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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 6.1908

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Heft 5
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Werdandi
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https://doi.org/10.11588/diglit.4705#0214

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einen Dichter so ungehörige und undankbare An-
forderungen zu machen, wäre ebenso, als wenn man
von einem Regimentchef verlangen wollte: er
müsse, um ein rechter Patriot zu^ sein, sich in
politische Neuerungen verflechten und darüber
seinen nächsten Beruf vernachlässigen. Das Vater-
land eines Regimentchefs aber ist sein Regiment."
Und das Vaterland eines Künstlers ist seine
Werkstatt. Wenn er Meister seines Berufes ist, so
ist er auch ein nationaler Meister. Um aber Meister
zu werden, um unbefangen und naiv produktiv zu
bleiben, thut er gut, Ideologen wie die Herren
Seesselberg und Thode es sind, die Thür zu weisen,
wenn sie mit ihren Forderungen nach vorgedachter

„Idealität" und „grossem Gehalt" zu ihm kommen.
Diese Geister mögen die Logik der Entwicklungs-
gesetze füglich dem lieben Gott überlassen. Der
braucht nicht Ausleger seines der Erforschung
unzugänglichen Zukunftwillens. Wer im Namen
der Kulturarbeit seinem Prophetenehrgeiz fröhnt
und die Unkunst, die rauschselige Gedankenarmut
sakral zu machen versucht, der ist in Wahrheit ein
schlimmer Kulturstörer.

Darum wünschen wir,imlnteresse der deutschen
Kunst und der deutschen Kultur diesem neuesten
patriotischen Klub mit dem unglaublichen Nornen-
namen recht bald einen sanftseligen Tod.

K. S.

VINCENT VAN GOGH, «KR BRIEFTRÄGER

SCHWARZ WEISS-AUSSTELLUNG

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