Talentes gehindert hat. Sein kolossales Jugendwerk
„Albrecht Achill", das er als Dreissigjähriger ge-
malt, hatte sein Renommee gegründet; zwanzig Jahre
später malte er das fast ebenso grosse Bild, das jetzt
im Schlosse hängt: „König Wilhelm nach der
Schlacht von Königgrätz", leider ohne den erhöhten
Erfolg. Das grosse Format lässt die Fehler oder
richtiger das Fehlende in Steffecks Talent natürlich
vergrössert erscheinen. Ihm fehlte die innere Leiden-
schaft, der Kampf und das Ringen nach dem
Höchsten, die Konzentration, vor allem aber der
künstlerische Egoismus, der alles seinem Werke
opfert. Weil sein Werk ihn nicht mit sich fortreisst,
reisst er auch uns nicht mit sich, wie z. B. Schmit-
son, der grade damals, Anfang der sechsziger Jahre,
Berlin enthusiasmierte.
Besser als in den grossen Maschinen, wie
„Albrecht Achill" oder „Die Schlacht von König-
grätz", erscheint daher Steffecks Talent in den
unzähligen Pferde- und Hundebildern kleineren
Formats; am schönsten aber in seinen Pferde- und
Reiterporträts, die er zu 6 Friedrichsd'or das Stück
und gewöhnlich a la prima in einer Sitzung herunter-
malte — auch darin, dass er nur prima malte,
zeigte sich sein gesunder Instinkt — die und die
glücklichen Besitzer oft noch nass mit nach Hause
nehmen konnten. Ausser Franz Krüger verstand
wohl Keiner ein Pferd so gut wie Steffeck. Bevor
er den Gaul malte, liess er ihn sich in dem kleinen
Garten hinter seinem Atelier vorreiten — ach! wie
oft und wie gern habe ich's gethan —, um seine
Gangart kennen zu lernen. Mit wunderbarer Sicher-
heit und mit photographischer Treue wusste er sie
nachher wiederzugeben. Er hatte eine Steeplechase
gemalt, wie ein Gaul, alle vier Beine unterm Leib,
über eine Hürde setzte, und die Kritik hatte ihn
wegen der allerdings höchst ungewöhnlichen und
gewagten Stellung der vier Pferdebeine als unmöglich
in der Natur heftig angegriffen. Eines Tages zeigte
er uns triumphierend eine Momentphotographie,
die inzwischen erfunden war und woraus deutlich
hervorging, dass er ganz richtig die Stellung der
Pferdebeine wiedergegeben hatte. Und nur Jemand,
der sich mit ähnlichen Problemen beschäftigt hat,
weiss, was es heisst, derartige Bewegungen zu beob-
achten und richtig wiederzugeben. Sein Sinn für
Zeichnung war eminent: wie jedes wahrhaft künst-
lerische Zeichen, beruhte er auf dem Gefühl für
richtig und gross gesehene Verhältnisse. Ich entsinne
mich noch eines seiner Skizzenbücher mit Studien zu
einer Parforcejagd, die er für den Grossherzog von
Mecklenburg malen sollte; oft nur Andeutungen,
der Kopf in Form eines Ovals und mit ein paar
Strichen für Augen, Nase und Mund, aber die Pro-
portionen waren so richtig, dass man aus den
wenigen Strichen die dargestellten Personen er-
kennen konnte.
Doch, wie gesagt, Steffeck war nicht nur Be-
rufsmensch und Familienvater: er war auch Genuss-
mensch. Er interessierte sich für alles, für Politik,
für alles, was in der Welt, d. h. in Berlin, passierte.
Er sass in unzähligen Kommissionen und er war
wohl durch zwanzig Jahre Präsident des Vereins Ber-
liner Künstler. Nicht nur Präsident, sondern dessen
Seele: er hatte es verstanden, durch Heranziehen
von führenden Männern aus andern Berufen, aus
dem Verein den geselligen Mittelpunkt Berlins
zu machen. Ich glaube, dass er Präsident des Ver-
eins blieb bis zu seinem Weggange nach Königs-
berg, wo er Direktor der dortigen Akademie wurde.
