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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 6.1908

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Heft 3
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Aus Waldmüllers hinterlassenen Schriften
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https://doi.org/10.11588/diglit.4705#0124

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^■HBi

Der damalige Herr Minister des Unterrichtes,
Graf Leo Thun, gestand mir mündlich, dass er zwar
die Wahrheit der Enthüllung des gänzlich mangel-
haften k unst tütenden statt kunstbelebenden
akademischen Unterrichtes in meiner Broschüre
nicht bestreite, dass aber Enthüllungen solcher Art,
von einem Mitgliedc der Akademie, und ihres
Rates selbst, von einem Professor der Akademie
ausgehend, offenbar als ein Disciplinarvergehen
betrachtet werden müsse, welches mit der Ent-
hebung von meiner Anstellung bei der Akademie

in einer Unterredung mit mir unverhohlen äusserte,
dass er in Sachen der Kunst kein Verständnis habe,
dass, sage ich, meine Beleuchtung jener Schöpfung
des Herrn Grafen Franz Thun und des Herrn Rüben
diesen Herrn und ihren Schmeichlern unbequem
gewesen, begreife ich, um so mehr, als meine Wahr-
heitsliebe, und Freimütigkeit nicht gestattete, auch
in Unterredungen mit diesen Herren selbst meine
Ansichten zu verhehlen. In einer solchen Unter-
redung mit dem Herrn Grafen Franz Thun äusserte
ich, dass ich die Ernennung des Herrn Rüben zum

FKRT). WALDMÜLLER,

SELBSTBILDNIS

zu bestrafen sei, Diese Bestrafung ward dann auch
vollzogen, da ich am 4. September 1857 in Pension
gesetzt ward, jedoch nur mit dem Bezüge einer
Pension von qoo fr. statt meines Gehaltsbetrages
von 800 fr., welche ich in meiner Anstellung
bezog.

Dass meine Beleuchtung der damals an der
Akademie eingeführten sog. Reform, deren Ent-
wurf und Fassung von dem ministeriellen Bericht-
erstatter Herrn Grafen Franz Thun und seinem
Freunde Herrn Rüben herrührte, und dem Herrn
Minister gleichsam oktroyiert ward, da er, wie er

Direktor der Akademie gegenüber der Einführung
von Meisterschulen befremdlich fände, da ja doch
nicht angenommen werden könne, dass die Meister
sich dirigieren lassen würden, und der Graf ant-
wortet mir: Er lasse dies dahin gestellt sein, die
Ernennung des Herrn Rüben zum Direktor sei nur
erfolgt um demselben einen grösseren Gehalt
zuzuwenden! Ich glaube, dass die Anführung
eines solchen Motives zur Anstellung keines Kom-
mentars bedarf, um die Zustände der akademischen
Gebahrung, sowohl im Kunst- als im Geschäfts-
wesen zu charakterisieren.

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