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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 24.1908-1909

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Von Ausstellungen und Sammlungen – Neue Kunstliteratur - Personal-Nachrichten
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^=4Ö> NEUE KUNSTLITERATUR - PERSONAL-NACHRICHTEN <^-^

direktor Ron. von Haug angekauft ^^^^^HH^^M politischer Karikaturist ist, ihre poli-

worden. Es handelt sich um jenes tische Situation. So hebt denn auch

bekannte Werk mit der weit hinein in das Buch von Berteis mit einer Analy-

das Bild sich erstreckenden Aufstel- sierung dieses >Humus« an, aus dem

lung eines Reiterregiments, das schon & - "T^P Daumiers Kunst emporwuchs. Sodann

in verschiedenen Ausstellungen zu behandelt der Autor »Caricature« und

sehen war, so zuletzt bei Gurlitt in ^L^* >Charivari«, die beiden satirischen

Berlin, wo das Bild allgemeine Aner- Blätter, denen Daumier seine Mitar-

kennung gefunden hat. h. t. » beiterschaft lieh, weiterhin die poli-

^^Jk tischen Karikaturen selbst, kommt
aber dann doch zur Anschauung, daß

NEUE KUNSTLITERATUR in_dem »Problem Daumier« .die Be-

grundung der bürgerlichen Kunst«

Leo Putz, ein deutscher beruhe. >Daumier reißt nicht herunter.

Künstler der Gegenwart. Mit H Er kümmert sich nicht um die gele-

Text von Wilhelm Michel und 75 gentliche Schwäche der Großen, er

ein-und mehrfarbigen Tafeln AI. IS. —. ^■■^■^■■^^^^M erwischt vielmehr die Kleinen, wie

Leipzig, bei Klinkhardt & Biermann. ____„„_„ , uccc sie sich groß und wichtig vorkommen.

Es läßt sich darüber streiten, ob bildhauer i>ro^a. HESS Er mißt alsQ das K,ejne am Großerl;

man einem Künstler, der noch nicht ' p nicht umgekehrt. Aber darin liegt
einmal in >des Lebensmittags feier- sein Mildes, daß er den Bürger nicht
liehe Zeit< eingetreten ist, bereits eine Art Standard- als verstocktes Scheusal nimmt, sondern als das
Work widmen kann. Zu einer solchen Erörterung Unterholz der Weltgeschichte. Nur in der Politik
bietet aber gerade der vorliegende Fall wenig Ver- ruft er sein höhnisches: Ihr da hinten! — sonst
anlassung, denn Putz, der, obwohl noch nicht ein- sagt er milde: ja, ja, wir Aermsten.< In diesem Sinne
mal ein Vierziger, seit beinahe 22 Jahren sich der sind auch seine »Bürgerbilder«, denen Berteis zu-
Kunst schöpferisch ergeben hat und heute zweifei- sammen mit der köstlichen :Histoire ancienne^ ein
los zu den Führern der jungen Kunst in Deutsch- Kapitel widmet, aufzufassen. Ein weiterer Abschnitt
land gehört, ist uns allen zu teuer, als daß wir die gilt Daumiers Karikaturen zum Sturmjahr 48, ein
Notwendigkeit der vorliegenden Publikation in Zweifel besonders interessanter dem Krieg 1870/71. Hier
ziehen möchten. Seit uns im Jahre 1906 in der >Mo- erhob sich Daumiers Anschauungnichtüberdie seiner
dernen Kunsthandlung« zu München eine wundervolle landsmännischen Zeitgenossen; wie die anderen Fran-
Ueberschau über das Werk dieses Künstlers gegeben zosen dachte er über Preußen wie ein alter Marquis
wurde (wir sahen etwa 60 Arbeiten seiner Hand), über einen geadelten Gewehrfabrikanten denkt. Die
war an der eminenten Bedeutung, die Leo Putz sowohl Blätter zur Geschichte des Krieges, die sich meist
als Schöpfer neuer Farbwerte, wie in noch höherem auf der Linie des Symbolismus bewegen, vergleicht
Grade durch die eingeborene Melodie und den feinen, Berteis nicht übel mit Callots »miseres de la guerre«
klaren Klang seines künstlerischen Wesens besitzt, und mit Goyas .desastres de la guerrac . . . Schon
nicht mehr zu zweifeln. Diese Bedeutung wird uns diese kurze, lückenhafte Uebersicht über den Inhalt
aufs neue bewußt bei Betrachtung der 75 Tafeln die- des vorzüglich illustrierten Buches läßt seinen Reich-
ses Werkes, denen leider der Zauber der Farbe fehlt, tum erkennen. Vor einem politisch und kulturell
die aber dafür das Formgefühl, das in Putz steckt, desto lebhaft bewegten Hintergrund steht das künstlerisch
deutlicher erkennen lassen. Alle vom Künstler ge- illustrierende Schaffen eines starken Bildners, der das
pflegten Genres treten uns hier in der Reproduktion Wesen seiner Zeit zu unvergleichlichem bildmäßi-
entgegen: wir finden Porträte, darunter eines vom gen Ausdruck bringt.
Jahre 1892, das den Vater des Künstlers darstellt,

