6. Nov. 1903
-s-4^> PERSONAL- UND ATELIER-NACHRICHTEN
Aquarells bediente, händlers Th. Schulze, 1600 Kunstwerke von deut-
hat unbedingt etwas sehen und ausländischen Künstlern zur Schau ge-
Diskretes, obwohl er stellt waren. Besonderes Interesse im Rahmen des
an lebhaften und bunten, in den großen und reichdekorierten Räumen
starken Farben nicht des Künstlerhauses zur besten Geltung kommenden
sparte. Er war der Ausstellungsbildes erregte eine große Kollektivaus-
erste deutsche Maler, Stellung des seither verstorbenen hannoverschen
der die Reize des Bildnismalers Professor Friedrich Kaulbach, die
lebendigen Venedigs einen klaren Ueberblick über das gesamte Lebens-
empfand und schil- werk des Meisters brachte, und eine Zusammen-
derte, der Augen hatte Stellung von Werken Friedrich Augusts von
für die pikante Schön- Kaulbach, dem Sohne des eben genannten, der in
heit der Veneziane- einer Reihe von hervorragenden Arbeiten ein inter-
rin aus dem Volke, essantes Gegenstück zu der Sammlung seines Vaters
für jenes muntere We- lieferte. Ferner fand den Beifall des großen Publi-
sen mit dem lustigen kums, wie alles, was »weit her« ist, eine umfang-
Stumpfnäschen, den reiche Kollektion italienischer Aquarelle von jener
LUDWIG pas^SINI großen brennenden handwerksmäßigen, im Technischen ausschließlich
Augen, mit dem nicht sich erschöpfenden Mache, die gegen die gediegene
zu kleinen roten Mund künstlerische Prägung der deutschen Arbeiten eines
und dem dicken blonden oder schwarzen Haar- Menzel, Hammacher, Rene Reinicke nichts
schöpf, das mit flinken Lacertenfüßchen, im arm- mehr als einen gleichgültigen, unruhigen Hintergrund
seligen Kattunkleidchen, ein Tuch über die schlanken bilden konnte. Der Verkauf der Kunstwerke ge-
Schultern, durch die schmalen Gäßchen schlüpft staltete sich trotz der Ungunst der allgemeinen Ver-
und über die vielen Brücken der Stadt läuft, hältnisse sehr erfreulich: es wurden für den Ankauf
überall da ist, wo es etwas Neues zu sehen und von Gemälden und Skulpturen 153275 M. umgesetzt
zu hören gibt, und immer fröhlich und guter gegen 137980 M. im Vorjahre. Der Kunstverein
Dinge scheint. Aber nicht nur die Venezianerin sah war an dieser Summe mit 40875 M. beteiligt, wovon
Passini, sondern auch ihre männlichen Partner: etwa 36000 M. für die Ankäufe zur Verlosung, der
die Fischer, die Fruchthändler, der Fischverkäufer Rest für die der öffentlichen Kunstsammlung zu
und Gondolieri, und die Stätten, wo sie gemeinsam stiftenden Gemälde verwandt sind. Die Privatankäufe
ihr Leben führten, die engen Straßen, die Brücken erreichten 112650 M. Als Vereinsgabe ist eine
und Treppen. Auch in die Kirchen verstieg er unger'sche Radierung nach Fritz August von Kaul-
sich und malte die schwere Pracht alter Chorstühle bachs »Hebe- an die Aktionäre zur Verteilung ge-
mit den Dienern Gottes in ihren farbenreichen kommen. Die gesamte Einnahme des Vereines be-
Trachten davor. Passinis Bilder sind über ganz trug die Summe von 249466 M. 72 Pfg., die Aus-
Europa verstreut, die meisten dürften freilich in gäbe 247012 M. 35 Pfg. Der Reservefonds ist auf
Berlin sein, wo der Maler seit vielen Jahren seinen 104000 M. angewachsen. Die Kunstausstellung er-
Wohnsitz hatte. Am bekanntesten sind die Bilder forderte einen Aufwand von 32232 M. und erbrachte
