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Dengler, Georg [Hrsg.]
Kirchenschmuck: Sammlung von Vorlagen für kirchliche Stickereien, Holz- & Metallarbeiten & Glasmalereien — 6.1859

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10. Heft
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Disposition der Kirchen,[2]: Styl oder nicht?
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Ueber die Darstellung der heil. Jungfrau mit dem Evangelienbuche
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Erklärung der Zeichnungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.18469#0072

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Maria mit dem Evangelienbuche dar-
geftellt ist.

Endlich wurde auf der letzten Generalver-
sammlungdesRoLtenburgerDiözesankunftver-
eins ;u Biberach von einem Bilde gesprochen,
das ftch in einer Kavelle Oberschwabens befin-
det und Maria mit dem Jesuskinde nebft ge-
öftnetem Buche in der Rechten darstellt.

Der Verichterstatter gab die Beschreibung
in der Abstcht, um von der Versammlung
Aufschluß über den Grund dieser Darstellung
zu erlangen. Eine Erklärung faßte das Evan-
gelienbuch als symbolische Darstellung des
menschgewordenen Logos oder Wortes Gottes,
und stellte die dem Evangelienbuche noch heute
erwiesene Ehre der Jncensation in Parallele
mit der genannten Darftellung. Mit Recht
wurde eingewendet, daß, da das fleischgewor-
dene Wort Gottes bei allen diesen Bildern in
Wirklichkeit dargestellt sey, das Symbol kei-
nen Sinn mehr habe.

Jn Berücksichtigung des Umstandes, daß
die in Frage stehende Darstellung ursprüng-
lich besonders bei der Anbetung der heil. drei
Könige stch stndet, empfahl sich der von einem
Tbeilnehmer der Versammlung gegebene Aus-
schluß gan; von selbst. Derselbe stützte sich
auf eine dunkle Erinnerung an die Legende,
welche erzählt, daß die heil. Jungfrau die
Weisen aus Morgenland im neuen Gesetze des
Evangeliums unterrichtet habe. Jndem wir
aufdiese Erklärung ;urückkommen, wollen wir
diese Legende mittheilen, wte sie sich in Ott's
„Marianum" S. 129 findet:

„Nachdem die drei heil. Könige dem neu-
geborenen Kinde ihre Huld'gung dargebracht,
unterhielten sie sich mit Maria und fragten
ste um Rath in vtelen Zweifeln. Maria
besragte ihrKind, was sie den Köni-
gen antworten nnd wie sie diese neuen
Söhne seines heil. Gesetzes unterwei-
sen sollte. Durch die Antworten der Jung-
frau wurden die drei Könige vom heil. Geiste
erleuchtet und über das Gefragte mit einge-
gossener Weisheit erfüllt."

Sonach erscheint die heil. Jungfrau als die

erste Verkündigerin des Evangeliums, und die
bildende Kunst gibt ihr mit Recht das Attri-
but dieses Amts.

Uebrigens hat diese Darstellung auch ohne
die Nücksicht auf die von dieser Legende er- >
zählte Begebenheit ihren guten Grund, und !
die Darstellung der heil. Gottesmutter mit
dem Evangelium auch ohne die Gruppe der
heil. drei Köntge ist vollkommen gerechtfertigt.
Denn wer ist der beglaubigte Zeuge jener Ge-
heimnisse der christlichen Offenbarung, dte zu
den wichtigsten gehören und sich noch vor der
Berusung der Apostel zutrugen? Das Evan-
gelium von dcr Votschast des Engels und der ?
Menschwerdung Christi, von seiner Geburt
und Beschneidung, der Anbetung der Hirten
und der morgenländischen Weisen, das Traum-
gesicht Josephs und die Flucht nach Egypten,
die Rückkehr von da, das Wohnen in Naza-
reth, kurz die ganze Geschichte Jesu vor sei-
nem öffentlichen Auftreten war, als Jesus
öffentlich auftrat und der heil. Nährvater todt
war, einzig in der Vrust der Mutter des
Herrn verschlossen. Von ihr mußten die Apo-
stel die Lehre empfangen, und ihr schulden ste
die Kenntniß des Fundaments der apostolischen
Lehre. Darum wird sie von uns in der laure-
tanischen Litanei mit Recht als KsAlnn nxosto-
lorum, als Königin der Apostel angerufen.

Das ist ein neuer Beweis, daß das christ- ?
liche Alterthum ohne ein tiefes Eingehen in !
dte Legende weder zu verstehen, noch auch mit
Geist und Glück nachzuahmen ist.

Erklärimg der Zeichnungen.

Beilage i. Farbdruck.

Ein Muster von Polychromie der Gewölbe-
kappen durch Blumenwindungen. Hierüber
ist der Artikel: Gewölbemalerei nachzu-
lesen.

Beilage n.

^'rv. 1u. 2. Gewölbemalerei.
blro. 1 ist die Fortsetzung des im vorigen
Heft Begonnenen und bildct den westlich ge-
legenen Viertbeil eines Kreuzgewölbes, mit
dem heiligen Johannes dem Läufer, als Vor-
 
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