dramatik ausgestaltete sie etwa Buonarottis Frauengestalten im
im Sinne von Heines schönem Gedicht, der Medicäergrabmal aufweisen. Und wie weit
„Sisyphus", es kamen die Furien, die einen weg war das Bild bei der unerhörten Schlicht-
Mörder verfolgen („Das böse Gewissen", Abb. heit der Gestaltung von aller akademischen

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