■ Die Brücke« mit dem neugierigen Volk, das ein als Einnahme trotz des starken Besuches von Ein-
dem Beschauer unsichtbares Ereignis auf dem Kanal heimischen und Fremden nur 21685 M., so daß der
beobachtet, der »Kürbisverkäufer in Chioggias und Beschluß gefaßt wurde, zur Abminderung des Fehl-
die »Chorherren in der Kirche'. Auch als Porträtist betrages in Zukunft von den verkauften Kunstwerken
hat sich der Künstler versucht. Seinen Leistungen eine Provision von 6 Prozent zu erheben und be-
auf diesem Gebiet haftet allerdings etwas Genre- hufs Frachtersparnis die Zahl der von dem ein-
artiges an. Passinis Talent war zu anmutig, um zelnen Künstler einzusendenden Kunstwerke zu be-
bezwingende Wirkungen auszuüben; aber der schränken. Auch die diesjährige Generalversamm-
Künstler kannte dessen Grenzen so gut, daß er lung des Kunstvereins und die von ihm veranstaltete
innerhalb dieser doch als eine eigene Persönlichkeit 71. große Kunstausstellung hat wieder den Beweis
erscheint, der es weder an Anerkennung noch an geliefert, eine wie solide, sichere Basis der han-
Erfclgen je gefehlt hat, und die der jüngeren Gene- noversche Kunstmarkt in der günstigen materiellen
ration bis in die letzte Zeit hinein ein schönes Fundierung des Vereines und der Kauflust des han-
Beispiel in fleißiger Arbeit und weiser Beschrän- noverschen Publikums besitzt, und wie günstig nach
kung bot. H. R. allen Seiten hin die Chancen sind, die der deutschen
Künstlerschaft durch Beschickung der periodischen
1J ANNOVER. Die diesjährige, am 8. November Ausstellung des Kunstvereins und der permanenten
* * abgehaltene 71. Generalversammlung des Kunst- Ausstellung des hannoverschen Kunstsalons winken.
Vereins für Hannover gab wieder ein erfreuliches Der Vorstand besteht aus: S. Exzellenz dem königl.
Bild des künstlerischen und materiellen Gedeihens Oberpräsidenten Herrn Dr. Wentzel (Vorsitzender),
dieses für die Interessen des großen Publikums Landesdirektor Lichtenberg, Stadtdirektor Tramm,
w'ie der Künstlerschaft gleich förderlichen Unter- Buchhändler Theodor Schulze (Sekretär), Zivil-
nehmens. Die Zahl der Mitglieder ist trotz der ingenieur Osann (Schatzmeisterl, GasdLrektor Kör-
ungünstigen Wirtschaftsverhältnisse von 11024 auf fing (Konservator), Professor der techn. Hochschule
11212 gestiegen. Zu den verschiedenen Fürstlich- Mohrmann, Bildhauer Taeger, Professor und Maler
keiten, die dem Vereine schon seit langen Jahren Jordan. — Man beabsichtigt im Provinzialmuseum
angehören, ist jetzt auch Kaiser Wilhelm getreten, der einen Friedrich Kaulbach-Saal herzustellen, der
sein Interesse für die künstlerischen Bestrebungen die bedeutendsten Bilder des kürzlich verstorbenen
des Vereines durch Uebernahme von 15 Aktien in Altmeisters und als deren Mittelpunkt das Kolossal-
erfreulicher Weise bezeigt hat. Den Höhepunkt der gemälde \Julia Capuletts Hochzeitsmorgen - auf-
Vereinstätigkeit bildete im abgelaufenen Jahre wieder nehmen soll, das der Stadt Hannover von einer
die 71. große Ausstellung, in der, dank den Be- Anzahl von Kunstfreunden vor kurzem zum Ge-
mühungen des seit längerer Zeit die Sekretariatsge- schenk gemacht ist. [1531
Schäfte im Ehrenamt führenden verdienten Buch-
150
