89
stin, zu Wege bringen könnte. Bis Herbst
wollte er hunderttausend Goldgulden zu ge-
wiffen mildthatigen Zwecken sammeln, haupt-
sächlich um solche damit zu unlerstützen und
zu beglücken, welche gerade nichtö dergleichen
erwaneten. Bereits haite er eine große Summe
bei einander, als der Tod ihn überraschte
(ch 1559) und das edle Vorhaben vereüelre.
Eill noch mlbeklmntes bischöfliches
Rationale.
Bekanntlich hatte der Hohepriester des alten
Bundes bei der Feier des Gottesdienstes auch
ein prachrvolles Gewand, das die Schrifl
Ephod nennt, und über dessen Stoffund Form
das Buch Grodus ausführliche Borschriften
enthälr. Cs war bestimmt, den Oberleib und
die beideu Schultern zu bedecken, und war aus
Purpur, Linnen und Gold gewebt. Tie bei-
den Lheile, welche die Schultern zierren, hat-
len die runde Form und rvaren mit Sardouir-
steinen gezierr, auf welchen die Namen der
zwölf Stämme Jsraels eingegraben waren.
(Vgl. die geuaue Schilderung in Vvcks Ge-
schichte der liturg. Gewänder. III. Lies. S.
364 u. ff.) Zn den kirchltchen Kleidern des
neuen Bundes hat man nun srühzeiiig auch
Rücksicht genommen aus die Gewaudung des
alttestamentlichen Priesters. Wie das Prie-
Prthunr des alten Bundes eine Lorbedeu-
tung des neuen war, so konnten die Gewän-
der der alten Zeit, die so liefsinnig in Form
und Schmuck und von Gott stlbst angeordnel
waren, auch von den Priestern der neuen
Kirche benützt werden, indem ihre Bedeutung
jetzt auf das auserwählie Volk der in Christo
Erlösten überging. So kann es uns nicht
wundern, daß auch dieses tiefsinnige Pracht-
gewand, das Ephod, im Mittelalter wieder
aufgenommen und von manchen Bischöfen in
Folge eines besondern päpstlichen Privilegiums
getragen wurde, weil sie sich als wahre Väter
und Hohepriester ihrer Sprengel bewiesen.
So trugen in Deutschland dieses herrliche
Schulterkleid, das man Rationale nannte, in
Erinnerung an das Ko§ion, an den weisheit-
gebenden Brustschild des Hohenpriesters der
Juden, die Bischöfe von Lütlich, Paderborn,
Eichstädt und Regensburg. Ein solches Ra--
tionale hinterließ in Regensburg Bischof Ber-
thold, der früher Bischof von Eichstädt ge-
wesen war. Dieses herrliche Parament ist
noch im Domschatze zu Regensburg erhalten,
und rürzlich von vr. Bock in der Geschichte
der liturgischen Gewänder (III. Lief.) in Ab-
bildung mitgerheilt worden. Ein ganz ähn-
liches Rationale aus gleicher Zeit uud viel-
leicht von gleicher Hand wird noch in einem ^
altbayerischen Schlosse aufbewahrt, nämlich
in Tißling bei Mühldors. Es ist ganz
unversehrr und weit besser erhalten, weil es
wohl seit 200 Jahren ganz unbeachtet lag.
Nur die Glöcklein am Saume fehlen. Wegen
der hohen Seltenheit eines solchen Paramen-
tes sey mir erlaubt, eine nähere Schilderung
des neu aufgefundenen Rationale zu geben.
Der Fond des Ganzen ist Gold, das aber
nicht durch Gewebe, sondern durch aufgelegte
Goldfäden hergestellt ist. An der Vorder-und
Rückseite sind unter silbernen Rundbogen-
nischen übereinander die Brnftbilder der zwölf
Apostel gestickt. Diese Nischen bilden die Ein-
fassung des Ganzen, wie bei dem Rationale
zu Regensburg. Die Stickereien an den Mit-
telrheilen und den Schulterschilden sind aber
etwas verschieden. An der Vorderseite er-
blicken wir Gott den Vater, unterhalb das
Lamm, umgeben von den Emblemen der
Evangelisten und Engeln, die Spruchbänder
tragen, auf denen Lobpreisungen des Lammes
aus der geheimen Offenbarung stehen. Auf
der Rückseite erbaut sich das himmlische Jeru-
salem, ein Tempel mit vielen Dächern oder
Gezelten. Jm Jnnern sitzt Christus in aller
Majestät. Sein Brustband sagt: si 0.
