FRIEDRICH BRUGGER CHEIRON LEHRT ACHILL DAS SAITEN SPIEL
ÜBER MÜNCHENER PLASTIK
Von Alexander Heilmeyer
Man hört viel öfter von Münchener Malern erweist sich in erster Linie die Architektur,
als von Münchener Bildhauern sprechen. Sie bildet einen natürlichen Stützpunkt und
Bis vor kurzem konnte auch von einer Nährboden für die Bildhauerei. Daher hat
Münchener Plastik nicht die Rede sein. Was sich gerade die Plastik in München, als junge
auf den jährlichen Ausstellungen erschien, tüchtige Architekten sich ihrer annahmen, in
ließ keinen bestimmten lokalen Charakter öffentlichen Bauten, Brunnen, Grabmälern etc.
erkennen. Die Ausstellungen zeigen uns unerwartet rasch entwickelt. Schon früher
Werke, die ebensogut hier wie anderswo einmal waren dazu die Bedingungen vorhan-
entstanden sein können, also vorwiegend den, als das Mäzenatentum König Ludwigs I.
Atelierplastik, keine bodenständige Kunst, gerade auf dem Gebiete der Architektur und
Es fehlten gewisse Bedingungen, die uner- Bildnerei einen vorzeitigen Frühling hervor-
läßlich scheinen, soll ein Bildwerk dem Leben lockte, der freilich genug Blüten und Knospen
der Gegenwart angehören und ihren mannig- trieb, aber nicht die erhofften Früchte zeitigte,
fachen Bedürfnissen und Idealen Ausdruck Hätte der königliche Liebhaber der schönen
leihen. Es ist für ein Werk der Bildhauer- Künste, wie vordem die französischen Ludwige,
kunst gewissermaßen eine Existenzfrage, daß die Medizäer und Cäsaren einen tüchtigen
es dauernd mit einer bestimmten Situation Stab geschulter Künstler, vor allem aber
verbunden ist. Eine Statue, ein Denkmal schon vor Beginn seiner Arbeit eine bereits
kann nicht beliebig da und dorthin gestellt hochentwickelte künstlerische Kultur vorge-
werden. Sie bedürfen vielmehr einer be- funden, so wäre vieles anders geworden; er
stimmten Umgebung, eines Rahmens, in dem hätte dann unmittelbar an etwas Gegebenes
sie sich entfalten oder zu einheitlicher Stirn- anknüpfen können. Sein Experiment, fremde
mung konzentrieren können. Als ein solcher Edelreiser auf unsere heimischen Wildstämme
Die Kunst für Alle XX. 8. 15 Januar 1905.
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ÜBER MÜNCHENER PLASTIK
Von Alexander Heilmeyer
Man hört viel öfter von Münchener Malern erweist sich in erster Linie die Architektur,
als von Münchener Bildhauern sprechen. Sie bildet einen natürlichen Stützpunkt und
Bis vor kurzem konnte auch von einer Nährboden für die Bildhauerei. Daher hat
Münchener Plastik nicht die Rede sein. Was sich gerade die Plastik in München, als junge
auf den jährlichen Ausstellungen erschien, tüchtige Architekten sich ihrer annahmen, in
ließ keinen bestimmten lokalen Charakter öffentlichen Bauten, Brunnen, Grabmälern etc.
erkennen. Die Ausstellungen zeigen uns unerwartet rasch entwickelt. Schon früher
Werke, die ebensogut hier wie anderswo einmal waren dazu die Bedingungen vorhan-
entstanden sein können, also vorwiegend den, als das Mäzenatentum König Ludwigs I.
Atelierplastik, keine bodenständige Kunst, gerade auf dem Gebiete der Architektur und
Es fehlten gewisse Bedingungen, die uner- Bildnerei einen vorzeitigen Frühling hervor-
läßlich scheinen, soll ein Bildwerk dem Leben lockte, der freilich genug Blüten und Knospen
der Gegenwart angehören und ihren mannig- trieb, aber nicht die erhofften Früchte zeitigte,
fachen Bedürfnissen und Idealen Ausdruck Hätte der königliche Liebhaber der schönen
leihen. Es ist für ein Werk der Bildhauer- Künste, wie vordem die französischen Ludwige,
kunst gewissermaßen eine Existenzfrage, daß die Medizäer und Cäsaren einen tüchtigen
es dauernd mit einer bestimmten Situation Stab geschulter Künstler, vor allem aber
verbunden ist. Eine Statue, ein Denkmal schon vor Beginn seiner Arbeit eine bereits
kann nicht beliebig da und dorthin gestellt hochentwickelte künstlerische Kultur vorge-
werden. Sie bedürfen vielmehr einer be- funden, so wäre vieles anders geworden; er
stimmten Umgebung, eines Rahmens, in dem hätte dann unmittelbar an etwas Gegebenes
sie sich entfalten oder zu einheitlicher Stirn- anknüpfen können. Sein Experiment, fremde
mung konzentrieren können. Als ein solcher Edelreiser auf unsere heimischen Wildstämme
Die Kunst für Alle XX. 8. 15 Januar 1905.
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