MAX KLINGER <^ä-e~
wird, sondern daßdiegeschichtlicheBedeutung
der Antike auch für das moderne Geistesleben,
insbesondere für die deutsche Kultur, in den
Vordergrund gerückt wird. Damit spricht
Klinger aber eine Ueberzeugung aus, die
seinem von antiker Lebensanschauung er-
füllten Sinn entspricht, eine Ueberzeugung,
die momentan zwar vielen als unmodern
erscheint, die aber doch trotz alledem im Leben
unseres Volkes den Urquell seiner geistigen
Größe kennzeichnet.
Dem Wunsche des Künstlers entsprechend,
habe ich im vorstehenden keine eingehende
Analyse des Leipziger Universitätsbildes ver-
sucht, nicht einmal eine Beschreibung in
seinen Figuren und einzelnen Elementen.
Denn das Werk gehört ja noch nicht vor das
Forum der Oeffentlichkeit, und wenn auch
die Konzeption des Ganzen nur noch gering-
fügige Abänderungen erleiden wird, so ist bis
zur Vollendung noch ein ansehnlicher Weg,
und bis dahin mag es mit Andeutungen sein
Bewenden haben. Wir sind aber in der
glücklichen Lage, dem Leser im Anschluß an
diese Zeilen eine der Studienzeichnungen (s.
das farbige Titelbild) vorzuführen, ein Blatt,
das in der wunderbaren Sicherheit und Schön-
heit der Linie, in seiner tonigen Wirkung und
technischen Eleganz die Klingersche Zeichnung
auf ihrer alten Höhe zeigt.
Von diesem großen Wandgemälde in einem
Saale, dessen Zweck geistige Repräsentation
ist, bis zu Klingers neuestem Werk der Grif-
felkunst, den vor kurzem im Verlage von
Amsler & Ruthardt in Berlin erschienenen
„ Epithalamia" (Umrahmungen in Federzeich-
nungen, Text von Elsa Asenijeff, eine Mappe in
größtem Folio) und einigen neuen Einzel-
blättern ist ein großer Schritt, der sich aber
durch die Verwandtschaft des Themas recht-
fertigen läßt (Abb. S. 297, 306 u. 307). Das
Werk besteht aus fünfzehn, in Heliogravüre
vervielfältigten Federzeichnungen, von denen
die ältere Folge, zehn Blatt, ursprünglich
als Umrandung des Textes einer Neuaus-
gabe von Apulejus „Amor und Psyche" ge-
dacht, vor etwa zwanzig Jahren vollendet
war und in den Besitz des Königlichen Kupfer-
stichkabinetts in Dresden übergingen, während
die jüngere Folge, fünf Blatt, jüngsten Datums
ist und sich unseres Wissens noch im Kunst-
handel befindet. Zu diesen fünfzehn Blatt
kommen noch das Titelblatt mit einer brei-
ten Leiste und ein Blatt mit sachlichen An-
gaben und der Wiederholung einer vor Jah-
ren entstandenen Radierung „Amor bogen-
schießend" hinzu. Die Folge sollte, so war
ursprünglich der Plan, durch den Griffel ver-
vielfältigt werden, das vollendete Ganze sich
den radierten Zyklen als neues Opus an-
schließen. Die Vervielfältigung durch Helio-
gravüre mag erst ins Auge gefaßt worden
sein, als der Künstler sich überzeugte, daß
durch das mechanische Verfahren die stil-
volle, ursprüngliche Schönheit und Reinheit
der Zeichnung, namentlich der älteren Folge,
in einem höheren Maße als durch die Arbeit
des Griffels gewahrt bleibe, und wir können
Klinger, obschon seine radierten Zyklen den
Höhepunkt der modernen deutschen Graphik
bezeichnen, nur dankbar sein, daß er sich in
diesem Falle durch bessere Einsicht zur Wahl
eines wenigerkünstlerischen Vervielfältigungs-
verfahrens hat bestimmen lassen. Zeichnerisch
ist die ältere Reihe das Größte und Vollen-
detste, was wir Klingers Hand verdanken, ja
sie repräsentiert in ihrer schlichten Art viel-
leicht einen der höchsten Höhepunkte moderner
Kunst. Inhaltlich bieten die Epithalamia auf
MAX KLINGER ELSA ASENIJEFF
Die Kunst for Alle XXIV
305
38
wird, sondern daßdiegeschichtlicheBedeutung
der Antike auch für das moderne Geistesleben,
insbesondere für die deutsche Kultur, in den
Vordergrund gerückt wird. Damit spricht
Klinger aber eine Ueberzeugung aus, die
seinem von antiker Lebensanschauung er-
füllten Sinn entspricht, eine Ueberzeugung,
die momentan zwar vielen als unmodern
erscheint, die aber doch trotz alledem im Leben
unseres Volkes den Urquell seiner geistigen
Größe kennzeichnet.
