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Dengler, Georg [Hrsg.]
Kirchenschmuck: Sammlung von Vorlagen für kirchliche Stickereien, Holz- & Metallarbeiten & Glasmalereien — 6.1859

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Die Mariahilfkapelle zu Eichstätt
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https://doi.org/10.11588/diglit.18469#0093

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in der Nachbarschaft bauen. Bringen Sie ja doch
auch zu kleinen Kirchengeräthen Muster z. B. zu
Klingeln, Löschhörnchen, denn da bringen uns
unsre Akademiker Monstrosltäten. Und doch läßt
sich auch im Kleinsten der Geist der kirchlichen
Kunst, der Zweckmäßigkeit und Fonnenschönheit
verbindet, ganz gut aussprechen.

Die Mariahilstapelle zu EichM.

Unweit des durch seinen wunderthätigen Oelfluß
weltberühmten Benediktinerklosters der heil. Wal-
burga erhebt sich eine Mariakapelle, welche schon
von Außen durch die einfachcn gefälligen Formen
ihres schönen altdeutschen Chores — das Schiff
mit dem Thurme ward im dreißigjährigen Kriege
von den Schweden abgebrannt — das Jntereffe
des Kunstfreundes erregt. Wer dieses Kirchlein
noch vor wenig Wochen gesehen, wird es jetzt kauni
mehr zu erkennen vermögen. Jm Chvre prangen
jetzt in den niedlichen Spitzbogenftnstern statt der
früheren trüben und altersgrauen Scheiben drei
herrliche Glasgemälde — die beiden Seitenscnster
Teppichdesstns, das Mittelbild Maria mit dem
Gotteskinde darftellend — und an die Stelle des
srüheren geschmacklosen Renaiffancealtares ist jetzt
ein dem Style des Chores entsprechender Altar
getreten.

Von den Glasgemälden nimmt vor Allem das
Mittelfenster unsere Ausmerksamkeit in Anspruch.
Auf einem mit Lilien- und Rosenornamenten reich-
geschniückten Sockel erbaut sich über zwei aus dem
Oktogon aufsteigenden schlanken Säulchen eine
Nische, gekrönt mit einem im prachtvollen Style
des fünszehnten Jahrhunderts construirten Balda-
chin, der in einem geschweiften Bogen mit Fialen
und der symbolischen Kreuzblume sich abschließt.
Auch hier ist es wieder die sinnreiche Verschlin-
gung der Rosen- und Lilienornamentik und beson-
ders ihre wundervolle Farbenpracht, was dem Bilde
einen ungemeinen Reiz verleiht. Und erst das in
der Nische sich befindliche Marienbild! Wir können
uns unmöglich entscheiden, was unser Auge mehr
gesesselt hat; ob die edle erhabene Würde und die
liebevolle Zutraulichkeit der himmlischen Mutter,
oder die Unschuld und der unaussprechliche Liebreiz
des göttlichen Kindes. Die beiden andern Glas-
gemälde, ebenfalls nischenartig gehalten, mit far-
benprächtigen Consolen und Baldachinen, tragen
nur noch mehr zur Hebung des Mittelbildes bei,

da st'e nicht Zerstreuung begünstigend, durch Dar-
stellungen von Figuren das Auge des frvmmen Le- >
bens von dem Bilde U. L. F. ablenken.

Diese Glasgemälde wurden durch die milden
Gaben frvmmer Verehrer Mariens in der Glas-
malerei-Anstalt des Ludwig Mittermaier zu
Lauingen gefertigt, dessen ausgezeichnete Leistungen
auf diesem Gebiete der christlichen Kunst im höch-
sten Grade rühmende Anerkennung verdienen. Wer
des Meisters Werke zu besichtigen Gelegenheit hatte ,
—- wir verweisen nur auf die großartigen Chor-
fenster in der heil. Kreuzkirche zu Gmünd in Würt- >
temberg — der wird ihm gewiß seine gerechte lo-
bende Empfehlung nicht versagen können *.

Aber auch noch ein anderes Werk ist es, das in
dieser Liebfrauenkapelle unsere freudige Bewunde-
rung erregt hat — wir meinen den neuen Altar.
Einfach zwar in sciner Composition ist er in seinen
harmonischen Verhältnissen der würdige Abschluß
und die Krone der Restauration des Chores. lleber
der einfachen Mensa erhebt sich in der Naturfarbe
des Eichenhvlzes — nur die Füllungen, Hohlkehlen,
Bossen u. dgl. sind von Maler Gerhäuser mit
eben so vielem Fleiße als großem Geschicke polychro-
mirt. DerAltaraufsatz, dessen Seitentheile in zierlich
durchbrvchener Arbeit mit Fialen sich abschließen,
während der Mitteltheil, der den Ciborienschrein
in sich schließt, mit einem schönen Kreuze gekrönt
ist. Einen erhebenden Eindruck gewährt es, wenn
das mit rothem Damast ausgeschmückte in Form
eines Kirchleins erbauten Tabernaculum geöffnet
wird und auf der Jnnenseite der beiden Flügel-
thüren zwei liebliche Engel in demüthiger Stellung
das Allerheiligste anbeten.

Diesen niedlichen Altar, zu dem der Jntpec-
tor der Feuercommission, Hr. Beischlag, ein
Schüler Heideloffs, den Entwurf und die Delail-
zeichnungen lieferte, der auch die ganze Ober-
leitung der Restauration in der uneigennütz'gsten
Weise übernvmmen hatte, verscrtigte Kunstschrei-
ner Kohnle von Eichstätt. Die Reinheit und
Genauigkeit, womit selbst die kleinsten Details der
Verzierungen aus Eichenholz gestochen sind, würde
selbst einem renomirten Bildhaner Ehre machen.
Wir rufen daher dem Meister zu diesem „ersten
Versuche" ein herzliches „Glückauf!" entgegen,
und haben vollen Gcund, dem Freunde der Kunst
Glück zu wünschen, der dem jungen Meister Gele-
genheit gibt, seine Geschicklichkeit auch in weitern
Kreisen anwenden zu können.

So steht nun diese liebliche Marienkapelle wie-
der in verjüngter Schönheit da ; cin neues Zeug-
niß ablegend von der kindlichen Pietät der Bewoh-
ner unseres schönen Altmühlthales zur mackellosen
Himmelskönigin.

* Die Redaktion anerkennt gern, daß das zweite
der von Hrn. Mittermaier nach Schwäbisch-Gmünd
gelieferten Fenster gegenüber dem ersten schöne
Fortschritte zeigt.
 
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