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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 6.1908

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Heft 9
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Kunstausstellungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.4705#0410

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CONSTANTIN GUVS, ZEICHNUNG

AUSGEST. BEI CHAINE UND SIMONSON, l'AKIS

KUNSTAUSSTELLUNGEN

T> erlin. — Ed. Schulte 7eigte dem ins Englische

gelangten Berliner Publikum Werke von Shannon
und Ricketts, die einmal mehr bewiesen, dass man
in der englischen Malerei das Geniale vergebens
suchen, immer aber ein achtunggebietendes Niveau
linden wird. Ricketts ist einer der Reformatoren
der englischen Bühne, ein Genosse Gordon Craigs
und, wie dieser, ein kunstgewerblich denkender Künstler.
Er empfindet durchaus theatralisch; das heisst: er giebt
grosse Form, die er in natürlicher Weise nicht füllen
kann. Ribera und Tizian müssen aushelfen; und selbst
Daumiers groteske Ausdrucksgewalt wird zur Hilfe ge-
rufen. Seine Bilder sind scenische Skizzen von einer
gewissen akademischen Güte, und seine Plastiken — nur
Kunstgewerbliche suchen heute diese Universalität —
bewegen sich ebenfalls in einem Skizzenstil, der eine
nicht vorhandene Freiheit vortäuscht. Shannons Kunst
ist edler und mehr durchgebildet. Dieser Maler ist etwa
ein englischer Ludwig von Hofmann. Bei weitem frei-
lich nicht so frisch, sondern mehr auch ein Schuster-
Woldan. Er gewinnt sich aus Poussin und Tizian das
Schema einer Gliedermusik, die akademischer Lyrismus

genannt werden könnte. Ein Reflex alter Kunst, ge-
brochen in der Atmosphäre moderner Sentimentalität.
Tizian bedeutet für Shannon, was Botticelli dem viel
erfindungsreicheren Burne Jones war. Man könnte die
Gruppe, wozu Shannon und Ricketts gehören, die eng-
lischen Postraffaeliten nennen.

Den Landschaften Gilberts v. Canal merkt man es
wohlthätig an, dass sie die Kunst Ruisdaels hinter sich
haben neben sich die unvergleichlichen Handwerks-
lehren des Impressionismus und auch die Münchener
Atelierkonvention. Sie haben in ihrer grauen Tonigkeit
gute Haltung; man denkt an Dill oder Schönleber, doch
fehlt die leise Affektiertheit dieser Beiden. — Bilder
Fritz Rheins wirken inmitten dieser Internationalität
frisch und gesund. Was ihnen an Tradition fehlt, ist
durch Natürlichkeit ersetzt.

Bei Paul Cassirer lernt man Goya einmal rela-
tiver sehen. Und das kann der Modeschatzung dieses
Namens gegenüber nur nützlich sein. Unter den aus-
gestellten zwanzig Bildern ist manches Gleichgültige,
Woraus der Auftrag hervorblickt. Hart daneben findet
man allerdings dann das Geniale. Ein paar sehr starke,

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