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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 24.1908-1909

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Von Ausstellungen - Vermischtes - Neue Kunstliteratur
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beiden Künstler als Deposita in die neue Münchner
Secessionsgalerie. Dort gehören sie hin, da sind
sie am rechten Platz. Langhammer und Dürr sind
Vorkämpfer des Sezessionismus gewesen, das neue
Leben in der deutschen, speziell in der Münchner
Kunst verdankt ihnen intensivste Förderung. Darum
soll ihr Werk auch an der Stelle zu finden sein,
die es sich zur Aufgabe gemacht hat, die Entwick-
lung des Sezessionismus in seinen markantesten
Persönlichkeiten und seinen charaktervollsten Werken
vorzuführen, und das ist die Secessionsgalerie.

g.j. w.

NEUE KUNSTLITERATUR

Cohn, Dr. William. Stilanalysen als Ein-
führung in die japanische Malerei. Geb.
M. 8.—. Berlin 1908, Oesterheld & Co.

Die Kenntnis der japanischen Kunst breitet sich
unaufhaltsam aus, und ohne daß die Oeffentlichkeit
davon genügend Notiz nimmt, wirbt diese feine und
eigene Kunst sich im geheimen Jünger, die sich
in die Fremdheiten dieser Erscheinungen mit lieben-
dem Fanatismus einleben. Auf diese Weise wird
der endlichen Erkenntnis der Boden bereitet und
so mit Zähigkeit ein Gebiet gewonnen, auf dem vor
noch nicht langer Zeit nur das Groteske gesucht
wurde. Die Beschäftigung mit der japanischen Kunst
hat Stadien durchgemacht, die in sich selbst eine
Entwicklung darstellen. Ich will nicht von dem Unter-
schied der ästhetischen und der wissenschaftlichen
Betrachtung reden, ein Unterschied, der immer be-
stehen bleibt, wie weit auch das Historische vor-
schreite und meines Erachtens muß immer das als
zweifellos betont werden, daß im Grunde alles Be-
mühen um des Künstlerischen willen geschehe. Je-
doch gibt es hier Durchgangsstadien und Entwick-
lungen. Den Künstler faszinierte der Schönheits-
gehalt dieser Werke. Es ging wie ein Rausch über
die europäische Kunst. Zweifellos ist dieser Mo-
ment, der geistige Moment der Empfängnis eines
Neuen, der erlesenste und einzigste. Dann kam die
suchende Erkenntnis, die zuerst Grenzen absteckte,
die Kultur ergründen wollte, sich mit dem Techni-
schen beschäftigte. Spezialgebiete, die besonders
der augenblicklichen Kunstströmung in Europa nahe-
lagen, wurden bearbeitet: der Farbenholzschnitt,
die Keramik; andere, die um des ganz Eigenartigen
willen reizten: die Lackmalereien, die Bronzearbei-
ten. Während die europäische Kunst sich vollsog
von dieser neuen Schönheit und überall Spuren ihres
Einflusses zu erkennen waren (wie ja die ganze Neu-
belebung unseres modernen Kunstgewerbes, das wir
in unbegreiflicher Verblendung der Verwilderung
überließen, auf die Beschäftigung mit der japanischen
Kunst zurückgeht, die uns lehrte, im Gebrauchs-
stück edle Schönheit des Materials und Eigenart der
Technik anzustreben), wurde allmählich auch die
Wissenschaft aufgerüttelt, das Ahnungsvolle aufzu-
hellen, dem Traum Wirklichkeit zu geben. Die Eng-
länder und die Franzosen gingen uns hier voran
und auf ihre umfassenden Werke gehen die deut-
schen Versuche zurück. Einzelne Etappen kenn-
zeichnen diese Entwicklung. Der Farbenholzschnitt
reizte zuerst und nachhaltig zur Bearbeitung. Da-
nach hoben sich einzelne Meister aus der Fülle der
Namen heraus. Vom Nahen, Bekannten aus drang
man ein in das unbekannte Gebiet der Vergangenheit.
Sonderpublikationen wurden ermöglicht; das Ver-
ständnis der verschiedenen Epochen wurde angebahnt
und so kam allmählich ein System in diese schwie-
rige Einzelarbeit hinein, die schließlich wieder ein
Zusammenfassen ermöglichte. Hier setzt das oben