-s-4^> PERSONAL- UND ATELIER-NACHRICHTEN
Aquarells bediente, händlers Th. Schulze, 1600 Kunstwerke von deut-
hat unbedingt etwas sehen und ausländischen Künstlern zur Schau ge-
Diskretes, obwohl er stellt waren. Besonderes Interesse im Rahmen des
an lebhaften und bunten, in den großen und reichdekorierten Räumen
starken Farben nicht des Künstlerhauses zur besten Geltung kommenden
sparte. Er war der Ausstellungsbildes erregte eine große Kollektivaus-
erste deutsche Maler, Stellung des seither verstorbenen hannoverschen
der die Reize des Bildnismalers Professor Friedrich Kaulbach, die
lebendigen Venedigs einen klaren Ueberblick über das gesamte Lebens-
empfand und schil- werk des Meisters brachte, und eine Zusammen-
derte, der Augen hatte Stellung von Werken Friedrich Augusts von
für die pikante Schön- Kaulbach, dem Sohne des eben genannten, der in
heit der Veneziane- einer Reihe von hervorragenden Arbeiten ein inter-
rin aus dem Volke, essantes Gegenstück zu der Sammlung seines Vaters
für jenes muntere We- lieferte. Ferner fand den Beifall des großen Publi-
sen mit dem lustigen kums, wie alles, was »weit her« ist, eine umfang-
Stumpfnäschen, den reiche Kollektion italienischer Aquarelle von jener
LUDWIG pas^SINI großen brennenden handwerksmäßigen, im Technischen ausschließlich
Augen, mit dem nicht sich erschöpfenden Mache, die gegen die gediegene
zu kleinen roten Mund künstlerische Prägung der deutschen Arbeiten eines
und dem dicken blonden oder schwarzen Haar- Menzel, Hammacher, Rene Reinicke nichts
schöpf, das mit flinken Lacertenfüßchen, im arm- mehr als einen gleichgültigen, unruhigen Hintergrund
seligen Kattunkleidchen, ein Tuch über die schlanken bilden konnte. Der Verkauf der Kunstwerke ge-
Schultern, durch die schmalen Gäßchen schlüpft staltete sich trotz der Ungunst der allgemeinen Ver-
und über die vielen Brücken der Stadt läuft, hältnisse sehr erfreulich: es wurden für den Ankauf
überall da ist, wo es etwas Neues zu sehen und von Gemälden und Skulpturen 153275 M. umgesetzt
zu hören gibt, und immer fröhlich und guter gegen 137980 M. im Vorjahre. Der Kunstverein
Dinge scheint. Aber nicht nur die Venezianerin sah war an dieser Summe mit 40875 M. beteiligt, wovon
Passini, sondern auch ihre männlichen Partner: etwa 36000 M. für die Ankäufe zur Verlosung, der
die Fischer, die Fruchthändler, der Fischverkäufer Rest für die der öffentlichen Kunstsammlung zu
und Gondolieri, und die Stätten, wo sie gemeinsam stiftenden Gemälde verwandt sind. Die Privatankäufe
ihr Leben führten, die engen Straßen, die Brücken erreichten 112650 M. Als Vereinsgabe ist eine
und Treppen. Auch in die Kirchen verstieg er unger'sche Radierung nach Fritz August von Kaul-
sich und malte die schwere Pracht alter Chorstühle bachs »Hebe- an die Aktionäre zur Verteilung ge-
mit den Dienern Gottes in ihren farbenreichen kommen. Die gesamte Einnahme des Vereines be-
Trachten davor. Passinis Bilder sind über ganz trug die Summe von 249466 M. 72 Pfg., die Aus-
Europa verstreut, die meisten dürften freilich in gäbe 247012 M. 35 Pfg. Der Reservefonds ist auf
Berlin sein, wo der Maler seit vielen Jahren seinen 104000 M. angewachsen. Die Kunstausstellung er-
Wohnsitz hatte. Am bekanntesten sind die Bilder forderte einen Aufwand von 32232 M. und erbrachte
