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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 24.1908-1909

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Wolf, Georg Jacob: Die Frühjahrsausstellung der Münchner Secession
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Schmidt, Robert: Aus den Berliner Kunstsalons
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https://doi.org/10.11588/diglit.12503#0399

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-^s£> AUS DEN BERLINER KUNSTSALONS <^S-o-

seiner ebenso temperamentvollen als vornehmen
Kunst vertreten, Bauriedl mit einigen etwas ja-
panisierenden Aquarellen, Lamm-Müggendorf, der
Thoma-Jünger mit wuchtigen, aber allzu manierier-
ten Arbeiten, Pietzsch mit Sommerbildern aus dem
Isartal, Reiser mit Werdenfelser Landschaften.
Angerer, Giulio Beda, Piepho haben weiterhin
Beachtenswertes gesandt. Hans Borchardt be-
gnügt sich diesmal damit, Gewässer in dämmern-
den, trüben, herbstlichen oder regnerischen Stim-
mungen zu malen; Hübner und Hayek beschrän-
ken sich auf den längst bekannten Kreis ihrer Motive.
Schramm-Zittau scheint seine Tiermalerei end-
gültig an den Nagel gehängt zu haben; er malt wie
die französischen Impressionisten bunte, belebte
Stadtbilder. Sein Lieblingsrevier ist der bewegte
Münchner Karlsplatz: bei Schneegestöber und Tau-
wetter hat er ihn dargestellt, und beide Bilder sind
vorzüglich geraten: nicht zuletzt durch die ganz aus-
gezeichnete Wiedergabe der Luft und der Atmosphäre.
Auch einen Gast aus Paris habe ich zu erwähnen:
Paul Cezanne (1839—1906), den man zu den Vätern
des Impressionismus zählt. Die 13 Arbeiten seiner
Hand, die uns Dr. Meyer-Riefstahl in Paris be-
sorgte, erscheinen als schwere und fast naive
Malereien. Am ehesten findet man sich mit
den Früchtenstilleben ab, aber auch an ihnen
gingen wir wohl kopfschüttelnd vorbei, wenn
wir nicht wüßten, daß sie >Pionierarbeit< der
neuen Kunst bedeuten. Freilich — die Erben
haben heute die Ahnen des Impressionismus
an Eindrucksfähigkeit und Wirkungskraft schon
weit überboten, dafür ist uns auch dieses Seg-
ment aus Cezannes Schaffen ein Beweis. —
Neben die Werke der Malerei treten zahlreiche
graphische Arbeiten, während die Plastik nur
durch einige dekorative Stücke vertreten ist.
Unter den Werken der Graphik ist das weit-
aus am bedeutendsten und interessantesten,
was aus der Hand des kürzlich verstorbenen
Rudolf Wilke stammt. Er war ein Karika-
turist von unvergleichlicher Qualität, aber auch
wenn er den Realitäten des Lebens mit feinsin-
nigem Stifte nachging, gab er eigenartig wir-
kungsvolle Arbeiten. Noch einem anderen
Toten, dem Karlsruher H. Braun, ist ein brei-
ter Raum in dieser Ausstellung eingeräumt.
Mit Pinsel, Feder, Stift und Kohle schuf er
originelle, reizvolle Zeichnungen. Hamburg
und seine alten Häuser hatten es ihm beson-
ders angetan, immer wieder hielt er diese ma-
lerischen Erscheinungen fest. Von den Leben-
den haben Zügel und Habermann besonders
reichlich aus ihren Studienmappen und Skiz-
zenbüchern gespendet; Julius Diez gab die
farbengehöhten köstlichen Figurinen und Sze-
nerien zu >Maß für Maß« und >Was Ihr wollt«,
sowie die linear etwas herben Mosaikentwürfe
für die Dekorationen in den neuen Münchner
Universitätsbauten; Hans von Hayek hat
ganz ausgezeichnete, unmittelbare Zeichnun-
gen von einer bretonischen Studienreise da,
Pampel sehr frisch und lustig hingestrichene,
leise karikierende Buntstiftzeichnungen und
Obier technisch sehr interessante Porträt-
Federzeichnungen; auch Eugen Kirchner
gab von seinem Besten. Alois Kolb, Oskar
Graf und C. Th. Meyer-Basel vertreten
die verschiedenen Techniken der Radierkunst.
A. Thomann zeigt markige Originalholz-
schnitte und der Wiener Hans Frank ori-
ginelle Farbenholzstiche mit dekorativen Tier-
motiven.

AUS DEN BERLINER KUNSTSALONS

Desonders der Kunstsalon von Cassirer bringt
wieder einmal viel des Interessanten. Eine große
Anzahl Zeichnungen von George Minne zeugt von
dem ungeheuren plastischen Empfinden des Künst-
lers; es ist erstaunlich, wie die elementarsten Bewe-
gungen, ohne jede Süßigkeit und Schönheit, einen ge-
waltigen Ausdrucksgehalt besitzen. Und dabei ist es
eine Kunst von höchster Sensibilität.— Brutal in der
Gegensätzlichkeit der Farbwerte erscheinen die Bil-
der von theo von Brockhusen ; Technik und Emp-
findung wie ein Gemisch von Liebermann und van
Gogh. Rein stofflich ist hier nichts durchemp-
funden, alles nur auf die äußerste Intensität der
Farbe abgestellt. Trotz der schlechten Zeichnung ist
aber vielfach eine große Raumwirkung erzielt. —
Fritz Rhein muß sicher zu den besten unserer
jungen Landschafter gezählt werden. Bilder wie die
Straße in Vlissingen mit ihrer lustigen Farbigkeit,
mit ihrem Ueberfluß an Sonne über den köstlichen
roten Dächern, oder wie die Bleiche mit ihren feinen
Abschattierungen, wie die Straßenperspektive mit

franz skarbina damenbildnis
Aasstellung der Akademie der Künste, Bertin

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