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Dengler, Georg [Hrsg.]
Kirchenschmuck: Sammlung von Vorlagen für kirchliche Stickereien, Holz- & Metallarbeiten & Glasmalereien — 6.1859

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https://doi.org/10.11588/diglit.18469#0038

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geftickten, stvlisirten Blumen. Jn einer Nebcn-
kapelle, die sonst freilich sehr verzopft ist, findet sich
ein sehr schönes altcs Antipendium, in Bild-
stickerei, die Geburt Christi darstellend, es ist am
Altare, auf dem eine Reliquie vom seligen Niko-
laus von der Flue aufbewahrt wird; den Fußtritt
desselben zieren überdieß noch zwei prachtvolle
messingene gothische Candelaber, rund mit kräfti-
ger Profilirung.

Jn der sog. Jesuitenkirche wurde mir wenig-
stens noch eine schöne alte Albe gezeigt, die unten
dreioiertel Ellen brcit in ganz fein durchbrochener
Arbeit ein schönes Würfelornament trägt.

Jn der Hofkirche, mit der ein Chorherrnstift ver-
bunden ist, und von deren alter Herrlichkeit die zwei
prächtigen gothischen Thürme nvch Zeugniß ab-
legen, da sie selbst abgebrannt und nur in verquick-
tem romanischem Style wieder aufgebaut worden,
wurde ich überrascht durch ein altgothisches Kru-
zifir aus Silber, dann noch mehr durch ein sehr
altesMeßgewand von weitesterForm, aufdessen
Kreuz ein Drache gestickt ist, woran sich die Sage
knüpft, daß der Stifter von eincm ähnlichen Unge-
thüm wunderbar gerettet worden; wichtiger aber
war mir noch ein Meßgewand, zwar schon etwas
zurückgeschnittener Fvrm, aber dvch mit Bildsticke-
reien in dem Kreuzbalken verziert, die, obgleich
das Gewand selbft nicht mehr gebraucht werden
kann, doch noch gut erhalten sind.

Jn Einsiedeln fand ich weniger als ich erwartete,
unter dem svnst so reichen Paramentenschatz des
Stistcs. Doch lvhnen den Besuch desselben einige
interessante Alterthümer. Ein goldener Kelch aus
der Uebergangszeit hat nvch die kleine Dimension
der gothischen Kelche, aber oben schon verengert und
mit verdorbenen Formen; svnst scheint von Ge-
fäßen, Kruzifiren u. s. w. gar nichts Altes mehr
vvrhanden zu scyn, da wohl die Renaissance hier
volle Herrschaft geübt, womit die neueste Restau-
ration der Kirche übereinstimmt. Mehr fesselte
meine Aufmerksamkeit eine sehr alte Albe aus
feinster Leinwand, in welche durch's ganze Gewand
feine Goldblümlein eingestickt sind; den untern
Saum bildet ein Gold- und Seidenfadengewebe in
stylisirten Blumen, auf die Leinwand aufgelegt,
etwa eine halbe Elle breit; auch Reste vvn Spi-
tzen, aus weißen Linnenlitzen zu ähnlichen Blu-
men zusammengeklöppelt oder genäht, lagen ne-
benan. Das Schönste aber ist ein Meßgewand,
zwar auch in sog. römischer Form, aber ungemein

lang und breit, so daß es dem größten Priester bis
an die Knöcheln reichen muß; das Kreuz euthält
fvlgende Bildstickereien: oben Gott der Vater, der
die Hände über das Kreuz ausbreitet, in der Mitte
Christus am Kreuze, rechts die schmerzhafte Mut-
ter, liuks Johanues und unten eine Apvstelgruppe.
Ein anderes Meßgewand hat noch die älteste mit-
telalterliche Form, aber wenigerBildstickereien; der
Hvchw. Bischvf von Marseille habe bei einem Be-
such sich dieß zur Lesung der heil. Messe besonders
ansgebcten. Endlich ist ein ganzer Ornat in blauer
Farbe vorhanden, der einen ziemlich weiten und
langen Schnitt hat und dessen Dessin dem der
neuen Creselder Stosfe ähnlich ist. Letztere dürften
einer genauen Beschreibung füglich werth erfun-
den werden.

Berichtigung.

Jm vierten Bande des „Kirchenschmucks" S.43
wurde ein Evangelistarium — Plenarium* — be-
schrieben, welches die Aebtissin Agnes, deren Ne-
gierung in das Ende des 12. Jahrhunderts fällt,
selbst geschrieben haben svll.

Jene Beschreibung war, wie wir beigefügt, ser
„Abhandlung von den schätzbaren Alterthümern zu
Quedlinburg von Wallmann" S. 101 entnommen.

Kugler sah dieses schöne Evangelistarium eben-
falls zu Ouedlinburg, berichtigt aber in seinen
„kleinen Schriften und Studien zur Kunstgeschichte"
Bv. I, S. 626 f., die schon zur Zeit Kettners
(des Vcrfassers der Xntiguitutss Husälinbui-Aöiises
1712) herrschende, vou Wallmann unbedingt accep-
tirte Ansicht, daß die genannte Aebtissin Agnes die
Schreiberin dieses Plenariums sey.

Der Charakter der Schrift nämlich, die zierlich
gemalten blumigen Arabesken der Jnitialen, svwic
der Styl, in dem die Arbeiten auf dem vorderen
Deckel ausgeführt sind, deuten auf den Schluß des
15. Jahrhunderts hin. Mit dieser Annahme Küg-
lers steht die beigeschriebene Jahrzahl NVLXI11.
nnd die Jnschrift: 8ub Lnursutio xrsposito . .. im
Einklang. Da wir nun wissen, daß Lanrentius
Gobingk im Jahre 1515 Probst des Klvsters Wi-
perti war, und hiemit die Jahreszahl 1513 nicht
im Widerspruch steht, so ist dieses Buch ohne allen
Zweifel alS das Evangelienbuch jenes Klosters vom
Jahre 1513 anzusehen.

Die vielbelvbte Aebtissin geht somit der ihr zu-
gedachten Ehre verlustig.

* Bd. IV, S. 43 ist zu lesen: Plenarium statt
Plumarium.
 
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