■ Die Brücke« mit dem neugierigen Volk, das ein als Einnahme trotz des starken Besuches von Ein-
dem Beschauer unsichtbares Ereignis auf dem Kanal heimischen und Fremden nur 21685 M., so daß der
beobachtet, der »Kürbisverkäufer in Chioggias und Beschluß gefaßt wurde, zur Abminderung des Fehl-
die »Chorherren in der Kirche'. Auch als Porträtist betrages in Zukunft von den verkauften Kunstwerken
hat sich der Künstler versucht. Seinen Leistungen eine Provision von 6 Prozent zu erheben und be-
auf diesem Gebiet haftet allerdings etwas Genre- hufs Frachtersparnis die Zahl der von dem ein-
artiges an. Passinis Talent war zu anmutig, um zelnen Künstler einzusendenden Kunstwerke zu be-
bezwingende Wirkungen auszuüben; aber der schränken. Auch die diesjährige Generalversamm-
Künstler kannte dessen Grenzen so gut, daß er lung des Kunstvereins und die von ihm veranstaltete
innerhalb dieser doch als eine eigene Persönlichkeit 71. große Kunstausstellung hat wieder den Beweis
erscheint, der es weder an Anerkennung noch an geliefert, eine wie solide, sichere Basis der han-
Erfclgen je gefehlt hat, und die der jüngeren Gene- noversche Kunstmarkt in der günstigen materiellen
ration bis in die letzte Zeit hinein ein schönes Fundierung des Vereines und der Kauflust des han-
Beispiel in fleißiger Arbeit und weiser Beschrän- noverschen Publikums besitzt, und wie günstig nach
kung bot. H. R. allen Seiten hin die Chancen sind, die der deutschen
Künstlerschaft durch Beschickung der periodischen
1J ANNOVER. Die diesjährige, am 8. November Ausstellung des Kunstvereins und der permanenten
* * abgehaltene 71. Generalversammlung des Kunst- Ausstellung des hannoverschen Kunstsalons winken.
Vereins für Hannover gab wieder ein erfreuliches Der Vorstand besteht aus: S. Exzellenz dem königl.
Bild des künstlerischen und materiellen Gedeihens Oberpräsidenten Herrn Dr. Wentzel (Vorsitzender),
dieses für die Interessen des großen Publikums Landesdirektor Lichtenberg, Stadtdirektor Tramm,
w'ie der Künstlerschaft gleich förderlichen Unter- Buchhändler Theodor Schulze (Sekretär), Zivil-
nehmens. Die Zahl der Mitglieder ist trotz der ingenieur Osann (Schatzmeisterl, GasdLrektor Kör-
ungünstigen Wirtschaftsverhältnisse von 11024 auf fing (Konservator), Professor der techn. Hochschule
11212 gestiegen. Zu den verschiedenen Fürstlich- Mohrmann, Bildhauer Taeger, Professor und Maler
keiten, die dem Vereine schon seit langen Jahren Jordan. — Man beabsichtigt im Provinzialmuseum
angehören, ist jetzt auch Kaiser Wilhelm getreten, der einen Friedrich Kaulbach-Saal herzustellen, der
sein Interesse für die künstlerischen Bestrebungen die bedeutendsten Bilder des kürzlich verstorbenen
des Vereines durch Uebernahme von 15 Aktien in Altmeisters und als deren Mittelpunkt das Kolossal-
erfreulicher Weise bezeigt hat. Den Höhepunkt der gemälde \Julia Capuletts Hochzeitsmorgen - auf-
Vereinstätigkeit bildete im abgelaufenen Jahre wieder nehmen soll, das der Stadt Hannover von einer
die 71. große Ausstellung, in der, dank den Be- Anzahl von Kunstfreunden vor kurzem zum Ge-
mühungen des seit längerer Zeit die Sekretariatsge- schenk gemacht ist. [1531
Schäfte im Ehrenamt führenden verdienten Buch-
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