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Dengler, Georg [Hrsg.]
Kirchenschmuck: Sammlung von Vorlagen für kirchliche Stickereien, Holz- & Metallarbeiten & Glasmalereien — 6.1859

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10. Heft
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Weihrauchgefäße
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Disposition der Kirchen,[2]: Styl oder nicht?
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Ueber Gewölbemalerei
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https://doi.org/10.11588/diglit.18469#0065

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54

Ein Schiffchen im Museum von Rodez hat
auf den zwei Deckeln je einen großen Kreis
von grünlichem Email mit blauem Grund.
Jn diesen Kreisen sind Engel, getrieben und
garnirt, die aus Wolken von Email hervor-
schweben.

Der Grund des Ganzen ist auch blau, mit
einem weißen Streifen eingefaßt. Sämmtliche
Emaillen sind mit Fäden von Metall eingefaßt.

Die Engelsfiguren scheinen sehr gut am
Platze zu seyn, wenn man sich der Vision des
heil. Johannes erinnert, in welcher die Engel
den Weihrauch vor dem Throne Gottes aus
goldenen Schalen und Rauchfässern ausgießen.

Von dem Zirkel, innerhalb welches die
Engel stehen, gehen in die drei übrkg bleiben-
den Ecken des Halbovals Ranken aus, die in
dem traditionellen romanischen Laubwerk en-
digen.

Auch der Bauch dieses Schiffchens ist mit
emaillirter und erhabener Arbeit bedeckt. Pa-
rallele Streifen oder Bänder ziehen sich vom
Rande an um denselben und zeigen abwechselnd
zickzackförmige quadratische und wellenlinige
Ornamente.

Ein anderes Schiffchen enthält in den drei
Ecken jeden Deckcls drei Rosetten von weißem
Email in einem Kreis mit hellblauem Grunde.
Der ganze Fond des Deckels ist dunkelblau.
Zwischen den genannten drei Zirkeln, auf der
Mitte des Deckels ist ein vierter, vermuthlich
für einen Knopf bestimmt. oder für einen
Drachen, welcher bei vielen alten Schiffchen
vorkommt, wie auch bei dem auf dem Muster-
bogcn di-eses Heftes, Xro. 3. 4. 7.

Die Zwischenräume zwischen den vier Zir-
keln si'nd mit romanischen Blättern ausge-
füllt.

Eines der schönsten alten Schiffchen, das
zugleich auch leicht nachzubilden ist, haben wir
in der öfters erwähnten blro. 3—7 auf dem
Musterbogen des gegenwärtigen Heftes mit-
getheilt.

Neber Gewölbemalerei.

Ehe man von der Ausmalung der Gewölbe
spricht, sollte eigentlich das Nöthige über die
monumentale Malerei überhaupt gesagt seyn,
von welcher jene nur einen Theil bildet.

Wir werden uns dieser Aufgabe nicht ent-
ziehen, dte eine der dringendsten im Gebiete
der Kunst und ihrer gesunden Erneuerung ist.
Aber Gründe mancherlei Art veranlassen uns,
dießmal die Ordnung umzukehren, und das
Besondere vor dem Allgemeincn zur Sprache
zu bringen. Die Kunstthätigkeit der neueren
ZeithatdiesenGangauch eingeschlagen. Denn,
während noch ganz selten ein Versuch zur
Ausschmückung einer Kirche mit Wandmale-
reien gemacht wird, sind schon eine Menge
Pinsel in Bewegung, um die Gewölbe alter,
kostbarer Monumente nach Wissen und Kräf-
ten zu verschönern. Leider, daß diese Versuche
meistens unglücklich ausfallen, und zu einem
Schaden sühren, der in langen Jahren nicht
wieder ausgemerzt werden kann.

Warum geht man für diesen wichtigen Ge-
genstand nicht in die rechte Schule, nämlich zu
den alten Baumeistern und Malern selbst?

Bei jeder Restauration eines Monumental-
baues, der in einem charakteristischen Stvle
gehalten ist, anerkennt man die Pflicht, sich
genau an den Gedanken des Ersinders, und
an consequente Durchführung des Styls zu
halten. Warum soll diese Regel für das Ge-
wölbe allein nicht gelten, das in der Baukunst
die höchste Stufe des Fortschritts repräsentirt,
und daher nicht verdient, in der Ornamentik je-
derGeschmackswillkür preisgegeben zu werden?

Da fiel es einmal so einem Neu-Symboliker
ein, so zu schließen: das Gewölbe ist etn Sinn-
bild des Himmels, folglich muß man es dem
Firmamente ähnlich zu machen suchen, wel-
ches blau und mir schimmernden Sternen ge-
schmückt ist. Diesem unumstößlichen Schluß
zufolge kauft man sich einen Centner Jndigo,
oder Pariserblau, und läßt sich die schwersten
Kosten nicht gereuen, um die Farbe an die er-
habenen Gewölbe zu bringen.
 
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