angezeigte Werk ein; eine gründliche, zuverlässige
Arbeit, die es unternimmt, wieder ein Gesamtgebiet,
die japanische Malerei, zu behandeln. Der Titel
zeigt an, daß der besondere Nachdruck darauf ge-
legt wurde, nicht Namen aufzureihen, sondern Vor-
stellungen zu vermitteln. Das Material ist gesichtet;
die Fülle ist verarbeitet. An der Hand vorzüglich
ausgewählter Abbildungen, deren praktische Anfü-
gungsart es gestattet, sie neben dem Text aufzu-
schlagen, so daß Bild und Wort wirklich zusammen-
gehen und die übliche, saloppe Art des wahllosen
Bilderanhäufens vermieden wird, verfolgt man eine
Entwicklung, deren Wandel und Konsequenz lehr-
reich und interessant ist. So wird man dieses Buch
zu einem wertvollen Besitz rechnen, zu dem man
zurückkehrt, und man geht wohl nicht fehl, wenn
man in dieser klaren, bewußten Art die Schule Wölff-
lins vermutet. Ernst Schur

Thoma, Hans. Im Herbste des Lebens.
Gesammelte Erinnerungsblätter. Brosch. M. 5.—,
geb. M. 8.—. München, Süddeutsche Monatshefte.

Thoma, der Maler, ist seit einigen Jahren unter
die Schriftsteller gegangen. Der Ertrag seiner schrift-
stellerischen Muse ist in dem vorliegenden Bande
gesammelt. Ein Buch der Freude ist damit den
Lesern geschenkt worden, der Freude an der schönen
Natur, an den Köstlichkeiten der Welt und ihrem
Geschehen und nicht zuletzt an der wundersamen
Wesenheit des Verfassers. Ist die wohltuende,
freundlich-warme Stimmung des ganzen Buches
schon ein Wertvolles an sich, so erhöht sich durch
den ganz persönlichen Charakter der Ausführungen,
die uns Meister Thoma bei aller Entschiedenheit und
Klarheit der Kunsanschauung und Weltauffassung
in einer prächtigen Liebenswürdigkeit, Sachlichkeit
und Harmonie zeigen, die Qualität dieses Buches um
ein Beträchtliches. Bis in das letzte Wort hinein
ist dieses Buch erlebt.

Thoma spricht in der Gruppe der autobiographi-
schen Aufsätze und in einigen Aeußerungen zu Zeit-
fragen von schwierigen technischen und inhaltlichen
Dingen der Kunst mit einer Treffsicherheit des Aus-
drucks und Feinheit des Geistes, mit einer Klarheit
und Heiterkeit der Auffassung, mit einem reizvollen
Gemisch von ernster Tiefe und befreiendem Humor,
daß in der sonnenhaften Helle alle dogmatischen
und kritischen Schatten in Licht aufgelöst sind. Nicht
ohne Staunen wird man in dem eminenten Künstler
auch den gründlichen und klaren Beobachter und
Denker gewahr werden, in dessen durchaus künst-
lerischer Auffassung alles sich zu plastischer An-
schaulichkeit und Harmonie rundet. Man lese ein-
mal nur die >Impressionen< von Landschaften und
Menschen, die Urteile zu Tagesfragen und Kunst-
streitigkeiten, die Anschauungen von Welt, Leben
und Religion. Wie wird da alles zum Kunstwerk! —
Die Welt als Kunstwerk hat nur in einer wahrhaft
religiösen Natur ihr Dasein. Der Leser wird also
nicht überrascht sein von der sittlichen Reinheit und
Größe im religiösen Empfinden Thomas, das mit
einer seltenen Breite in die Ehrfurcht vor den Ge-
heimnissen des Universums ausmündet. Naturnähe
und Gottesnähe durchdringen sich. Kein deutscher
Künstler hat diesen kosmisch-religiösen Zug wie
Thoma — und sein Landsmann Johann Peter Hebel.
Auch dieser Zug macht das Buch Thomas, das bis
in dialektische Wendungen und Ausdrücke hinein
von der Heimatluft Thomas durchwürzt ist, zu einem
ergreifenden Erlebnis, das mit der ruhigen Gelassen-
heit seines Humors mit goldenen Flügeln über alle
Abgründigkeiten der Welt trägt. Dieses Buch über
Kunst und Leben hat den beseligenden Klang der

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