DOI Artikel:
Schmidt, Robert: Die Ausstellung der K. Akademie der Künste zu Berlin
DOI Seite / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.12503#0382
constantin starck rundrelief
Verlag der Neuen Photographischen Gesellschaft, Bertin-Steglitz
DIE AUSSTELLUNG DER K. AKADEMIE DER KÜNSTE ZU BERLIN
Von Robert Schmidt
Immer mehr scheint sich die Akademie der
-*■ Künste zu einem der führenden Faktoren
im Kunstleben Berlins entwickeln zu wollen.
Mit großer Rührigkeit ist sie bemüht, durch
hervorragende Ausstellungen der verschieden-
sten Art das Kunstinteresse wachzurufen und
das Kunstverständnis zu erweitern und zu ver-
tiefen. Im vorigen Jahre die glänzende Aus-
stellung alter englischer Porträtkunst, in diesem
Winter die ihrem innersten Werte nach wohl
meist überschätzte, sicherlich aber sehr an-
regende und instruktive Ausstellung chine-
sischer Malerei, und jetzt die prächtige Schau
über das Lebenswerk Schadows. Aber damit
nicht genug: nebenher gehen immer noch Aus-
stellungen von moderner Kunst, von Werken
der Mitglieder der Akademie, die beweisen
sollen, daß das Institut auch der Gegenwart
reife künstlerische Werte bescheren kann.
Die diesmalige Mitgliederausstellung hat
einen schweren Stand gegenüber der ge-
schlossenen starken Wirkung der Werke
Schadows in den vorderen Räumen, sie wirkt
fast wie eine Verlegenheitsfüllung, wie ein
etwas unorganischer Anhang. Wenn man von
Schadow kommt, voll vom Eindruck einer in
sich gefestigten, bis ins Kleinste hinein von
strengstem Stilgefühl erfüllten Persönlichkeit,
wenn man den eigentümlichen Reiz einer von
gleichmäßigem, starkem Kulturgehalt durch-
tränkten Epoche in sich aufgenommen hat,
dann wird es einem zuerst schwer, sich in
die Mannigfaltigkeit, in die künstlerische
Gegensätzlichkeit hineinzufinden, die sich in
den Werken von etwa 50 modernen Künstlern
offenbart. Da kommt uns einmal richtig zum
Bewußtsein, was unserer Zeit eigentlich fehlt.
Es ist das durchgehende, alles verbindende
44
Die Kumt fUr Alle XXIV. 15. 1. Mai 1909 345
Published May 1909. Privilege of Copyright in the United States reserved ander the Act approved March 3, 1905 byF. Bruckmann A.-G., Manich
Verlag der Neuen Photographischen Gesellschaft, Bertin-Steglitz
DIE AUSSTELLUNG DER K. AKADEMIE DER KÜNSTE ZU BERLIN
Von Robert Schmidt
Immer mehr scheint sich die Akademie der
-*■ Künste zu einem der führenden Faktoren
im Kunstleben Berlins entwickeln zu wollen.
Mit großer Rührigkeit ist sie bemüht, durch
hervorragende Ausstellungen der verschieden-
sten Art das Kunstinteresse wachzurufen und
das Kunstverständnis zu erweitern und zu ver-
tiefen. Im vorigen Jahre die glänzende Aus-
stellung alter englischer Porträtkunst, in diesem
Winter die ihrem innersten Werte nach wohl
meist überschätzte, sicherlich aber sehr an-
regende und instruktive Ausstellung chine-
sischer Malerei, und jetzt die prächtige Schau
über das Lebenswerk Schadows. Aber damit
nicht genug: nebenher gehen immer noch Aus-
stellungen von moderner Kunst, von Werken
der Mitglieder der Akademie, die beweisen
sollen, daß das Institut auch der Gegenwart
reife künstlerische Werte bescheren kann.
Die diesmalige Mitgliederausstellung hat
einen schweren Stand gegenüber der ge-
schlossenen starken Wirkung der Werke
Schadows in den vorderen Räumen, sie wirkt
fast wie eine Verlegenheitsfüllung, wie ein
etwas unorganischer Anhang. Wenn man von
Schadow kommt, voll vom Eindruck einer in
sich gefestigten, bis ins Kleinste hinein von
strengstem Stilgefühl erfüllten Persönlichkeit,
wenn man den eigentümlichen Reiz einer von
gleichmäßigem, starkem Kulturgehalt durch-
tränkten Epoche in sich aufgenommen hat,
dann wird es einem zuerst schwer, sich in
die Mannigfaltigkeit, in die künstlerische
Gegensätzlichkeit hineinzufinden, die sich in
den Werken von etwa 50 modernen Künstlern
offenbart. Da kommt uns einmal richtig zum
Bewußtsein, was unserer Zeit eigentlich fehlt.
Es ist das durchgehende, alles verbindende
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Die Kumt fUr Alle XXIV. 15. 1. Mai 1909 345
Published May 1909. Privilege of Copyright in the United States reserved ander the Act approved March 3, 1905 byF. Bruckmann A.-G., Manich