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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 24.1908-1909

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Winkler, Georg: Lenbach als Kopist und Kunstberater des Grafen Schack, [2]
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Die Max Klinger-Ausstellung in Frankfurt a. M.
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https://doi.org/10.11588/diglit.12503#0071

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-sr4=g> DIE MAX KLINGER-AUSSTELLUNG IN FRANKFURT a. M. <^£-v-

mütigen Künstler für seine Kopie Karls V.
das bedeutende Extrahonorar von 1500 Gulden
und machte mit ihm die Reise nach Süd-
spanien und Nordafrika, deren Kosten natür-
lich der Graf trug. Die künstlerischen
Gegengaben Lenbachs, die drei unvollendeten
kleinen Landschaftsbilder der Schack-Galerie,
waren dem Grafen immer sehr teuer. Er
nannte sie einen ganz eigenen Schmuck, wie
ihn keine andere Galerie besitze. Man er-
kenne zwar daran, daß Lenbach kein eigent-
licher Landschafter sei, aber sie seien inter-
essanter als die Arbeiten von hundert ge-
schickten Abschreibern der Natur, weil hier
ein bedeutender Künstler die Seele der Land-
schaft wiedergegeben habe.

Die gemeinschaftliche Reise erstreckte sich
bis Tanger, dessen fremdartige Erscheinung
und wilde Originalität einen tiefen Eindruck
auf Lenbach machten. Ueber Saragossa, Bar-
celona, Südfrankreich und die Schweiz kehrten
sie dann nach München zurück, wo Schack
noch einige selbständige Studienköpfe und
Porträts des Künstlers erwarb und aus dem
Mäcen der Freund Lenbachs wurde.

Lenbachs glänzende Laufbahn als Bildnis-
maler hatte damals schon begonnen. Sein
Selbstporträt in Rembrandt-Manier hatte in
der Pariser Ausstellung die goldene Medaille
erhalten. Wenige Jahre später, am 23. April
1872, konnte er dem Grafen, der als Teil-
nehmer an einer Orientreise des Großherzogs
von Mecklenburg in Palästina weilte, berichten,
daß er den Kaiser und die Kaiserin von
Oesterreich porträtiert habe und mit Auf-
trägen so überhäuft sei, daß er das Porträt
der Frau Großherzogin von Mecklenburg,
welche ihren hohen Gemahl auf der er-
wähnten großen Reise begleitete, kaum werde
übernehmen können.

Doch fand Lenbach noch Zeit und Muße,
der äußeren Gestaltung der Schack-Galerie
seinen erlesenen Geschmack und seine Er-
fahrung zugute kommen zu lassen. Der Graf,
welcher infolge seines schwachen Augenlichts
die schönste Gemäldesammlung der Welt in
Madrid eigentlich nur mit Lenbachs Auge
hatte genießen können, ließ sich im wesent-
lichen auch in seiner eigenen Galerie von
diesem seinem Lieblingsmaler leiten. Bei
der Annahme oder Ablehnung der für die
Schack-Galerie angebotenen Gemälde hatte
Lenbach oft das entscheidende Wort zu
sprechen, und die fast rätselhafte Erscheinung,
daß ein zwar von hoher Begeisterung für die
Kunst Erfüllter, aber nicht mit den inneren
und äußeren Fähigkeiten des Kunstkenners
Ausgestatteter eine so interessante Gemälde-

sammlung geschaffen hat, findet in der Tätig-
keit Lenbachs ihre Erklärung. Ihm verdankte
die Schack-Galerie auch ihre erste malerische
Anordnung und insbesondere den meisterhaft
arrangierten sogenannten Lenbachsaal.

Zum Schlüsse darf wohl noch einmal auf
die durch Briefe, also schwarz auf weiß, be-
wiesene Tatsache hingewiesen werden, daß
das Verhältnis Lenbachs zu Schack in Geld-
angelegenheiten durchaus kein so kümmer-
liches war, wie das jetzt allgemein gepredigt
wird, vielleicht nur um das historische Un-
recht wieder gut zu machen, daß man den
Grafen als Kunstfreund früher etwas zu viel
gepriesen hatte.

DIE MAX KLINGER-AUSSTELLUNG
IN FRANKFURT a. M.

Cine alle seine Räume füllende Max Klinger-
■Ll Ausstellung bietet der Frankfurter Kunstverein
den Einheimischen und dem Fremdenpublikum.
Der Meister hat dem Unternehmen seine persön-
liche Teilnahme geschenkt, vieles aus eigenem
Besitz hergegeben und bei der Anordnung selbst
mitgeholfen. Bedenkt man die Schwierigkeit, eine
umfassende Ausstellung von Klingerwerken zusam-
menzubringen, deren wichtigste und größte längst
in Museen eine Heimstatt gefunden haben, so wird
man dem Frankfurter Unternehmen die Anerkennung
nicht versagen können, daß es des Künstlers viel-
gestaltetes Schaffen in seinen verschiedenen Rich-
tungen gut veranschaulicht. Die graphischen Ar-
beiten sind vollständig vorhanden, von den Zeich-
nungen über das Thema Christus an bis zu den
Epithalamia. Mit besonderem Interesse beschaut
man eine Menge zeichnerischer Einzelstudien zu
Blättern aus den radierten Zyklen und zu plastischen
Werken. Wie vielfältig und gründlich sind da Be-
wegungsmotive, Gewänder, Komponierversuche wie-
der und wieder aufgegriffen und abgewandelt worden!
Den Maler Klinger lehren ein paar ausgeführte Por-
träts, zumeist aber figürliche und Akt-Studien kennen,
dann farbige Entwürfe zu seinen berühmten großen
Gemälden und eine Folge ganz impressionistisch
gegebener Landschaftsstudien aus Griechenland,
Spanien und Süditalien. Manches Stück ist kaum
einmal öffentlich gezeigt worden, Klingers persön-
liche Einwirkung hat es vorübergehend der Verbor-
genheit im Privatbesitz entrissen. Da sind Frauen-
bildnisse in freier Landschaft in prachtvoll leuch-
tenden Farben. Eine Studie zur Kreuzigung fällt
durch die von der späteren Ausführung im Bild
gründlich verschiedene Behandlung und Auffassung
der Maria auf: eine weißhaarige, alte Frau, die ge-
falteten Hände in stummem Schmerz bis zum Kinn
erhoben, im Eindruck doch erheblich milder denn die
Darstellung im Gemälde selbst. Prachtvoll ein Homer
am Gestade des Meeres. In die Brandung hinein
singt der Blinde sein Lied, und des Meeres Riesen,
wundersam phantastisch gebildete Gesellen, Böcklin-
schen Gestalten verwandt und doch nicht nachge-
ahmt,sind herangeschwommen zu lauschen.Man denkt
daran, daß das Thema Homer Klinger zurzeit gefesselt
hält, er malt den griechischen Sänger in einem Kolos-
salgemälde für die Leipziger Universitätsaula. Nach
diesen späten Gaben des gereiften Malers Klinger

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