Unterhalb sind zur Seite anbetende Heilige
angebracht, in Mitte aber steht Maria, wel-
cher untenknieende Menschen zwei Zettel an-
bieten mit den Worten: Nariu und clo-
miuus teoum. Zur Rechten steht JohanneS
1L
Kirchmschmuck. 18öv. XU.
stin, zu Wege bringen könnte. Bis Herbst
wollte er hunderttausend Goldgulden zu ge-
wiffen mildthatigen Zwecken sammeln, haupt-
sächlich um solche damit zu unlerstützen und
zu beglücken, welche gerade nichtö dergleichen
erwaneten. Bereits haite er eine große Summe
bei einander, als der Tod ihn überraschte
(ch 1559) und das edle Vorhaben vereüelre.
Eill noch mlbeklmntes bischöfliches
Rationale.
Bekanntlich hatte der Hohepriester des alten
Bundes bei der Feier des Gottesdienstes auch
ein prachrvolles Gewand, das die Schrifl
Ephod nennt, und über dessen Stoffund Form
das Buch Grodus ausführliche Borschriften
enthälr. Cs war bestimmt, den Oberleib und
die beideu Schultern zu bedecken, und war aus
Purpur, Linnen und Gold gewebt. Tie bei-
den Lheile, welche die Schultern zierren, hat-
len die runde Form und rvaren mit Sardouir-
steinen gezierr, auf welchen die Namen der
zwölf Stämme Jsraels eingegraben waren.
(Vgl. die geuaue Schilderung in Vvcks Ge-
schichte der liturg. Gewänder. III. Lies. S.
364 u. ff.) Zn den kirchltchen Kleidern des
neuen Bundes hat man nun srühzeiiig auch
Rücksicht genommen aus die Gewaudung des
alttestamentlichen Priesters. Wie das Prie-
Prthunr des alten Bundes eine Lorbedeu-
tung des neuen war, so konnten die Gewän-
der der alten Zeit, die so liefsinnig in Form
und Schmuck und von Gott stlbst angeordnel
waren, auch von den Priestern der neuen
Kirche benützt werden, indem ihre Bedeutung
jetzt auf das auserwählie Volk der in Christo
Erlösten überging. So kann es uns nicht
wundern, daß auch dieses tiefsinnige Pracht-
gewand, das Ephod, im Mittelalter wieder
aufgenommen und von manchen Bischöfen in
Folge eines besondern päpstlichen Privilegiums
getragen wurde, weil sie sich als wahre Väter
und Hohepriester ihrer Sprengel bewiesen.
So trugen in Deutschland dieses herrliche
Schulterkleid, das man Rationale nannte, in
Erinnerung an das Ko§ion, an den weisheit-
gebenden Brustschild des Hohenpriesters der
Juden, die Bischöfe von Lütlich, Paderborn,
Eichstädt und Regensburg. Ein solches Ra--
tionale hinterließ in Regensburg Bischof Ber-
thold, der früher Bischof von Eichstädt ge-
wesen war. Dieses herrliche Parament ist
noch im Domschatze zu Regensburg erhalten,
und rürzlich von vr. Bock in der Geschichte
der liturgischen Gewänder (III. Lief.) in Ab-
bildung mitgerheilt worden. Ein ganz ähn-
liches Rationale aus gleicher Zeit uud viel-
leicht von gleicher Hand wird noch in einem ^
altbayerischen Schlosse aufbewahrt, nämlich
in Tißling bei Mühldors. Es ist ganz
unversehrr und weit besser erhalten, weil es
wohl seit 200 Jahren ganz unbeachtet lag.
Nur die Glöcklein am Saume fehlen. Wegen
der hohen Seltenheit eines solchen Paramen-
tes sey mir erlaubt, eine nähere Schilderung
des neu aufgefundenen Rationale zu geben.
Der Fond des Ganzen ist Gold, das aber
nicht durch Gewebe, sondern durch aufgelegte
Goldfäden hergestellt ist. An der Vorder-und
Rückseite sind unter silbernen Rundbogen-
nischen übereinander die Brnftbilder der zwölf
Apostel gestickt. Diese Nischen bilden die Ein-
fassung des Ganzen, wie bei dem Rationale
zu Regensburg. Die Stickereien an den Mit-
telrheilen und den Schulterschilden sind aber
etwas verschieden. An der Vorderseite er-
blicken wir Gott den Vater, unterhalb das
Lamm, umgeben von den Emblemen der
Evangelisten und Engeln, die Spruchbänder
tragen, auf denen Lobpreisungen des Lammes
aus der geheimen Offenbarung stehen. Auf
der Rückseite erbaut sich das himmlische Jeru-
salem, ein Tempel mit vielen Dächern oder
Gezelten. Jm Jnnern sitzt Christus in aller
Majestät. Sein Brustband sagt: si 0.
Unterhalb sind zur Seite anbetende Heilige
angebracht, in Mitte aber steht Maria, wel-
cher untenknieende Menschen zwei Zettel an-
bieten mit den Worten: Nariu und clo-
miuus teoum. Zur Rechten steht JohanneS
1L
Kirchmschmuck. 18öv. XU.