otto stichling
Ausstellung Düsseldorf 1909
träumende
DIE GROSSE KUNSTAUSSTELLUNG ZU DUSSELDORF 1909
Von Georg Howe
Durch drei große Ausstellungen hat Düssel-
dorf seit dem Jahre 1902 seine Kon-
kurrenzfähigkeit mit den übrigen bedeutenden
Kunstzentren in erfolgreicher Weise darzutun
verstanden. Es ist ein neues Düsseldorf, das
sich regt und rührt, das sich längst den Schlaf
aus den Augen gerieben hat und entschlossen
erscheint, den künstlerischen Forderungen
einer modernen Zeit voll Genüge zu tun.
Das beweist auch die vierte, an Ausdehnung
kleinere, an Qualität wesentlich gehobene
Ausstellung, die in enger Verbindung mit der
großen, in ihrer Art bisher einzig dastehenden
Schau für christliche Kunst, über die hier
noch berichtet werden wird, im Mai ihre Pfor-
ten geöffnet hat. Nach dem glücklichen Vor-
gange von Karlsruhe und Mannheim war auch
hier die gesamte Organisation in eine einzige
Hand gelegt worden. Diese Maßregel hat sich
im Interesse eines einheitlichen Charakters
der Darbietungen aufs neue bewährt; Prof.
Heinr. Hermanns hat seine ehrenvolle, wenn
auch schwierige Aufgabe in glänzender Weise
gelöst. Vor allen Dingen ist durch ihn unter
wesentlicher Mitarbeit des feinsinnigen Archi-
tekten Max Benirschke die Ausstellungs-
technik zu einer Höhe relativer Vollkommen-
heit entwickelt worden. Ohne äußeren Prunk,
ohne ersichtlichen Materialaufwand sind hier
Räume geschaffen, welche durch ihre helle,
dabei doch mannigfaltige Farbstimmung, durch
die Wirkung des durch niedrige Velarien er-
zeugten, milden Lichtes, vor allem durch die
übersichtliche und architektonisch reizvolle
Gruppenbildung der einzelnen Säle und Ab-
teile etwas schlechthin Mustergültiges dar-
stellen. Das eminente Geschick, welches, ab-
gesehen von wenigen Ausnahmen, in der An-
ordnung der Bilder und Plastiken bewiesen
wurde, führt zu einem so sympathischen Ge-
samteindruck, daß man darüber das Fehlen
eigentlicher Pointen fast vergißt. Wo wäre
aber in diesem Sommer die Ausstellung zu
finden, die wirkliche Höhenkunst aufzuweisen
hätte!
Lassen wir den Düsseldorfer Künstlern wie
billig den Vortritt, so hat hier Josse Goossens
die stärkste Leistung aufzweisen. Er über-
Die Kunst für Alle XXIV. 23. r. September 1909
537
68
Ausstellung Düsseldorf 1909
träumende
DIE GROSSE KUNSTAUSSTELLUNG ZU DUSSELDORF 1909
Von Georg Howe
Durch drei große Ausstellungen hat Düssel-
dorf seit dem Jahre 1902 seine Kon-
kurrenzfähigkeit mit den übrigen bedeutenden
Kunstzentren in erfolgreicher Weise darzutun
verstanden. Es ist ein neues Düsseldorf, das
sich regt und rührt, das sich längst den Schlaf
aus den Augen gerieben hat und entschlossen
erscheint, den künstlerischen Forderungen
einer modernen Zeit voll Genüge zu tun.
Das beweist auch die vierte, an Ausdehnung
kleinere, an Qualität wesentlich gehobene
Ausstellung, die in enger Verbindung mit der
großen, in ihrer Art bisher einzig dastehenden
Schau für christliche Kunst, über die hier
noch berichtet werden wird, im Mai ihre Pfor-
ten geöffnet hat. Nach dem glücklichen Vor-
gange von Karlsruhe und Mannheim war auch
hier die gesamte Organisation in eine einzige
Hand gelegt worden. Diese Maßregel hat sich
im Interesse eines einheitlichen Charakters
der Darbietungen aufs neue bewährt; Prof.
Heinr. Hermanns hat seine ehrenvolle, wenn
auch schwierige Aufgabe in glänzender Weise
gelöst. Vor allen Dingen ist durch ihn unter
wesentlicher Mitarbeit des feinsinnigen Archi-
tekten Max Benirschke die Ausstellungs-
technik zu einer Höhe relativer Vollkommen-
heit entwickelt worden. Ohne äußeren Prunk,
ohne ersichtlichen Materialaufwand sind hier
Räume geschaffen, welche durch ihre helle,
dabei doch mannigfaltige Farbstimmung, durch
die Wirkung des durch niedrige Velarien er-
zeugten, milden Lichtes, vor allem durch die
übersichtliche und architektonisch reizvolle
Gruppenbildung der einzelnen Säle und Ab-
teile etwas schlechthin Mustergültiges dar-
stellen. Das eminente Geschick, welches, ab-
gesehen von wenigen Ausnahmen, in der An-
ordnung der Bilder und Plastiken bewiesen
wurde, führt zu einem so sympathischen Ge-
samteindruck, daß man darüber das Fehlen
eigentlicher Pointen fast vergißt. Wo wäre
aber in diesem Sommer die Ausstellung zu
finden, die wirkliche Höhenkunst aufzuweisen
hätte!
Lassen wir den Düsseldorfer Künstlern wie
billig den Vortritt, so hat hier Josse Goossens
die stärkste Leistung aufzweisen. Er über-
Die Kunst für Alle XXIV. 23. r. September 1909
537
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