Jetzt ist aus dem Verein, der ursprünglich nur ge-
sellige und wohlthätige Zwecke verfolgte, weder zu
seinem Vorteile, noch zu dem seiner Mitglieder
ein kunstpolitischer geworden: nachdem er die
Mitwirkung an den grossen Kunstausstellungen er-
langt hat, wird er versuchen, auch Juryfreiheit für
die Mitglieder des Vereins herauszuschlagen. Und
es liegt auf der Hand, dass dadurch das Niveau
der Kunst in Berlin unendlich leiden muss.
Ich sah Steffeck zum letzten Male im Jahre
1886, als er von Königsberg auf der Durchreise
nach Karlsbad, sich ein paar Tage hier aufhielt, er
war ein Greis geworden, der, von Rheumatismus
geplagt, sich nur mühsam, auf den Stock sich
stützend, fortbewegen konnte und wenige Jahre
darauf, 1890, ist er gestorben.
Es wäre lächerlich, von Steffeck in Superlativen
zu reden: er selbst — denn er war wie Th. Fon-
tane, mit dem er auch sonst manche Ähnlichkeit
hat, ein Cyniker, und zwar von der Sorte, der sen-
timentale Phrasen und feierliche Redensarten am
ekelhaftesten sind — würde am lautesten darüber
lachen. Aber er war ein ganzer Mensch und ein
echter Künstler, der sein Handwerk ehrte und dar-
um sollte auch ihn das Handwerk ehren.
Seine Kunst und sein Leben waren ausgeglichen
und in Harmonie, daher die Liebenswürdigkeit, die
beides umstrahlt.
Ich aber wollte der Liebe und Verehrung, die
ich ihm übers Grab hinaus bewahrt habe und be-
wahren werde, Ausdruck geben: Nehmt alles nur
zusammen, Steffeck war ein famoser Kerl.
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„Albrecht Achill", das er als Dreissigjähriger ge-
malt, hatte sein Renommee gegründet; zwanzig Jahre
später malte er das fast ebenso grosse Bild, das jetzt
im Schlosse hängt: „König Wilhelm nach der
Schlacht von Königgrätz", leider ohne den erhöhten
Erfolg. Das grosse Format lässt die Fehler oder
richtiger das Fehlende in Steffecks Talent natürlich
vergrössert erscheinen. Ihm fehlte die innere Leiden-
schaft, der Kampf und das Ringen nach dem
Höchsten, die Konzentration, vor allem aber der
künstlerische Egoismus, der alles seinem Werke
opfert. Weil sein Werk ihn nicht mit sich fortreisst,
reisst er auch uns nicht mit sich, wie z. B. Schmit-
son, der grade damals, Anfang der sechsziger Jahre,
Berlin enthusiasmierte.
