Gelb
Rot
Blau
Son corps souple, splendide epanouissement;
La couleuvre n'a pas de souplesse plus grande
Et le soleil qui luit darde complaisamment
Quelques rayons dores sur cette belle viande.
Die Palette Cezannes war folgendermassen zu-
sammengesetzt, als ich ihn in Aix besuchte:
Jaune brillant
Jaune de Naples
Jaune de chröme
Ocre jaune
Terre de Sienne naturelle
Vermillon
Ocre rouge
Terre de Sienne brülee
Laque de garance
Laque carminee Hne
Laque brülee
[ Vert Veronese
Grün ! Vert cmeraude
| Terre verte
Bleu de cobalt
Bleu doutremer
Bleu de Prusse
Noir de peche.
Cczanne betrachtete sich nur als Bahnbrecher.
„Ich bin zu alt;, ich habe nichts zuwege gebracht
und werde nichts mehr zuwege bringen. Ich bleibe
in den Anlangen der Bahn stecken, die ich ent-
deckte." Ich sprach darauf von seinen sogenannten
Nachahmern, denen es in Paris mit ihren geringen
Qualitäten so gut gelungen war, das Publikum, ins-
besondere die Deutschen, zu täuschen, und er er-
widerte: „Alles dies rechnet nicht mit, das sind
f arceurs!"
Cczanne war von der Richtigkeit seiner Ideen
so überzeugt, dass er mit seinem Freund Solari oft
in den heftigsten Streit geriet. „Eines Abends,"
erzählte mir seine Dienerin, „als man in der Rue
Boulegon Geschrei und Faustschläge auf den Tisch
gehört hatte, holte man mich, als ich eben zu Bett
gehen wollte. ,Kommen Sie schnell, Herr Cczanne
wird erdrosselt.' Das Fenster stand offen, und als
ich vor das Haus kam, erkannte ich die beiden
Stimmen von Herrn Cczanne und Herrn Solari. Da
ich die beständigen Meinungsverschiedenheiten zwi-
schen den Freunden kannte, wurde mir sofort klar,
dass es sich um eine Diskussion über Malerei handelte
und nicht um ein Verbrechen. Ich beruhigte die
Leute, die sich auf der Strasse angesammelt hatten,
und ging schlafen."
Cczanne erzählte mir einmal folgenden Vorfall:
„Ich hatte einen Gärtner, den ich seit einiger Zeit
beschäftigte; er besass zwei Töchter, und wenn er
kam, um meinen Garten zu besorgen, sprach er
immer von ihnen. Ich that, als ob ich mich dafür
interessierte wie für ihn selber, den ich für einen
braven Mann hielt. Ich kannte das Alter dieser
beiden Mädchen nicht und stellte sie mir noch sehr
jung vor. Eines Tages erscheint er, von zwei pracht-
vollen Geschöpfen zwischen achtzehn und zwanzig
Jahren begleitet, bei mir, stellt sie mir vor und sagt:
,Dies sind meine Töchter, Flerr Cczanne.' Ich
wusste nicht, wie ich diese Vorstellung auffassen
sollte, aber da ich meine Schwäche kenne, muss ich
mich vor den Menschen in acht nehmen. Ich tastete
in meiner Tasche nach dem Schlüssel, um das Haus
zu öffnen und mich darin einzuschliessen, aber durch
einen unerklärlichen Zufall hatte ich ihn in Aix ver-
gessen. Da ich vermeiden wollte, eine lächerliche
Rolle zu spielen, forderte ich den Gärtner auf, mir
das Beil aus dem Holzstall zu bringen und sagte zu
ihm: ,Schlagen Sie doch schnell dieThür damit ein.'
Er that es mit einigen Schlägen. Ich ging hinein
und eilte in mein Atelier, mich dort einzuschliessen."
Alle diese Geschichten schloss er mit den Worten:
„Das Leben ist schrecklich." Er hatte allerdings
eine Furcht davor wie ein Mönch. In Paris war sein
einziger Freund ein Seiler. Dieser arme Mensch
hatte eine schlechte Frau, die ihn in allen Winkeln
mit dem Ersten-Besten hinterging. Trotzdem nahm
er ihre Kinder auf und liebte sie, ohne es sie ent-
gelten zu lassen, obgleich es ihm, wie immer den
Dummen, nichts als Spott einbrachte. Er verdoppelte
die Arbeit, um sie alle zu ernähren. „Ich liebte ihn
so, dass ich ihm alle Bilder schenkte, als ich das
Haus verliess, in dem ich zusammen mit ihm
wohnte."
„Warum malen Sie nicht einen Christus:" fragte
ich Cczanne einmal, den so gläubig zu finden mich
sehr glücklich machte. „Ich würde es niemals
wagen," erwiderte er. „Erstens ist es schon besser
gemacht worden als wir es können, und dann wäre
es zu schwer."
Die folgenden Briefe erhielt ich nach meiner
Abreise bis zum November 1906.
Aix en Provence, 15. April 1004.
Lieber Herr Bernard . . . Erlauben Sie mir zu
wiederholen, was ich hier schon sagte: Man be-
trachte die Natur nach Cylinder,Konus und Sphäre, so
dass jede Seite eines Gegenstandes oder einer Fläche
nach einem Mittelpunkt hinführt. Die mit dem Hori-
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Rot
Blau
Son corps souple, splendide epanouissement;
La couleuvre n'a pas de souplesse plus grande
Et le soleil qui luit darde complaisamment
Quelques rayons dores sur cette belle viande.
