Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 19.1903-1904

DOI Artikel:
Zuckerkandl, Bertha: Die 20. Ausstellung der Wiener Sezession
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.12082#0440

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
-r<aö> DIE 20. AUSSTELLUNG DER WIENER SEZESSION <^^~

F. BARON MYRBACH EVA
20. Ausstellung der Wiener Sezession

welcher er sich bediente und die Ludwig
v. Hofmann und Henri Martin heißen, wohl
entbehren.

Stimmungszauber, der rein und unmittel-
bar aus der Seele quillt, erfüllt das Werk von
Bernatzik. Er gestaltete sich einen eigenen
Raum. Ganz in strahlendes Gelb getaucht,
jenes Sonnengelb der Japaner, sind Wände
und Boden. Es gibt den Kontrast zu in die
Wände eingelassenen Gemälden. Ein Trip-
tychon und Panneaus. Als Hauptbild das
Paradies (s. Abb. S. 420). Eine Harmonie in
Lila. Zitterndes, violettes Licht ergießt sich
auf die blühende, in duftender Schönheit
ruhende Natur. Zwei Engel, geradlinig, in
streng empfundenem Parallelismus, halten
rechts und links mit blanken Schwertern
ihre Wacht.

Eine erfreuliche Leistung — durch die
malerischen Qualitäten sowohl, als durch ihren
stilistischen Ernst und die belehrende Wir-
kung, welche dieser auf Einheit gestimmte
Raum wiedergibt.

Ueber einen abgeschlossenen Raum ver-
fügt auch Liebenwein. Er bringt eine Aqua-
rell-Suite „St. Jörg, eine fromme Mär",
von welcher wir in der Abbildung (S. 421)
den Moment geben, in welchem St. Jörg
ausreitet, den Lindwurm zu besiegen und
das Prinzeßlein sich zu erobern. Lieben-
wein hält sich im großen und ganzen an die
hergebrachte Form solch epischer Ritter-
stückmalereien. Hie und da aber, wie es die
Rolle, welche den zwei Bulldoggen durch-
gehends in der ganzen Suite zufällt, be-
zeugt, fällt ein Strahl sehr echten, naiven
Humors recht erquickend ein.

Jäger's „Eine dunkle Wolke" (s. Abb.
S. 415) zieht durch die Dramatik der Natur-
Stimmung mächtig an. Ein stilles Dorf zeigt
er uns, eingehüllt in eine dräuend schwarze
Gewitterwolke. Ganz vorne hingestellt in
trefflicher Perspektive hat er ein Menschen-
kind, ein halbwüchsiges Mädchen, welches
Lebensangst, Furcht oder Trauer mit zum
Kopf erhobenen Händen fliehen läßt. Ein-
fach, ohne Pose, durch eine gewisse Größe
des Vortrages, erzielt dieses Bild tiefe
Wirkung.

Nun wollen wir noch auf Myrbach's
„Adam und Eva" (s. Abb. S. 418) aufmerksam
machen, die „Weißen Pfauen" von Strasser
erwähnen (s. Abb. S. 429), die, aus dem
Plakatstil herauskonstruiert, gute dekorative
Absichten verraten, und der als graphische
Komposition sehr wertvollen Darstellung von
Alois Kolb's „Paradies" (s. Abb. S. 419)
nicht vergessen.

418
 
Annotationen