-^isS> MEIER-GRAEFE CONTRA BÖCKLIN <^A^
tätigungen entgegen.« »Wie er malte, so im Prinzip
bildhauerte, dachte, schrieb und sprach er« (S. 140).
Gegen den Schluß des Buches wird der Verfasser
pathetisch: »Kein Band zwischen dem Heiligsten
und der Menschheit, das nicht durch den Kultus
dieses Pseudopriesters zerrissen würde.« (S. 260oben.)
»Ich liebe den Bauern, der nur an seinen Acker
denkt und freue mich des Börsianers, der mir ver-
traulich zu verstehen gibt, daß die leichtesten Künste
nicht die schlechtesten sind, aber bedenklich er-
scheinen mir die Kunstfreunde, die Böcklin und
Rembrandt gleich beglückt verehren.« (S. 266 unten).
»Odi profanum vulgus et arceo.«
Es gibt wohl einige Stellen, wo Meier-Graefe an-
deutet, daß Böcklin doch eine vorübergehend be-
freiende Wirkung ausgeübt habe, daß er vielleicht im
Lichte späterer Jahrhunderte in irgend einem Sinne
als Kulturgut erscheinen könnte, allein es ist ihm mit
diesen Stellen offenbar weniger ernst als mit den
anderen. »Die Art (Böcklins) ist es, die keinerlei
Wertung zuläßt und deshalb ist Böcklin überhaupt
kein Wert im strengen und gerechten Sinne« (S. 220).
Der Verfasser nimmt sich die Mühe, diese Wert-
losigkeit durch eine umständliche Beweisführung
zu erhärten. In seiner Lehre von den Einheiten
vertritt er die Anschauung, mit der die Kunst-
wissenschaft seit Jahrzehnten als einer Tatsache
rechnet, daß nicht bloß jedes Kunstwerk ein ein-
heitlicher Organismus sein müsse, sondern auch
jedes Künstlerindividuum von Anfang eine ganz
bestimmte persönliche Note bringt und daß sogar
Walter pottner Bauernmädchen die Fol8e verschiedener Persönlichkeiten eine ein-
heitliche Entwicklung aufweist. Seit dem 15. Jahr-
hundert beginne nun eine Entwicklungskette (der
wollen auch in Frankreich wieder etwas wesentlich zweite »Entwicklungsstrang«), der mindestens seit
anderes und Meier-Graefe beklagt das Absterben dem 17. Jahrhundert alle großen Meister ange-
der Malgenies in fast allen Ländern (S. 217). Die Aus- hören und die zur immer konsequenteren Ausbildung
führungen unseres Parisers von wenigen Semestern der Freilichtmalerei führe. Die frühere Entwicklung
erinnern etwas an jenen französischen Forschungs- der Malerei (der erste »Entwicklungsstrang«) habe
reisenden des 18. Jahrhunderts, der bei Anlaß der zwar auch Kunst hervorgebracht, aber heute gebe
Ruinen von Persepolis erklärte, er habe in
ganz Persien kein Palais gesehen, so schön,
wie man es in Frankreich doch auch in
kleineren Städten finde.
Der Verfasser stellt jetzt den Künstler
schon als Persönlichkeit sehr tief, das heißt
er hält ihn für einen Tropf, der »wie alle
kleinen Geister« stets in seinem Urteil von
rein persönlichen Dingen abhing (S. 210),
»eine beschränkte Persönlichkeit« (S. 165)
»Botaniker im Sinne eines vergröberten Rus-
kins« (S. 223). Böcklin gehöre in eine Reihe
mit den englischen Praeraffaeliten und Fran-
zosen wie Moreau, die der Verfasser auch
verdammt; er habe viel mit Alma Tadema
gemein, aber er stehe doch tief unter diesem,
er stehe an Kunstverständnis auch tief
unter dem Verfasser des Laokoon. »Er (Böck-
lin) vereint in seiner Person alle Sünden der
Deutschen gegen die Logik der Kunst. Er
ist das Resultat der Rasse anhaftender, lange
geübter Irrtümmer und wurde zur Veranlas-
sung neuer Trugschlüsse« (S. 197). Es soll
auch Thoma, Klinger usw. getroffen werden.
»Wenn man an seinen Froschkönig denkt,
erscheint alles, was uns der Imperialismus
unserer Tage beschert hat wie gelindes
Lächeln« (S. 141). Bezeichnend für Böcklins
kindlich-harmlose Denkungsart seien seine
Ideen über die Konstruktion einer Flug-
maschine, sein Glaube, daß auf der Sonne
gute Geister wohnen. »Das Unvollkommene
seines Wesens tritt uns in allen seinen Be- max feldbauer gespann
Die Kirnst für Alle XX.
