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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 6.1908

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Heft 9
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Whistler, Mac Neill: Künstler und Kritiker: Glossen
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https://doi.org/10.11588/diglit.4705#0394

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KÜNSTLER UND KRITIKER

GLOSSEN

VON

MAC NEILL WHISTLER

Die Analyse des Kritikers.

Die „Symphonie in Weiss" No. III von Herrn
Whistler zeigt viele zarte Nuancen dieser Farbe,
aber es ist nicht gerade eine Symphonie in Weiss zn
nennen. Eine Dame in einem gelblichen Kleide, mit
braunemHaarnnd einemblauenBändchen,dieandere
mit einem roten Fächer; auch Blumen und grüne
Blätter sind auf dem Bilde. Ein Mädchen in Weiss
sitzt allerdings auf einem weissen Sopha, aber selbst
dieses Mädchen hat rötliches Haar, und natürlich
kommt noch die Fleischfarbe der verschiedenen Ge-
sichter dazu."

Betrachtung über das Seelenleben des Kritikers.

Wie erfreulich, dass solch kompleter Unsinn
unausbleiblich seinen Platz im Druck findet. Nicht
gerade eine Symphonie in Weiss, denn man sieht ein
gelbliches Kleid, braunes Haar etc., eine andere mit
rötlichem Haar und dann ist natürlich die Fleisch-
farbe der Gesichter. Bon dieu! erwartet dieser
weise Mann weisses Haar und kreideweisse Gesich-
ter? Und glaubt er denn in seiner erstaunlichen
Logik, eine Symphonie in D-Dur enthalte keine
andere Note, sondern sei eine beständige Wieder-
holung von D D D. Dummkopf.
Chelsea, Juni 1867.

Das Muster eines Kritikers.

In der Galerie der Gesellschaft schöner Künste
in New Bond Street ist eine Ausstellung veneziani-
scher Radierungen von Herrn Whistler eröffnet
worden. Ausstellungen haben heutzutage ein recht
dünnes Gepräge. Herr Whistler zeigt 1 2 Radierungen,
unbedeutenden Formates und von recht schwacher
Ausführung. Sie geben wohl eine gewisse Im-
pression vpn Raum und Luft. Sonst aber sind sie
nicht von irgend welcher Originalität oder beson-
derem Wert. Sie gleichen eher unbestimmten ersten
Skizzen oder Notizen für späteren Gebrauch, als
wirklich ausgeführten Zeichnungen. Wahrschein-
lich bringt jeder Künstler, der aus Venedig zurück-
kehrt, so ein paar flüchtiger Umrisse in seinem
Skizzenbuch heim. Nach diesen 12 Radierungen
zu urteilen, hat Venedig weder Herrn Whistler
noch seine Kunst tief beeinflusst.
Ein Vorschlag.

Freund Atlas,* mon bon, mefiez-vous de vos gens!
Dein Kunstmensch sagt, dass Herr Whistler 1 2 Radie-
rungen ausstellt von schwacher Ausführung und un-
bedeutendem Format. Nun braucht der Privat-

Titel der Zeitschrift, worin diese Kritik erschienen war.

D. Red.

177

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