Dem Wunsche des Künstlers entsprechend,
habe ich im vorstehenden keine eingehende
Analyse des Leipziger Universitätsbildes ver-
sucht, nicht einmal eine Beschreibung in
seinen Figuren und einzelnen Elementen.
Denn das Werk gehört ja noch nicht vor das
Forum der Oeffentlichkeit, und wenn auch
die Konzeption des Ganzen nur noch gering-
fügige Abänderungen erleiden wird, so ist bis
zur Vollendung noch ein ansehnlicher Weg,
und bis dahin mag es mit Andeutungen sein
Bewenden haben. Wir sind aber in der
glücklichen Lage, dem Leser im Anschluß an
diese Zeilen eine der Studienzeichnungen (s.
das farbige Titelbild) vorzuführen, ein Blatt,
das in der wunderbaren Sicherheit und Schön-
heit der Linie, in seiner tonigen Wirkung und
technischen Eleganz die Klingersche Zeichnung
auf ihrer alten Höhe zeigt.
Von diesem großen Wandgemälde in einem
Saale, dessen Zweck geistige Repräsentation
ist, bis zu Klingers neuestem Werk der Grif-
felkunst, den vor kurzem im Verlage von
Amsler & Ruthardt in Berlin erschienenen
„ Epithalamia" (Umrahmungen in Federzeich-
nungen, Text von Elsa Asenijeff, eine Mappe in
größtem Folio) und einigen neuen Einzel-
blättern ist ein großer Schritt, der sich aber
durch die Verwandtschaft des Themas recht-
fertigen läßt (Abb. S. 297, 306 u. 307). Das
Werk besteht aus fünfzehn, in Heliogravüre
vervielfältigten Federzeichnungen, von denen
die ältere Folge, zehn Blatt, ursprünglich
als Umrandung des Textes einer Neuaus-
gabe von Apulejus „Amor und Psyche" ge-
dacht, vor etwa zwanzig Jahren vollendet
war und in den Besitz des Königlichen Kupfer-
stichkabinetts in Dresden übergingen, während
die jüngere Folge, fünf Blatt, jüngsten Datums
ist und sich unseres Wissens noch im Kunst-
handel befindet. Zu diesen fünfzehn Blatt
kommen noch das Titelblatt mit einer brei-
ten Leiste und ein Blatt mit sachlichen An-
gaben und der Wiederholung einer vor Jah-
ren entstandenen Radierung „Amor bogen-
schießend" hinzu. Die Folge sollte, so war
ursprünglich der Plan, durch den Griffel ver-
vielfältigt werden, das vollendete Ganze sich
den radierten Zyklen als neues Opus an-
schließen. Die Vervielfältigung durch Helio-
gravüre mag erst ins Auge gefaßt worden
sein, als der Künstler sich überzeugte, daß
durch das mechanische Verfahren die stil-
volle, ursprüngliche Schönheit und Reinheit
der Zeichnung, namentlich der älteren Folge,
in einem höheren Maße als durch die Arbeit
des Griffels gewahrt bleibe, und wir können
Klinger, obschon seine radierten Zyklen den
Höhepunkt der modernen deutschen Graphik
bezeichnen, nur dankbar sein, daß er sich in
diesem Falle durch bessere Einsicht zur Wahl
eines wenigerkünstlerischen Vervielfältigungs-
verfahrens hat bestimmen lassen. Zeichnerisch
ist die ältere Reihe das Größte und Vollen-
detste, was wir Klingers Hand verdanken, ja
sie repräsentiert in ihrer schlichten Art viel-
leicht einen der höchsten Höhepunkte moderner
Kunst. Inhaltlich bieten die Epithalamia auf
MAX KLINGER ELSA ASENIJEFF
Die Kunst for Alle XXIV
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