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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 24.1908-1909

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Clemen, Paul: Von neuer deutschen Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.12503#0395

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-*=4s£> VON NEUER DEUTSCHER KUNST <^ä-B~

man vielleicht dreierlei nennen: einmal, daß
das lebendige pulsierende Leben um uns, die
Menschen unserer Zeit, und dies Leben im
kleinen ungeschmeichelt wieder als wichtigster
Stoff der Kunst angesehen wird, dann das
Problem von Licht und Luft, das alle Figuren
in Luft gebadet, vom Licht umflossen er-
scheinen läßt, und endlich die impressio-
nistische Technik. Vielleicht ist dies letztere
doch mehr als eben eine technische Form.
Vielleicht liegt hier mehr zugrunde als nur
der Wunsch, gegenüber der alten Schule, die
alle Dinge so malte, wie sie wußte, daß sie
naturwissenschaftlich geformt waren, sie so
zu malen, wie sie unser Auge eben allein
zu sehen und mit einem Blick zu fassen ver-
mag. „Nur eine Sache ist wichtig, im ersten
Anlaufe zu malen, was man sieht", hatte der
große Vater dieser Richtung, Manet, gesagt.
Vielleicht ist der Impressionismus ein Zug
unserer ganzen Kultur und zugleich die Ver-

kündigung des höchsten Subjektivismus die-
ser Zeit.

Auch hier kann man sagen, daß diese
Neuerungen nicht alle neu waren. Das leben-
dige pulsierende Leben um uns hatten schon
Peter Brueghel und Murillo, Rembrandt und
Hogarth gemalt, — und impressionistisch
hatten Velasquez und Rembrandt und Goya
gearbeitet, wo sie eben diese Technik brauch-
ten : nur daß sie sich dieser Technik nicht
unterordneten, wo sie ihnen nicht angemessen
erschien. Und vielleicht bleibt überalles dieses
hinaus nur die Entdeckung von Licht und Luft.
Hier liegt wirklich das Neue, das ganz Neue,
was diese letzte Zeit gebracht, und hier liegen
die künstlerischen Großtaten und Eroberungen
des ausgehenden 19. Jahrhunderts. Die Zeit,
an deren Abschluß Graf Zeppelin und Orville
Wright die Herrschaft der Technik über die
Luft verkünden, hat auch künstlerisch dieses
Element erobert.

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