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Dengler, Georg [Hrsg.]
Kirchenschmuck: Sammlung von Vorlagen für kirchliche Stickereien, Holz- & Metallarbeiten & Glasmalereien — 6.1859

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8. Heft
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Verwendung und Behandlung der Eisens, [1]
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Erklärung der Zeichnungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.18469#0033

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lung noch weit unbrauchbarer, da es die
Eigmschaft verliert, die man eben in den
eisernen Gerälhen sucht, die Zähigkeit. Man
kann einen feinen Guß muchen, etwa auch
nach einem schönen Modell. Aber je seiner
er ist, desto leichter bricht er in Stücke, und
dann ist er nicht, wie jeder andere Stofs, aus-
zubessern, sondern — altes Eisen und zum
Ofen verurtheilt.

Nicht einmal Eisen sür Eisen können wir
brauchen, so streng ist die Regel, jedem Stoff
die ihm gebührende Behandlung zu lassen.

Wie schöne, feingegliederte, geschmeidige
und dabei dauerhafte Arbeiten von Schmied-
eisen hat uns das kunstvolle mittelalterliche
Handwerk hinterlassen, z. B. in Leuchtern,
Arm- und Kronleuchtern, Lichtrechen, Chor-
gittern, Tabernakelthürchen. Jn manchen der-
selben kommt es der feineren Bildsamkeit edler
Metalle nahe. Welch großer Unterschied ist
zwischen diesem Eisen und dem rauhen, im
industriellen Hochmuth sich spreizenden Guß-
eisen. Ein gußeisernes Chorgitter, und hätte
es die schönsten gothtschen Nasen, was ist es
gegen ein von Hand geschmiedetes! Wie wenn
ein Bär mit seinen plumpen Tatzen auf's
Piano schlüge. Wo es aber fein auftreten
will, da geht der Bär und nicht das Klavier
zu Schanden, d. h. fein gegossenes Eisen ist
zerbrechlicher als Holz, und schlechter als
Thon.

Daher erheben wir dringend den warnen-
den Ruf an unsere Freunde: Hütet euch vor
dem Gußeisen. Laßt es den Sparöfen, den
Maschinen über, aber laßt es nicht in die
Kirchen. Laßt euch keine gußetsernen Leuchter,
Gitter, Gefäße u. a. Geräthe aufschwatzen.
Kauft keine gußeisernen Bilder, Reliefs, Rah-
men u. drgl. Lieber das geringste Zeug vom
Töpfer.

Baumwolle und Gußeisen, die Herren der
gegenwärtigen Welt. Nicht nur in der Börse
und in Zollvereinen führen sie das große
Wort, sondern auch im Rath der Feldherrn
und Diplomaten wkssen ste ihr Gewicht gel-
tend zu machen. Kein Wunder, daß sie auch

nach dem Heiligthum der Kirche und der Kunst
ihre langenFinger ausstrecken. Lassen wir ste
nicht hinein.

Dieß ist die erste Verkehrtheit, von welcher
wir reden wollten. Sie besteht darin, daß
man dem Eisen Verrichtungen und Formen
anweist, die ihm nicht gebühren.

Das Eisen hat aber auch eine Bestimmung
und eine würdige Stelle im Kunsttempel,
welche man ihm nicht mehr anweisen will,
welche aber wir, mit Hülfe des braven Hand-
werks ihm erringen möchten.

Hievon im Folgenden.

Erklärung der Zeichnungen.

Beilage i.

lVr«. 1. Aurifrisia in Kreuzesform zu
einer Kasula.

Dieses Kreuz ist eine Fortsetzung der von
Band V, Heft 3 an begonnenen Mittheilun-
gen eines vollständigen Meßornats sKapelle).

1. d. ergänzt den Kreuzesbalken.

Um den Langbalken zu ergänzen, setzt man
bei ä s (unten) das Stück

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noch einmal oder anderthalbmal an.

Die Stickerei führt stch am saubersten aus,
wenn der Rahmen so lang und breit ist, daß
das ganze Kreuz darin Platz hat. Soust wäre
man genöthigt, eiuige Siücke später anzufü-
gen oder einen Theil des Grundstoffs nach
dem andern in den Rahmen zu spannen, was
Beides zum Nachtheile der Arbeit ausschla-
gen müßre.

Nehmen wir also an, die Stickerin habe
einen Rahmen gerade so groß, als die Größe
der Srickerei es erfordert, im Nothfalle thuns
vier übereinander geplattete Latten.

Nun wird grobe Leinwand darüber ge-
spannt und über diese der Seidenstoff, der den
Grundstoff des Kreuzes bilden soll. Wir wäh-
len, beispielshalber, einen violetten oder hell-
blauen Grundstoff, wie wir dieses schon bei
der Stola gethan haben. Die linnene Unter-
lage hat bekanntlich den Zweck , der Stickerei
eine größere Festigkeit und Glätte zu sichern.
Ein Seidenstoff mag so stark seyn als er wolle,
so wird er, von einer Unzahl von Stichen
durchbohrt, die alle auf sein Gewebe einigen
Druck ausüben, sobald er vom Rahmen ab-
 
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