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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 20.1904-1905

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Ostini, Fritz von: Die Frühjahrausstellung der Sezession in München
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https://doi.org/10.11588/diglit.12355#0405

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walter caspari orpheus

Frühjahrausstellung 1905 der Münchener Sezession

DIE FRUHJAHRAUSSTELLUNG DER SEZESSION IN MÜNCHEN

Von Fritz von Ostini

Fliese in unserer ungünstigsten Jahreszeit ganz neuer Name auf, der eine künstlerische
' abgehaltene, leider oft recht schwach Sensation bedeutete, vielversprechende und
besuchte Frühjahrausstellung ist noch in tüchtig entwickelte Kräfte genug sehen wir
mehrfachem und besserem Sinne eine Aus- am Werke und von manchem schon wohl-
stellung des Frühlings. Erstens einmal, weil bekannten Künstler finden wir die Beweise
die Jungen, die Werdenden in ihr zu Wort begeisterten, zielbewußten und mächtig för-
kommen, dann, weil in ihr, wie in den Früh- dernden Strebens. Mit welcher außerordent-
lingstrieben der Natur, so viele Keime zur liehen Intensität gearbeitet wird, zeigt sich
fröhlichen Blüte gelangen, die im letzten besonders schön an den Kollektionen von
Sommer, Herbst und Winter gelegt wurden. Max Feldbauer und Leo Putz. Der Erstere
In der Ausstellung ist nichts Verjährtes, hat die Kraft und den Ernst seiner Begabung
alles, auch das minder gelungene, hat den hier noch niemals deutlicher erwiesen, als
Vorzug der Neuheit und Frische und das jetzt an dieser Serie großer Pferdestudien,
bildet den großen, ja einzigartigen Reiz dieser die ob ihrer kühnen, vollsäftigen Malerei
Veranstaltung, die uns Münchenern wohl fürs nicht minder zu rühmen sind, wie wegen
erste keine zweite deutsche Kunststadt nach- der prächtigen Charakterisierung der Tiere,
macht. Das verarbeitete Studienmaterial des Ganz besonders unsere schweren, kaltblütigen
vorigen Jahres und des letzten Winters hat Schläge weiß er in Bau, Form und Farbe
die Grundlage zur Mehrzahl dieser dreihun- mit ebensoviel malerischem Geschmack als
dert Bilder gegeben, die frisch drauf los ge- fachmännischer Treue wiederzugeben. Eine
malt, nur selten von des Gedankens Blässe frappante Arbeit ist die riesige Studie nach
und der verstimmenden Absicht, zu verblüffen, einem Bauernwagen mit einem Stückchen
angekränkelt, meist direkt vor der Wirklich- Dorflandschaft dahinter. Wie da mit rein
keit entstanden sind. So gibt die Ausstellung malerischen Mitteln dem Alltäglichsten Bedeu-
ein unverzerrtes, unmittelbares Spiegelbild tung verliehen ist, das setzt eine sehr starke
unserer derzeitigen jungen Malerei in Mün- Persönlichkeit voraus. Leo Putz brachte
chen und damit einen schlagenden Beweis einige lebensgroße weibliche Aktstudien,
dafür, daß die erstaunliche Kraft dieses Bo- Das weiche blühende Fleisch des von spie-
dens, neue Talente zu produzieren und der lenden Lichtkringeln überstreuten Frauen-
deutschen Kunst als unverwüstliche Ver- leibes in der Sonne (s. Abb. S. 377) und des
jüngungsstätte zu dienen, noch immer die mindestens ebenso guten zweiten Aktes in
alte ist. Taucht heuer vielleicht auch kein zerstreutem grauen Licht sind glänzend ge-

Uie Kunst für Alle XX. 16. 15. Mai 1905.

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