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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 6.1908

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Heft 5
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Klossowski, Erich: Eugène Delacroix
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https://doi.org/10.11588/diglit.4705#0216

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Kolorismus zu feiern; man trifft damit seine histo-
rische Begrenztheit. Aber was will das bei einem
Menschen sagen, dessen Werk gerade durch seine
Zeitlosigkeit gross ist! Delacroix gilt als Roman-
tiker, ja als die Verkörperung der französischen
Romantik. Er hat Rittersagen und Legenden ge-
malt, den Orient geweckt, Byron, Goethe, Shake-
speare, Dante seine Inspirationen entlehnt; auf seinen
Tafeln wird geküsst oder gemordet, alles windet
sich in zuckender Bewegung; brennende Schlösser
oder düstere Gewitter bilden den Hintergrund.
Schon Baudelaire hat gezeigt, wie es mit dieser
Romantik bestellt ist, hat eine strenge Scheidung
zwischen ihm und Hugo gemacht, dem Worte
Delacroix zu Liebe eine neue Deutung gegeben,
indem er schrieb: ,,Qui dit romantisme, dit art mo-
derne, c est a dire intimite, spiritualite, couleitr, aspi-
ration vers l'infini, exprhn'ees par tous /es moyens que
contiennent les arts." Man könnte auch von Dela-
croix sagen, was er selbst überRacine gemeint: Racine
etaitun romantique pour les gens de son temps, — pour
tous les temps il est classique, cest ä dire parfait."

Als Delacroix lebte, gab es viele Leute, die
seine Kunst unausstehlich fanden, die das Wort
prägten von dem „Tollen aus Charenton", der mit
einem betrunkenen Besen male. Dieselbe Art Leute
finden heute Delacroix kalt und langweilig — ein
Gefühl, das der Sache wesentlich näher kommt,
wenn man bedenkt, dass das Klassische überhaupt
als langweilig empfunden wird. Man ist heute
nicht mehr erschreckt von Delacroix' Wildheit:
sein Pathos stört, die flatternden Mantelenden.
Uns ist auch sein Pathos teuer, weil wir seine Ge-
bundenheit darin erkannt haben; wir nehmen die
flatternden Zipfel mit in Kauf, weil wir sie anders
verstehen als romantische Pose. „Entre autres choses
ce qui fait le grandpeintre, cest la combinaison har-
d'ie d' accessoires qui augmente timpression. Les
nuages, qui volent dans le meine sens que le cavalier
empörte par son cheval, les plis de son manteau, qui
s'enveloppent ou flottent autour des flaues de sa mon-
ture. Cette association puissante... car qu'est ce que
composer? Cest associer avec pitissance.^ Delacroix
war auf das Dramatische gestimmt. Sind wir es

EUGENE DELACROIX, FRAGME.N

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