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Dengler, Georg [Hrsg.]
Kirchenschmuck: Sammlung von Vorlagen für kirchliche Stickereien, Holz- & Metallarbeiten & Glasmalereien — 6.1859

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12. Heft
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Sighart, Joachim: Ein noch unbekanntes bischöfliches Rationale
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Der alte Kirchenschatz des Münsters zu Bern
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https://doi.org/10.11588/diglit.18469#0105

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90

der Seher von Pathmos, entzückt über diese
Gesichte.

An den Schulterschilden steht in Mitte
eines Medaillons einerseits Joachim und Anna
sich umfangend, andererseiis Mariä Besuch
bei Elisabelh. Mir scheint wenigstens diese
Deulung nröglich zu seyn, während vr. Bock
diese nur für allegorische Figuren hält zur
Versinnlichung der Aussprüche: L-Iiserworöiu
et veritus odviaverunt 8idi und veritU8 et
pux oseuluta.6 8unt. Beide Darstellungen stnd
aber umgeben durch die zwölf Brustbilder der
Söhne Jakobs, der Repräsenranten des aus-
erwählten Volkes.

Das ist also das Btldwerk dieses köstlichen
Superhumerales eines Bischofes. Der Zu-
sammenhang scheint der zu seyn, daß oben an
den Schultern der alte Bund in den zwölf
Slämmen vertreten ist, während in den Sti-
ckereien der Vorder- und Rückseite die Kirche
der Zeit und der Ewigkeit dargestellt zu scyn
scheint, wie sie in der geheimen Offenbarung
geschiltert wird.

Alle Figuren sind aber trefflich im Platt-
stich ausgeführt, das Ganze macht durch Far-
benwahl, Composilion und Gefühl einen höchst
wohlihuenden Eindruck. Es muß dieses Ra-
tionale entschieden als eines der merkwürdig-
sten erhaltenen Paramente der romanischen
Zeit betrachtet werden. Denn ohne Zweifel
stammt es aus dem Anfang des IZ.Jahrhun-
derts. Was die Geschichte dieses heiligen Ge-
wandes betrifft, so wissen wir nur, daß es
aus Regensburg stammt. Das Schloß Tiß-
ling war im Besitz der Grafen von Warten-
berg, aus deren Mitte ein Sprößling auf den
bijchöflichen Stuhl von Regensburg erhoben
wurde, nämlich Bischof Franz Wilhelm, der
vom Jahr 1649—1661 regierte. Aus dessen
Besitz und Erbschaft kam dieses Rationale
hieher. Wie er dazu gelangt, können wir
nicht angeben. Jedenfalls ist es nicht eine
Arbeit des 17. Jahrhunderts, da damals die
Kunst des Stickens solcher Leistungen nicht
mehr fähig war. Wahrscheinlich hat er dieses
heilige Prachtgewand, das doppelt vorhanden

war, aus dem Domschatze sich angeeignet,
etwa bei der Gelegenheit, als er den goldge-
wirkten Ornat der Domkirche schenkte, den
man bezeichnend das Goldstück nannte und
noch in Regensburg zeigt.

Jetzt ist diese Perle der mittelalterlichen
Stickerei serne den Straßen der Welt, fast
von Niemand gekannt und geschätzt, ste trägt
nur den Titel einer sehr alten Stola!

Or. ll. 8.

Der alte Kirchenschatz des Münjters
zs Dern.

Der „Kirchenschmuck" berichtete in seinem
IV. Bande, S.30 von werthvollen Paramen-
ten, welche einst in dem Münsier von Bern
vorhanden waren. Da jener alte Schatz für
die Kunstgeschichte von Jnteresse ist, so wol-
len wir jetzt das ganze Verzeichniß hier mit-
theilen, wovon die früher beigebrachte Kunst-
notiz einen Theil bildet.

„Volgt hernach das heltum und Priester-
schast sampt dem Jnkhomen der gestift Bern
in Uechtland in sanct Vinsentzen Münster.

Erstlich sanct Vinsentzen haupt ingefasset
in ein Brustwerk, 500 lod luters gold, daran
ein unsägliches Edelgesteinwerk; ist geschetz
ongever in thusend doplct duggaten.

Zum enderen ein Monstrantz 332 lod dür-
kisch golds, daruff ein dürkis; ward für gewiß
300 kronen geschetz.

Zum dritten ein Mariabild, zwo Ellen
hoch, luter sylber, an gewicht 80 Pfund; ein
guldin kron daruff sampt etlichen Edelge-
steinen; an schatzung 900 Kronen, one das
Bild.

Jtem ein guldiner sarch, darin heltum*
vom hl. Crütz rc. — der sarch ward geschetz in
die anderthalb dusend daler.

Jtem ein anderer Sarch von sylber und
Edelgestein, darin meer dan 300 stuck hel-
tums; an gewicht 190 Pfund, blos sylber
one stein.

* — Heiligthum, Reliquie rc. (?)
 
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