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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 24.1908-1909

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Die erste Kunstausstellung in Wiesbaden
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https://doi.org/10.11588/diglit.12503#0549

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-^^> DIE ERSTE KUNSTAUSSTELLUNG IN WIESBADEN <^=^

gemeinen Charakter die folgenden Zeilen kenn- Von diesen Schülern ist Wilhelm Trübner am
zeichnen sollen. reichsten und am glänzendsten vertreten. Neben

Als der Plan der dortigen Gewerbetreibenden, interessanten Versuchen und einigen kleinen Meister-
eine Garten- und Industrieausstellung ins Leben zu werken aus seiner Frühzeit bietet er einen guten
rufen, greifbare Gestalt gewann, ließ der rührige Teil des Ertrags der letzten Jahre in dem retrospek-
>Nassauische Kunstverein« in Wiesbaden sich die tiven Saal und sonst in unserer Ausstellung dar.
willkommene Gelegenheit nicht entgehen, zu zeigen, Mag er in der allzu breiten und wuchtigen Behand-
daß auch hier die bildende Kunst heimatberechtigt lung des Landschaftlichen neuerdings auch hier und
geworden sei. Neben den heimischen Künstlern da zu weit gehen, fast durchweg steht der Beschauer
wurde nun auf die Frankfurter Kunstkommission unter der Gewalt seines hinreißenden Künstlertem-
des >Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern peraments. Ueberhaupt aber ist Karlsruhe in Wies-
am Rhein« zurückgegriffen und endlich holte man baden außerordentlich gut vertreten. Neben Thoma,
noch aus dem benachbarten Kunstort Darmstadt Schönleber, Volkmann, Kampmannu.s. w.haben
den trefflichen Bildhauer Heinrich Jobst heran. Von auch die jüngeren wie Göhler, Gönner und
vornherein war es die Absicht, eine Schaustellung Bühler gute Sachen geschickt,
der provinziellen und des weiteren der gesamten Haueisen, ohne Frage die stärkste Hoffnung

westdeutschen Kunst darzubieten. So beschränkt Karlsruhes, ist wenigstens mit einer groß und frei
auch die Mittel waren, es gelang in der von dem gesehenen Landschaft vertreten.
Maler Hans Völker und den Architekten F. W. Werz Unter den Elsässern vermißt man den vergeblich

und P. Huber in Wiesbaden hergestellten Kunst- aufgeforderten Lothar v. Seebach, dagegen hat
halle ein ebenso geschmackvolles wie zweckmäßiges Beecke einige seiner farbigen Genrebilder geschickt,
Ausstellungsgebäude zu schaffen. während Daubner, der stimmungsvolle Schilderer

Verbunden aber mit der Schaustellung moderner elsässischen Dorflebens, sich mit zahlreichen Oel-
Kunst wurde eine Revue der älteren Kunst, soweit bildern und Aquarellen beteiligt hat. — In den Stutt-
sie dem modernen Realismus den Weg geebnet hat. garter Sälen fehlen Haug und Reiniger, sonst aber
Dieser Gedanke lag um so näher, als Feuerbach sind sie fast alle erschienen: Grethe, Pleuer,
und Leibi, Viktor Müller und Otto Scholderer und Pankok, Schmoll von Eisenwerth, Hölzel,
manche andere Bahnbrecher der modernen Malweise Landenberger,Eckner,SCHiCKHARDTusw.Ueber-
gerade in unserer Westmark bodenständig sind. Um raschend wirkt Amandus Faure. Außer Blumen-
aber diesem retrospektiven Saal noch ein weiteres stücken und feinempfundenen Landschaften hat er
Relief zu geben, ward in ihm eine kleine aber er- zwei ungemein großzügige Szenerien aus dem Seil-
lesene Sammlung von Werken der Meister unter- tänzerleben beigesteuert. — Unter den mittelrheini-
gebracht, die zu jenen Führern — namentlich aber sehen Künstlern verdient der Frankfurter Robert
zu Wilhelm Leibi — im Schüler-oder Freundschafts- Hoffmann, der seit einigen Jahren in dem kleinen
Verhältnis gestanden haben. Ort Camp, schräg gegenüber Boppard, seinen Wohn-

sitz genommen, besonderes Lob. Das schwie-
rige Problem, der engbegrenzten gebirgigen
Mittelrheinlandschaft Reiz abzugewinnen, hat
er mit bestem Erfolg gelöst. Den Glanz des
Wasserspiegels in der Abendbeleuchtung, die
feine Stimmung der fernen Bergeskuppen hat
er in der > Rheininsel« und im > Fischerkahn«,
ohne auf romantische Gefühle zu spekulieren,
voller Poesie und mit voller Ueberzeugungs-
kraft wiederzugeben gewußt.

Besonderer Beachtung wert war auf den
letzten westdeutschen Kunstausstellungen eine
kleine Gruppe hessischer Künstler, die sich
offenbar Karl Bantzer zu ihrem Führer er-
koren haben. Mit dem Meister, dessen Cha-
rakterkopf eines hessischen Bauern von einem
Wiesbadener Liebhaber für seine erlesene
Sammlung angekauft wurde, wetteifern H.
Giebel und W. Thielmann in der Darstel-
lung der heimischen Landschaft und des Trei-
bens der ländlichen Bevölkerung in ihrer in-
teressanten Nationaltracht.

Lebhaften Anteil hat endlich auch Düssel-
dorf an der Wiesbadener Ausstellung genom-
men. Außer Wilhelm Trübner ist kein
Künstler so reichhaltig vertreten wie Ger-
hardJanssen, dessen Werk man als die Ver-
körperung des derben niederrheinischen Hu-
mors ansprechen darf. Wird man vor seinen
keck hingeworfenen Oelgemälden zuweilen
das Gefühl nicht los, daß hier ein außer-
ordentlich starkes Talent doch nicht zur
vollen Reife und Harmonie gelangt sei, so ge-
währen die zahlreichen genial ausgeführten
Kreidezeichnungen des Künstlers, die hier und
da in der Abteilung der Schwarzweiß-Kunst
arthur langhammer f dachauer bauernmädchen untergebracht sind, einen umso ungetrübteren
Secessionsgaierie, München Genuß. Unter den Figurenmalern tritt diesmal

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