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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 24.1908-1909

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Vogel, Julius: Max Klinger, [1]: ein Rückblick und ein Ausblick
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https://doi.org/10.11588/diglit.12503#0343

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M. KLINGER MEERGOTTER IN DER BRANDUNG

Folgen zu machen. Aber mit sich zufrieden, Prosa, wie kunstvoll in seiner Lyrik und
blickt diese lächelnd auf jene, wird doch der elegant in der Form, wenn auch in der Hand-
Triumph ihrer Schönheit der Anlaß sein für den habung der deutschen Sprache nicht ohne
Dichter, seinen unsterblichen Heldengesang zu Willkür.

schaffen. Und dieser will bereits zur Tat werden: Von weiteren graphischen Arbeiten Klingers
aus den Gewandfalten der Moira steigen sie fällt noch eine Anzahl kleiner Radierungen,
heraus die gewappneten Krieger, mitten unter sämtlich Exlibris, in die Jahre 1906 und 1907.
ihnen Pallas Athena, um hinüber zu eilen zu der Der große Zyklus „Vom Tode", zweiter Teil,
mächtigen sitzenden Figur des Sängers, dessen ist noch unvollendet. (Abb. S. 299, 314 u. 315.)
Schreibheft sie bevölkern, ihm so das Hirn Die beiden letzten Blätter, um die der Künstler
erfüllend für die Abfassung des Epos, das bis vor einigen Jahren die vor nunmehr langer Zeit
auf den heutigen Tag allen Kulturvölkern begonnene, durch eine ganz gewaltige Gestal-
eine hehre Quelle reinsten Genusses geworden tungskraft ausgezeichnete Folge vermehrt hat,
ist. Was Klinger in dieser Schöpfung an die beiden Blätter „Der Künstler" und „Die
eigener Phantasie niedergelegt hat, ist selbst Pest" stehen als Werke der Griffelkunst etwas
eine Dichtung, die in ihrer hohen Schönheit abseits von den früheren Erscheinungen, was
und selbständigen Gestaltungskraft eine künst- man wohl nicht mit Unrecht damit erklärt
lerische Schöpfung ungewöhnlicher Art zu be- hat, daß die sonst die Radiernadel mit so
deuten hat. Wer sich mit den Einzelheiten wunderbarer Sicherheit führende Hand durch
dieses vielgestaltigen Epos vertraut macht, der die Arbeit mit Hammer und Meißel der fein-
wird erst neben den tiefen künstlerischen fühligen Technik entwöhnt worden ist. In-
Eindrücken, die sich von Blatt zu Blatt dem dessen beweisen die neuesten Exlibris (Abb.
Auge mitteilen, auch bewundernd zu der dich- S. 302), daß die Befürchtungen wegen Vollen-
terischen Begabung emporblicken, die in dung des Zyklus unbegründet sind. Klinger
diesem modernsten Epigonen des blinden Sän- kann noch mit Meisterschaft Stift und Nadel
gers einen Triumph ohnegleichen feiert. Die führen, wenn schon seine Hand etwas schwerer
antiken „Kyprien" sind im Gewände der neu- geworden ist. Der liebenswürdige Charakter
zeitlichen Dichtung des zwanzigsten Jahr- dieser Exlibris ist wohl eine Folge des klei-
hunderts und in der künstlerischen Sprache nen Formats, in dem sich heitere, intime Ge-
eines modernen Hellenen zu neuem Leben er- danken oder auch persönliche Wünsche und
standen! Der Begleittext der Frau Asenijeff Beziehungen ohne Preisgabe der künstleri-
ist weder eine Paraphrase zu Apulejus' Mär- sehen Individualität aussprechen lassen. Und
chen, noch eine Interpretation der Klingerschen wollen diese Blättchen (für Dietel in Dres-
Zeichnung, sondern ein selbständiges allego- den, Julius Klengel, Rieh. Graul, Georg und
risches Gedicht in scheinbar rhythmischer Walther Giesecke in Leipzig, Louis Meder

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