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Dengler, Georg [Hrsg.]
Kirchenschmuck: Sammlung von Vorlagen für kirchliche Stickereien, Holz- & Metallarbeiten & Glasmalereien — 6.1859

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9. Heft
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Verwendung und Behandlung des Eisens, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.18469#0053

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künstlerische Behandlung auf solchem Wege
unmöglich geworden, darum kümmert man
sich nicht, es hat doch einen vornehmen Schein
und ist billig, mehr hat man nicht gewollt.

Solche Arbeiten vertragen sich nicht mit
einer handfesten Eisengarnirung. Wo halb-
faules oder astiges Tannenholz ein leichtes
Mäntelchen umthut und sich für edlen Nuß-
baum ausgibt, da muß das Eisen beschämt
von dannen ziehen, und wenn ihm auch noch
eine unentbehrliche Funküon übergeben wird,
so muß es sich verbergen, wie die Stallmagd,
um die Nase des an so vornehme Dinge ge-
wöhnten Publikums nicht zu beleidigen.

Die Fournierkunst läßt sich nur auf glatte
Flächen anwenden. Daher das Grundgesetz
der neumodischen Möbelfabrikation: gerade
Linien, glatte Obersiächen, keine Unterbre-
chungen, keine Abwechslung von Höhe und
Tiefe, knrz Alles das herrscht, was den An-
sorderungen des Schönen widerspricht. Die
mannigfaltigen Verzierungen,Figürchen, Blät-
ter und Blumen, erhaben oder eingravirt,
mit welchen der alte Meifter seine Arbeiten
ebenso geschmackvoll als humoristisch zu be-
leben wußte, finden da keine Anwendung.
Unter solchen Umständen konnte es auch Nie-
manden mehr einfallen, eine ästhetische und
technisch-tüchtige Behandlung der eisernen Bän-
der, Schlösser u. s. w. zu verlangen. Diese
werden jetzt fabrikmäßig aus Sturzblech ge-
macht, nothdürftig genug, um eine Zeit lang
den Dienst zu versehen. Damit die Eisen-
arbeit die Tischlerei um keinen ihrer modischen
Fortschritte zu beneiden habe, fängt man so-
gar an, auch das Eisen zu fourniren. So
sehen wir Fischbänder, so schlecht als möglich
aus einem zusammengebogenen Stück Eisen-
blech, die mit einem winzigen, papierdünnen
Messingblech überzogen sind.

Solcher Kunstgrisfe hätte die solide Technik
des alten Handwerks sich geschämt.

Die schädliche Einwirkung des Verfalles
der Schmiedearbeit auf die Ausstattung der
Kirchen läßt sich leicht nachweisen. Wir dür-

fen nur auf einige kirchlichen Requisiten bei-
spielshalber hinweisen.

Chorgitter und Chorschranken sind für jede
Kirche wünschenswerth, sür manche unent-
behrlich. Das geeignetste Material dazu ist
das Etsen. Warum findet man deren nur so
wenige, theils aus der mittelalterlichen, theils
aus der immer noch technisch-tüchtigen Zopf-
zeit? —

Eine katholische Kirche soll immer dem an-
dächtigen Besucher geöffnet seyn. Es kann
der Fall eintreten, daß man nöthig findet, die
Kirche vorwitzigen und langfingerigen Besu-
chern zu verschlteßen, ohne daß zugleich der
andächtige Besucher abgehalten seyn soll. Für
diesen Zweck gibt es kein anderes Mittel, als
einen durch ein hohes Gitter abgeschlossenen
Narther tm hintersten Theil der Kirche.

Durch dasselbe Mittel kann man den Chor,
die Seiten-Kapellen und andere Comparti-
mente der Kirche verschließen, ohne der An-
dacht und dem ästhetischen Genuffe zu schaden.
Warum macht man nicht Gebrauch von die-
fem einsachen Mittel? Weil kein Handwerker
mehr ein solches Gitter anfertigen könnte?
Ei warum ntcht. Jhr habt den MeisterHäm-
merlein allerdings bisher stolz ignorirt und
abgestoßen, ihm den Muth und vielleicht das
Ehrgefühl geraubt. Gebt ihm beides wieder,
tndem ihr thm einen Austrag, ein braves Mu-
ster und eine sachkundige Anleitung gebet.

Wie schön und zweckmäßig sind die Gitter,
mit welchen die Seitenkapellen der St. Mi-
chaelskirche in München verschloffen sind. Ob-
gleich sie fast durchgängig kn dem Styl der
Kirche gehalten sind, dürften sie doch selbst
einem gothischen Dom wohl anstehen.

Jn Schwaben eristiren noch viele Chorgit-
ter. Wir wollen nur das in der St. Georgs-
kirche zu Tübingen und eines in der Nürtinger
Stadtktrche nennen.

Jn der schönen Kreuzkirche zu Gmünd stand
etn zwar zöpfisches aber stattliches und mei-
fterhaft gearbeitetes Gitter vor dem Stifts-
chor. Seit etwa fünfJahren ist es verschwun-
den, und von da an der herrliche Chor jeder
 
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