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Dengler, Georg [Hrsg.]
Kirchenschmuck: Sammlung von Vorlagen für kirchliche Stickereien, Holz- & Metallarbeiten & Glasmalereien — 6.1859

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8. Heft
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Restaurations-Mißgriffe: nebst einer Stimme aus Frankreich
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Gebrauch der gothischen Schrift
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https://doi.org/10.11588/diglit.18469#0028

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Maurillus, dte vom hetl. Mauriz anbringen
läßt, dte nun zur ganzen Umgebung nicht
! paßt. Da darf Niemand sich widersetzen, und
der Verfasser hat einen Architekten, indem er
mit der möglich größten Selbstzufriedenheit
! von „seiner" Cathedrale sprach, sagen hören,
i er habe weder nach dem Bischof noch nach
dem Kapitel zu fragen, sondern nach dem Mi-
nister allein.

Der nämliche hatte 7000 Franken bekom-
mcn sür einige Unterhaltungsarbeiten an „sei-
ner" Cathedrale. Sie wurden verschleudert.

Er konnte damit das Schieferdach ansbes-
sern, dessen Schadhaftigkeit das Schifs unter
Wasser setzt. Er konnte die Glasgemälde aus
denr 18. Jahrhundert ausbessern. Er zog es
vor, weiße Gläser einzusetzen, bis eine neue
Geldanweisnng käme, die bet 7000 Franken
nicht nöthig war. Jn der Stadt selbst ist aber
ein Künstler, der tn fünfJahren die nnschönen
! Lücken geschmackvoll und billig hätte ergän-
zen können.

An diese Klagen reihen sich andere in Be-
treff d§r Verletznng des religiösen Gefühls,
welche mehr den untergeordneten Werkleuten
als den Banmeistern selbst zur Last fallen.

Das Arbeiterpersonal bemächtigt sich der-
gestalt der heiligen Räume, daß Bischof, Ka-
pitel und Pfarrer auf ihre Rechte verzichten
müssen. Mit Kalk, Sand, Mörtel, Steinen
Holztrümmern sind die Sckiffe angefüllt, die
Sakristeien gesperrt, Taufbecken und selbst
Chor nnd Altar überschütiet. Alles ärger-
liche Getüminel einer Werkstätte erfüllt den
Platz; trotz den wentgen Abmahnungen, die
die kirchliche Behörde vielleicht von den Bau-
führern zehnten Rangs erpreßte, hallen die
Gewölbe von Pfeifen, Singen, unsanbern
Scherzen wider; und das sogar während des
heiligen Opfers. Ein Unfug, der nicht zu
entschuldigen ist, dauerte er auch nur wenige
Tage; wie betrübend erst, wenn er Monate
und Jahre lang währt. Selbst die Unterbre-
chung der Arbeiten, die zeitweilig wieder ein-
tritt, hat nur zur Folge, daß die Unordnung
noch länger hinausgezogen wird.

Da muß die Kirche doch die oktroirte Wohl-
that theuer bezahlen. Bei der Sorgfalt für
ein historisches Denkmal sollte man doch den
Respekt vor dem religiösen Denkmal nicht
außer Acht lassen.

So lautet die Stimme aus Frankreich. Jn-
dem wir sie mittheilen, dürfen wir nicht ver-
schweigen, daß der Verfasser das Daseyn ehren-
voller persönlicher Ausnahmen bestätigt.

Wir aber können aus diesen Schilderungen
gar Manches lernen. Oeffentliche Anstalten
für Erhalnmg der Baudenkmale oder Beauf-
sichtigung der Restaurationsarbeiten haben wir
noch nicht, aber Beispiele genug von Verwahr-
losung, die die werthvollsten Reste ehrwürdi-
ger Zeit vollends zerfallen läßt, sowie von
Restaurationen, die schlimmer sind als Nichts-
thun.

Gebrauch der gothischen Schrist.

Die gothische Schrist, in welcher die lttur-
gischen Bücher, Missale, Brevier, PoMifi-
cale u. s. w. die ganze Zeit des Mittelalters
hindurch geschrieben wurden, blieb auch nach
Erfindung der Buchdruckerkunst noch längere
Zeit — wenigstens außerhalb Jtaliens —
ausschließlich bei der Liturgie im Gebrauche.
Jn Jtalien dagegen erschien alsbald auch der
römische Charaktcr in den auf die Liturgie
bezüglichen Erzeugnissm der Presse, und im
Jahr 1470 führten Ulrich Gering und seine
Genossen, Michael Freiburger und Martin
Kranz denselben sogar in Frankreich ein. Zwar
drängte schon wicder im Jahr 1482 eine zu
Gunsten des Gothischen erfolgte Reaktton
die römische Schrift viclfach zurück; in-
dessen Jodok Bade, obwohl er nach Bedars
auch in gothischer Schrift druckte, hielt den
Gebrauch des Römischen wenigstens in Paris
anfrecht. Jhm gesellten sich Simon de Coli-
nes, Robert Stephanus und Michael de Vas-
cosan bei, durch deren Bemühungen der römi-
sche Charakter endlich die Oberhand gewann.
Nur allein die Liturgie hielt in ihren Büchern
noch lange Zeit fest an jenem eckigen (gothi-
 
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