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Dengler, Georg [Hrsg.]
Kirchenschmuck: Sammlung von Vorlagen für kirchliche Stickereien, Holz- & Metallarbeiten & Glasmalereien — 6.1859

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7. Heft
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Disposition der Kirchen,[3]: Stadt- oder Landkirche?
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Chronik der Vereine: der Paramenten-Verein in Frankreich
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https://doi.org/10.11588/diglit.18469#0012

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8

Unterscheidung von Stadt- und Landkirchen
protestiren und gegen alle daraus gezogenen
Consequenzen.

Wir können es daher nicht gerechtsertigt
finden, daß für „Landkirchen" die Dreischiffig-
keit nicht zu empfehlen, abgesonderte Devotio-
nalräume wentger oder gar nicht Bedürfniß
seyen, diese und jene Verschönerung unnöthig
sey u. s. w.

Es liegt in derartigen Aeußerungen eine
Degradation der Landkirchen, die zu Mißver-
ständniffen führen könnte, und die selbst einem
großen Mißverständntß entspringt, als ob
regelmäßig das „Land" für Herstellung und
Ausstattung seiner Kirchen wentger aufwen-
den wolle oder könne, als die Stadt.

Da es nun aber doch Nnterschiede gtbt, so
wird man zweckmäßiger eintheilen:
große Kirchen und kleine Kirchen,
arme und reiche Kirchen.

Chromk der Vereine.

Der Paramenten-Verein in Frankreich.

Der erste Paramentenverein ist der 1852
von M. de la Bouillerie, Generalvikar der
Pariser Dtözese, jetzt Bischof von Carcasonne,
gegründete Verein, „Werk der Tabernackel"
genannt. Sein Zweck ist, arme Landkirchen
mit anständigen Geräthen, Gewändern und
Linnen zu versehen. Aus dem Erträgniß von
Subscriptionen und Sammlungenschaffte man
die unentbehrlichsten Geräthe an, Kelche, Osten-
sorien, Reliquiarten, Leuchter, Kreuzwegs-
bilder. Die Frauen gingen noch weiter. Wie
sie fast überall ihre Morgenversammlungen
haben, um Kleider für die Armen eigenhän-
dig zu verfertigen, so fingen sie nun an alle
Ueberbleibsel der Toilette, Stücke Sammt,
Seide, Wolle, Damast u. dgl. zu sammeln,
auf stnnreiche Weise zusammenzustückeln und
daraus kirchliche Gewänder zu schaffen. So
suchten sie auch alte Mechelner und Alenxoner
Spitzen auf, um die Alben und Altartücher
zu besetzen.

Der Verein chat im Jahre 1852 ungefähr
3839 Francs eingenommen und an 60 Kir-
chen für 8346 Francs Gegenstände ausge-
theilt.

1853 stieg die Einnahme auf 9187 Frcs.
und 731 Kirchen erhielten Paramente im
Werth von über 18,000 Frcs.

Bis zum Jahre 1857 stieg die Zahl der
unterstützten Pfarreien aus 1278. Unter den
verschenkten Gegenständen sind 654 Kaseln,
165 Chorkappen, 156 heilige Gefäße.

Aus der hinreißenden Rede, die der Herr
Bischof von Orleans am 4. Februar 1858 vor
dem Vereine hielt, hat der Kirchenschmuck tm
III. Bande, Hest 5, S. 73 eintge Gedanken
wiedergegeben. Wir können uns nicht ent-
halten, eine andere Stelle nachzutragen, in
welcher der Redner den Einwurf zurückwetst,
man dürfe auf dte Kirche nicht viel verwen-
den, damit man die Armen mehr unterstützen
könne.

„Zhr sagt mir von den Armen, dte Jesu
Christo so theuer sind, sollen wir sie vernach-
läßigen? Nein, ihr werdet ihnen tmmer die
mitleidige Hand öffnen, aber dabei auch ntcht
unterlassen, diese Tempel zu erhalten, die
Christo und den Armen gehören. Derjenige,
für welchen ich euer Mitleiden anrufe, ist er
nicht der Vater der Armen? Sind nun die
Armen glücklicher und besser unterstützt, seit
seine Altäre verwüstet, seine Tabernackel ver-
lassen, seine Kirchen in Trümmern sind?

Und weiter, was ihr für die armen Land-
kirchen thut, thut ihr es nicht vor Allem sür
die Armen? Jst das nicht ihre wahre Zu-
fiuchtsstätte? Finden sie nicht hier Ruhe von
threnMühsalen, Trost für die Betrübniß ihres
Herzens, und Geduld, um so viele Uebel ohne
Klage zu leiden, und mit christlichem Muthe
des Tages Last und Hitze zu tragen?

Jst nicht die Kirche das Haus, der Palast
der Armen? Jn diesem Hause seines Gottes
findet er mit Freuden seine Adelstitel, seine
theuersten Erinnerungen, die Asche seiner Vä-
ter, den heiligen Brunnen, in dem seine Kin-
der getauft sind, den heiligen Tisch, wo sie
 
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