Besser als in den grossen Maschinen, wie
„Albrecht Achill" oder „Die Schlacht von König-
grätz", erscheint daher Steffecks Talent in den
unzähligen Pferde- und Hundebildern kleineren
Formats; am schönsten aber in seinen Pferde- und
Reiterporträts, die er zu 6 Friedrichsd'or das Stück
und gewöhnlich a la prima in einer Sitzung herunter-
malte — auch darin, dass er nur prima malte,
zeigte sich sein gesunder Instinkt — die und die
glücklichen Besitzer oft noch nass mit nach Hause
nehmen konnten. Ausser Franz Krüger verstand
wohl Keiner ein Pferd so gut wie Steffeck. Bevor
er den Gaul malte, liess er ihn sich in dem kleinen
Garten hinter seinem Atelier vorreiten — ach! wie
oft und wie gern habe ich's gethan —, um seine
Gangart kennen zu lernen. Mit wunderbarer Sicher-
heit und mit photographischer Treue wusste er sie
nachher wiederzugeben. Er hatte eine Steeplechase
gemalt, wie ein Gaul, alle vier Beine unterm Leib,
über eine Hürde setzte, und die Kritik hatte ihn
wegen der allerdings höchst ungewöhnlichen und
gewagten Stellung der vier Pferdebeine als unmöglich
in der Natur heftig angegriffen. Eines Tages zeigte
er uns triumphierend eine Momentphotographie,
die inzwischen erfunden war und woraus deutlich
hervorging, dass er ganz richtig die Stellung der
Pferdebeine wiedergegeben hatte. Und nur Jemand,
der sich mit ähnlichen Problemen beschäftigt hat,
weiss, was es heisst, derartige Bewegungen zu beob-
achten und richtig wiederzugeben. Sein Sinn für
Zeichnung war eminent: wie jedes wahrhaft künst-
lerische Zeichen, beruhte er auf dem Gefühl für
richtig und gross gesehene Verhältnisse. Ich entsinne
mich noch eines seiner Skizzenbücher mit Studien zu
einer Parforcejagd, die er für den Grossherzog von
Mecklenburg malen sollte; oft nur Andeutungen,
der Kopf in Form eines Ovals und mit ein paar
Strichen für Augen, Nase und Mund, aber die Pro-
portionen waren so richtig, dass man aus den
wenigen Strichen die dargestellten Personen er-
kennen konnte.
Doch, wie gesagt, Steffeck war nicht nur Be-
rufsmensch und Familienvater: er war auch Genuss-
mensch. Er interessierte sich für alles, für Politik,
für alles, was in der Welt, d. h. in Berlin, passierte.
Er sass in unzähligen Kommissionen und er war
wohl durch zwanzig Jahre Präsident des Vereins Ber-
liner Künstler. Nicht nur Präsident, sondern dessen
Seele: er hatte es verstanden, durch Heranziehen
von führenden Männern aus andern Berufen, aus
dem Verein den geselligen Mittelpunkt Berlins
zu machen. Ich glaube, dass er Präsident des Ver-
eins blieb bis zu seinem Weggange nach Königs-
berg, wo er Direktor der dortigen Akademie wurde.
Jetzt ist aus dem Verein, der ursprünglich nur ge-
sellige und wohlthätige Zwecke verfolgte, weder zu
seinem Vorteile, noch zu dem seiner Mitglieder
ein kunstpolitischer geworden: nachdem er die
Mitwirkung an den grossen Kunstausstellungen er-
langt hat, wird er versuchen, auch Juryfreiheit für
die Mitglieder des Vereins herauszuschlagen. Und
es liegt auf der Hand, dass dadurch das Niveau
der Kunst in Berlin unendlich leiden muss.
Ich sah Steffeck zum letzten Male im Jahre
1886, als er von Königsberg auf der Durchreise
nach Karlsbad, sich ein paar Tage hier aufhielt, er
war ein Greis geworden, der, von Rheumatismus
geplagt, sich nur mühsam, auf den Stock sich
stützend, fortbewegen konnte und wenige Jahre
darauf, 1890, ist er gestorben.
Es wäre lächerlich, von Steffeck in Superlativen
zu reden: er selbst — denn er war wie Th. Fon-
tane, mit dem er auch sonst manche Ähnlichkeit
hat, ein Cyniker, und zwar von der Sorte, der sen-
timentale Phrasen und feierliche Redensarten am
ekelhaftesten sind — würde am lautesten darüber
lachen. Aber er war ein ganzer Mensch und ein
echter Künstler, der sein Handwerk ehrte und dar-
um sollte auch ihn das Handwerk ehren.
Seine Kunst und sein Leben waren ausgeglichen
und in Harmonie, daher die Liebenswürdigkeit, die
beides umstrahlt.
Ich aber wollte der Liebe und Verehrung, die
ich ihm übers Grab hinaus bewahrt habe und be-
wahren werde, Ausdruck geben: Nehmt alles nur
zusammen, Steffeck war ein famoser Kerl.
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