Stilleben, Biedermeiereien, Rokokodrolerien und be- ______

sonders Arbeiten aus jenem Gebiet, das der Künstler PERSONAL-NAGHRIGHTEN

meistert wie kein anderer: schöne, nackte Frauen- t^cdt im r-„v,«:~ ._____t • .

körper. - Den Text des Werkes hat der Münchner £ttVO"J?C»ü°' ist von seiner
Kunstschriftsteller und Essayist Wilhelm Michel ge- . ^ ?■, h zurluckTfekeh" und. hat am
schrieben, eine warmherzige Charakteristik des Men- Lp ™«™ Le'tUnvg £er * Nationalgalene weder
sehen und Künstlers Putz, der seinen Interpreten ^""ornmen Die Verhandlungen, ,hn als Nachfolger
weniger in den bisher gezeigten .festen Werten«, p!*£}*™£n D"?ktors der Bayerischen Zentral-
ais in den »vorantreibenden Kräften« seines Wesens ?lT^TJ^n^ TT^ v°m m"'
• . ._j c. ii .. . „ cnen zu ziehen, dauern laut den Me düngen noch an
interessiert, denn Entwicklung war bisher alles bei »,-IMr, 6 u *
dem Künstler, und nurgewisse, unverrückbare Grund- (V/IUNCHEN. Am 11. April ist hier der Bildhauer
lagen seines künstlerischen und menschlichen Na- Professor Anton Hess gestorben. 1838alsSohn
turells sind ein Dauerndes, immer Wiederkehrendes des berühmten Historienmalers Heinrich Heß in
seiner Schöpfungen. Ein Oeuvre-Katalog, der aller- München geboren, bildete er sich dort unter Kaspar
dings auf Vollständigkeit keinen Anspruch macht, ist Zumbusch aus; besonders bekannt sind seine großen
dem Text angehängt, späteren Generationen wird er Balkonfiguren »Bürgertugenden« am neuen Münchner
als statistisches Material willkommen sein. Rathaus; als Schöpfer zahlreicher Grabdenkmäler

und Bildnisbüsten (s. die Abbildung in unserem

Berteis, Kurt. Honore Daumier als Litho- Jahrgang 1887/88 Seite 259), die sich durch gute

graph. M. 5.— München 1908, R. Piper & Co. Charakteristik auszeichnen, hat er sich in weiten

Daumier der Illustrator, nicht Daumier der Maler Kreisen einen Namen gemacht. Heß war seit 1875
von erschütternder Wucht, den man erst vor einem Professor der Münchner Kunstgewerbeschule, seit
Jahrzehnt wieder entdeckte, war, um mit seinem 1900 Professor der Plastik an der Münchner Tech-
neuesten Interpreten zu sprechen, »ein Geschichts- nischen Hochschule, wo er sich als Lehrer beson-
schreiber des Gebahrens seiner Zeit«. Man muß also, derer Schätzung erfreute.

wenn man sich mit Daumier beschäftigt, vor allem /^ESTORBEN: In Berlin der Bildnismaler Wil-
seine Zeit kennen und, da Daumier in erster Linie helm Fechner im Alter von 74 Jahren.

Redaktionsschluß: 8. April 1909 Ausgabe: 29. April 1909

Herausgeber: F. Schwärt z. Für die Redaktion verantwortlich: P. Kirchgraber. — Druck und Verlag von F. Bruckmann A.-G.

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