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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 6.1908

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Heft 2
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Corinth, Lovis: Olaf Gulbransson
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https://doi.org/10.11588/diglit.4705#0070

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Kunstwerk schreiben, wäre wohl gänzlich unan-
gebracht.

Ein andres Blatt stellt den Dichter der „Weissen
Liebe", Holitscher dar; sein Kopf schwebt wie ein
zitterndes Irrlicht über den dunklen Unkenteich
dahin.

Diese paar charakteristischen Striche, womit
er den lieben Gott der Norweger zeichnet!

Wie zutreffend bringt Gulbransson die Züge
seines Dichterkollegen Ludwig Thoma, der als
Peter Schlemihl die Welt recht viel beschäftigt
hat, zur Ansicht! Wie trefflich sind seine Rekon-
struktionen des Jünglings und des Schulbuben
Thoma, ja, bis in die Zeit zurück, wo er in die erste
Windel gewickelt wurde. Sonst ist es üblich, den-
selben Kopf auf die zutreffenden Körperstadien zu

OLAF GULBRANSSON, SIEGFRIED WAGNER

setzen, aber Gulbransson verändert selbst den Kopf-
für diese Zeiträume und man möchte schwören,
dass Thoma zu den Zeiten entschieden so und
nicht anders ausgesehen haben muss.

Die Illustrationen zu „Tante Frieda", von Thoma
sind ganz wunderbar. Wem geht da nicht das
Herz auf, wenn er das Erdenwallen dieses Philister-
tums so geschildert findet.

Und dennoch fallt hier eines auf: diese Menschen
mit der hellen Iris und der stechenden Pupille, mit
dem Kartoffelbauch, mit protestantischem Mucker-
tum gefüllt, scheinen mir mehr Geschöpfe, die die
Küsten der Ost- und Nordsee umwohnen, als
Bajuwaren, die ihre Zelte um das Hof bräuhaus
aufgeschlagen haben, mit Fettherz, warmen braunen
Augen und pfeifendem Kropf hals.

Einen Begriff von den Illustrationen zu „Tante
Frieda" erhalten wir, wenn wir die „Hochzeit eines
Brautpaares" daraufhin ansehen. Beiden Leutchen
ist, was sie in Zahlen und Titel von einander zu
erwarten haben, wie auf die Stirn geschrieben. Sie
würden noch jetzt auseinandergehen, wenn ihr
Rechenexempel in die Binsen zu gehen drohte: reine
Rechenmaschinen, wie sie nur die kältere Zone zur
Entwicklung bringen kann. Der Ober- und Nieder-
Bayer hat noch, nebst all seinen Spekulationen, ein
gut Teil thierischer Sinnenlust.

Ob ihm diese Typen geläufiger sind, weil er
Skandinavier ist?

Dennoch, wenn ich diese Illustrationen sehe,
möchte ich nicht die Typen anders wünschen; ich
kenne nicht die Dichtungen unsres Schlemihl, aber
ich möchte wohl denken, dass diese humoristischen
Zeichnungen dem humorvollsten Text zur Ergän-
zung dienen.

Ausser Thoma und den Vorhergenannten [hat
er noch andere Dichter porträtiert.

Wer kann ohne Schmunzeln der Bilder von
Paul Heyse — ganz Augen! — und von Max
Halbe — ganz Fettkloss! — gedenken?

In jüngster Zeit, in seinen Schilderungen von
Seelenwanderung, brachte er einen räudigen Pudel
mit demselben schönen Augenpaar und der Unter-
schrift: „ich war Paul Heyse" in den Simplizissi-
mus und eine Fettgans, die von sich rühmt: ich war
der Dichter der „Jugend".

In verschiedenen Nummern des „Simpels" ist
seine Geschichte der Familie Huber verteilt. In
diesen Zeichnungen wird in gleicher Art Opfermut
wie Egoismus bespöttelt. Einer dieses Stammes
schlägt, seinem Landsmann Otto von Witteisbach

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