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tätigungen entgegen.« »Wie er malte, so im Prinzip
bildhauerte, dachte, schrieb und sprach er« (S. 140).
Gegen den Schluß des Buches wird der Verfasser
pathetisch: »Kein Band zwischen dem Heiligsten
und der Menschheit, das nicht durch den Kultus
dieses Pseudopriesters zerrissen würde.« (S. 260oben.)
»Ich liebe den Bauern, der nur an seinen Acker
denkt und freue mich des Börsianers, der mir ver-
traulich zu verstehen gibt, daß die leichtesten Künste
nicht die schlechtesten sind, aber bedenklich er-
scheinen mir die Kunstfreunde, die Böcklin und
Rembrandt gleich beglückt verehren.« (S. 266 unten).
»Odi profanum vulgus et arceo.«
Es gibt wohl einige Stellen, wo Meier-Graefe an-
deutet, daß Böcklin doch eine vorübergehend be-
freiende Wirkung ausgeübt habe, daß er vielleicht im
Lichte späterer Jahrhunderte in irgend einem Sinne
als Kulturgut erscheinen könnte, allein es ist ihm mit
diesen Stellen offenbar weniger ernst als mit den
anderen. »Die Art (Böcklins) ist es, die keinerlei
Wertung zuläßt und deshalb ist Böcklin überhaupt
kein Wert im strengen und gerechten Sinne« (S. 220).
Der Verfasser nimmt sich die Mühe, diese Wert-
losigkeit durch eine umständliche Beweisführung
zu erhärten. In seiner Lehre von den Einheiten
vertritt er die Anschauung, mit der die Kunst-
wissenschaft seit Jahrzehnten als einer Tatsache
rechnet, daß nicht bloß jedes Kunstwerk ein ein-
heitlicher Organismus sein müsse, sondern auch
jedes Künstlerindividuum von Anfang eine ganz
bestimmte persönliche Note bringt und daß sogar
Walter pottner Bauernmädchen die Fol8e verschiedener Persönlichkeiten eine ein-
heitliche Entwicklung aufweist. Seit dem 15. Jahr-
hundert beginne nun eine Entwicklungskette (der
wollen auch in Frankreich wieder etwas wesentlich zweite »Entwicklungsstrang«), der mindestens seit
anderes und Meier-Graefe beklagt das Absterben dem 17. Jahrhundert alle großen Meister ange-
der Malgenies in fast allen Ländern (S. 217). Die Aus- hören und die zur immer konsequenteren Ausbildung
führungen unseres Parisers von wenigen Semestern der Freilichtmalerei führe. Die frühere Entwicklung
erinnern etwas an jenen französischen Forschungs- der Malerei (der erste »Entwicklungsstrang«) habe
reisenden des 18. Jahrhunderts, der bei Anlaß der zwar auch Kunst hervorgebracht, aber heute gebe
Ruinen von Persepolis erklärte, er habe in
ganz Persien kein Palais gesehen, so schön,
wie man es in Frankreich doch auch in
kleineren Städten finde.
Der Verfasser stellt jetzt den Künstler
schon als Persönlichkeit sehr tief, das heißt
er hält ihn für einen Tropf, der »wie alle
kleinen Geister« stets in seinem Urteil von
rein persönlichen Dingen abhing (S. 210),
»eine beschränkte Persönlichkeit« (S. 165)
»Botaniker im Sinne eines vergröberten Rus-
kins« (S. 223). Böcklin gehöre in eine Reihe
mit den englischen Praeraffaeliten und Fran-
zosen wie Moreau, die der Verfasser auch
verdammt; er habe viel mit Alma Tadema
gemein, aber er stehe doch tief unter diesem,
er stehe an Kunstverständnis auch tief
unter dem Verfasser des Laokoon. »Er (Böck-
lin) vereint in seiner Person alle Sünden der
Deutschen gegen die Logik der Kunst. Er
ist das Resultat der Rasse anhaftender, lange
geübter Irrtümmer und wurde zur Veranlas-
sung neuer Trugschlüsse« (S. 197). Es soll
auch Thoma, Klinger usw. getroffen werden.
»Wenn man an seinen Froschkönig denkt,
erscheint alles, was uns der Imperialismus
unserer Tage beschert hat wie gelindes
Lächeln« (S. 141). Bezeichnend für Böcklins
kindlich-harmlose Denkungsart seien seine
Ideen über die Konstruktion einer Flug-
maschine, sein Glaube, daß auf der Sonne
gute Geister wohnen. »Das Unvollkommene
seines Wesens tritt uns in allen seinen Be- max feldbauer gespann
Die Kirnst für Alle XX.
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