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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 6.1908

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Heft 6
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https://doi.org/10.11588/diglit.4705#0269

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Geltung für die Modellierung und als Stimmungswerte.
Alles drängt nach höchster Starke des Ausdrucks. Ihm zu
Liebe schreckt Auffassung und Formgebung auch nicht vor
Disharmonien zurück. Ja das Krasse und Bizarre ist gerade
erwünscht. Wirklichkeitssinn, Freude an genrehaftem
Kleinleben part sich mit visionärem Schauen. Für alles
Psychische besitzt Grünewald die feinste Sensibilität.
Durch seine Malereien zittert jene Erregung, von der
überhaupt die oberdeutsche Kunst gegen Ende des
i ^.Jahrhunderts ergriffen wurde, und die auch aus Dürers
Apokalypse spricht. Bei Grünewald ist sie besonders
gesteigert, wirkt sich nicht nur in stürmischen Linien-
zügen aus, sondern lodert auch in leuchtenden Farben-
gebilden auf. Ein Gefühl für die Romantik des Er-
habenen, Wilden, Schauerlichen bricht sich Bahn. Figür-
liches und Landschaft sind davon durchdrungen. Zum
ersten Mal in jener Zeit tritt diese echt germanische
Romantik mit solcher Verinnerlichung zu Tage. — Doch
von alledem, was zu dem Verständnis des Meisters
dienen kann, wird uns gewiss der Textband von Schmid
erzählen, der bald zu erwarten steht. Für heute gilt es
nur jeden Kunstfreund auf den ausserordentlichen
Wert dieser Publikation eines der grössten deutschen
Maler hinzuweisen.

Werner Weisbach.

Allgemeines Lexikon der bilden den Künst-
ler von de r Antike bis zur Gege nwart. Heraus-
gegeben von Dr. Ulrich Thieme und Dr. Felix Becker.
Erster Band Aa—Antonis de Miraguel. Leipzig, Wilhelm
Engelmann 1907 (Preis geh. 32 M.).

Das neue Lexikon der bildenden Künstler, dessen
erster, lang erwarteter Band nunmehr erschienen ist,
wird sich, wie die Herausgeber mit Recht hervorheben,
im wissenschaftlichen und praktischen Gebrauche be-
währen und selbst empfehlen müssen. Der Stoff, den
vor etwa 70 Jahren der wackere Nagler allein zu be-
wältigen imstande war, ist so gewaltig angewachsen,
die Ansprüche haben sich seitdem so gesteigert und ver-
vielfältigt, dass für das neue Unternehmen ausser den
beiden überaus rleissigen und sachkundigen Heraus-
gebern nicht weniger als 300 „Fachgelehrte" als Mit-
arbeiter herangezogen werden mussten. Schon eine
llüchtige Durchsicht des Bandes genügt um erkennen zu
lassen, dass hier Mühe und Sorgfalt nicht gespart, dass
die Quellen, die alte und die neue Literatur und die

persönlichen Kenntnisse der Fachleute mit grösster Ge-
duld und Umsicht ausgebeutet worden sind, um ein
Werk monumentalen Charakters zu schaffen, das den
augenblicklichen Stand des gesamten Wissens auf diesem
Gebiete wiederspiegelt. Auf Einzelnes einzugehen,
scheint mir hier nicht angebracht. Fehler und Aus-
lassungenwerden sich natürlich in einem solchen Riesen-
werke, das über nicht weniger als 1 50 000 Künstler aller
Zeiten und Völker berichten soll, nicht vermeiden lassen
und den Wert des Ganzen auch nicht beeinträchtigen.
Die im Vorwort dargelegten Grundsätze, nach denen
das Werk unternommen und in die Wege geleitet ist,
werden gewiss allgemeine Billigung finden. Es ist vor
allem ganz richtig, dass man in einem allgemeinen
Lexikon nicht sowohl über die berühmten Meister, die in
zahlreichen Monographien behandelt sind, sondern über
weniger bekannte Künstler Belehrung sucht, dass für die
ueleeentliche Orientierung die Angabe der wesentlichen
Nachrichten genügt, für eingehendes Studium die ge-
naue möglichst vollständige Aufzählung der Quellen
und der Literatur. Die beiden trefflichen Herausgeber
sollten aus ihrer Erfahrung und aus der Überlegenheit,
die ihnen der Überblick über das Ganze giebt, die Be-
rechtigung herleiten, mit einer gewissen redaktionellen
Energie in die etwas zu lang ausgesponnenen Texte ein-
zelner Mitarbeiter einzugreifen. Manche Biographien
besonders moderner Künstler scheinen mir zu umfang-
reich mit überflüssigen Einzelheiten überladen, und sich
allzusehr dem Charakter von panegyrischen Zeitungs-
nekrologen zu nähern. Im Interesse der Sache sollten
die Mitarbeiter den Redakteuren in dieser Beziehung
eine gewisse Freiheit willig einräumen und die Vorzüg-
lichkeit ihrer Arbeit in inhaltreicher Kürze und in der
Beschränkung auf das Wesentliche suchen. Man wird
aber gerne anerkennen, dass ein grosser Teil der Artikel
sich diesem freilich nur mit viel Arbeit und nicht ohne
eine gewisse Aufopferung zu erreichenden Ideal nähert.
Im Laufe der Arbeit wird sich an diesen guten Bei-
spielen gewiss eine grössere Gleichmässigkeit und Kürze
der Form herausbilden lassen. Dem grossartigen Werke,
das in langjährigen und weitausgreifenden Vorarbeiten
eine gute sichere Grundlage besitzt, ist eine glückliche
und rasche Ausführung dringend zu wünschen, vor allem
auch die Gunst des kaufenden Publikums, dem hiermit
der erste Band des Lexikons angelegentlichst empfohlen
sein soll. P. K.

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