Die Palette Cezannes war folgendermassen zu-
sammengesetzt, als ich ihn in Aix besuchte:
Jaune brillant
Jaune de Naples
Jaune de chröme
Ocre jaune
Terre de Sienne naturelle
Vermillon
Ocre rouge
Terre de Sienne brülee
Laque de garance
Laque carminee Hne
Laque brülee
[ Vert Veronese
Grün ! Vert cmeraude
| Terre verte
Bleu de cobalt
Bleu doutremer
Bleu de Prusse
Noir de peche.
Cczanne betrachtete sich nur als Bahnbrecher.
„Ich bin zu alt;, ich habe nichts zuwege gebracht
und werde nichts mehr zuwege bringen. Ich bleibe
in den Anlangen der Bahn stecken, die ich ent-
deckte." Ich sprach darauf von seinen sogenannten
Nachahmern, denen es in Paris mit ihren geringen
Qualitäten so gut gelungen war, das Publikum, ins-
besondere die Deutschen, zu täuschen, und er er-
widerte: „Alles dies rechnet nicht mit, das sind
f arceurs!"
Cczanne war von der Richtigkeit seiner Ideen
so überzeugt, dass er mit seinem Freund Solari oft
in den heftigsten Streit geriet. „Eines Abends,"
erzählte mir seine Dienerin, „als man in der Rue
Boulegon Geschrei und Faustschläge auf den Tisch
gehört hatte, holte man mich, als ich eben zu Bett
gehen wollte. ,Kommen Sie schnell, Herr Cczanne
wird erdrosselt.' Das Fenster stand offen, und als
ich vor das Haus kam, erkannte ich die beiden
Stimmen von Herrn Cczanne und Herrn Solari. Da
ich die beständigen Meinungsverschiedenheiten zwi-
schen den Freunden kannte, wurde mir sofort klar,
dass es sich um eine Diskussion über Malerei handelte
und nicht um ein Verbrechen. Ich beruhigte die
Leute, die sich auf der Strasse angesammelt hatten,
und ging schlafen."
Cczanne erzählte mir einmal folgenden Vorfall:
„Ich hatte einen Gärtner, den ich seit einiger Zeit
beschäftigte; er besass zwei Töchter, und wenn er
kam, um meinen Garten zu besorgen, sprach er
immer von ihnen. Ich that, als ob ich mich dafür
interessierte wie für ihn selber, den ich für einen
braven Mann hielt. Ich kannte das Alter dieser
beiden Mädchen nicht und stellte sie mir noch sehr
jung vor. Eines Tages erscheint er, von zwei pracht-
vollen Geschöpfen zwischen achtzehn und zwanzig
Jahren begleitet, bei mir, stellt sie mir vor und sagt:
,Dies sind meine Töchter, Flerr Cczanne.' Ich
wusste nicht, wie ich diese Vorstellung auffassen
sollte, aber da ich meine Schwäche kenne, muss ich
mich vor den Menschen in acht nehmen. Ich tastete
in meiner Tasche nach dem Schlüssel, um das Haus
zu öffnen und mich darin einzuschliessen, aber durch
einen unerklärlichen Zufall hatte ich ihn in Aix ver-
gessen. Da ich vermeiden wollte, eine lächerliche
Rolle zu spielen, forderte ich den Gärtner auf, mir
das Beil aus dem Holzstall zu bringen und sagte zu
ihm: ,Schlagen Sie doch schnell dieThür damit ein.'
Er that es mit einigen Schlägen. Ich ging hinein
und eilte in mein Atelier, mich dort einzuschliessen."
Alle diese Geschichten schloss er mit den Worten:
„Das Leben ist schrecklich." Er hatte allerdings
eine Furcht davor wie ein Mönch. In Paris war sein
einziger Freund ein Seiler. Dieser arme Mensch
hatte eine schlechte Frau, die ihn in allen Winkeln
mit dem Ersten-Besten hinterging. Trotzdem nahm
er ihre Kinder auf und liebte sie, ohne es sie ent-
gelten zu lassen, obgleich es ihm, wie immer den
Dummen, nichts als Spott einbrachte. Er verdoppelte
die Arbeit, um sie alle zu ernähren. „Ich liebte ihn
so, dass ich ihm alle Bilder schenkte, als ich das
Haus verliess, in dem ich zusammen mit ihm
wohnte."
„Warum malen Sie nicht einen Christus:" fragte
ich Cczanne einmal, den so gläubig zu finden mich
sehr glücklich machte. „Ich würde es niemals
wagen," erwiderte er. „Erstens ist es schon besser
gemacht worden als wir es können, und dann wäre
es zu schwer."
Die folgenden Briefe erhielt ich nach meiner
Abreise bis zum November 1906.
Aix en Provence, 15. April 1004.
Lieber Herr Bernard . . . Erlauben Sie mir zu
wiederholen, was ich hier schon sagte: Man be-
trachte die Natur nach Cylinder,Konus und Sphäre, so
dass jede Seite eines Gegenstandes oder einer Fläche
nach einem Mittelpunkt hinführt. Die mit dem Hori-
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