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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 26.1915

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Kunstgewerbliche Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.3871#0163

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scheinbar in Gegenströmung sich befindenden aus den
gleichen Absichten heraus die aus jeder gesunden Kon-
kurrenz erstehende Förderung. Erst der Strom wird durch
Bäche und Flüsse ein Strom, und in dieser Erkennung muß
auch den Quellen nachgegangen werden. Auch dafür bietet
die, die großen Sammelwerke ergänzende Kleinliteratur
prächtige und dabei billige Sonderwerke über einzelne Kunst-
gewerbe- und Kulturausschnitte. Ich meine die Mono-
graphien, die schon um wenige Mark zu haben sind. Es
seien für jetzt die aus dem bekannten Verlage von Velhagen
& Klasing in Bielefeld und Leipzig genannt. Eine weite
Verbreitung haben die aus der eigentlichen Kunstgeschichte
gefunden, die eine ganz unglaubliche Menge an Motiven
aller Art des gesamten Kunstgewerbes bieten; die in alten
Gemälden ruhenden Schätze sind noch bei weitem nicht
gehoben. Hier soll aber von den Monographien des Kunst-
gewerbes gesprochen werden, die nach Text wie Illu-
strierung zu einem Schatzkästlein am Arbeitstische des
Kunstgewerblers die beste Grundlage bilden. Genannt sei:
»Das Porzellan« von Prof. Dr. Georg Lehnert (4 Mark);
»Exlibris« von Walter von Zur Westen (4 Mark); »Weih-
nachten in Kirche, Kunst und Volksleben« von Prof. Georg
Rietschel; Frauenschönheit im Wandel von Kunst und Ge-
schmack« von Prof. Dr. Ed. Heyck (4 Mark); »Der Tanz«
von Dr. Karl Storck (3 Mark); »Die Wohnung und ihre Aus-
stattung« von W. Fred (4 Mark); »Das Kostüm« von Georg
Büß (4 Mark). Diese Reihe ist auch von dem nicht minder
bedeutenden Verlage von Klinkhardt & Biermann in Leipzig
vortrefflich ergänzt worden. Genannt seien die folgenden,
deren Autoren erste Fachgelehrte sind. Es gaben heraus:
W. Bode, »Vorderasiatische Knüpfteppiche aus älterer Zeit«;
W. Brüning, »Die Schmiedekunst«; H. Lüer, »Die Technik
der Bronzeplastik«; R. Borrmann, »Moderne Keramik«; W.
Bode, »Italienische Hausmöbel der Renaissance«; F. Luth-
mer, »Deutsche Möbel«; W. Scherer, »Elfenbeinplastik«;
J. Loubier, »Der Bucheinband in alter und neuer Zeit«;
J. v. Schlosser, »Kunst- und Wunderkammern der Spät-
renaissance«; E. Bassermann-Jordan, »Der Schmuck«. Jeder
dieser gut ausgestatteten Bände kostet 5 Mark. In eine ein-
gehendere Besprechung kann ich nicht eintreten, da mir
dazu der Raum fehlt.

Marie Schuette spendet uns ein feines Büchlein »Alte
Spitzen« (Nadel- und Klöppelspitzen), das sie als ein Hand-
buch für Sammler und Liebhaber bezeichnet und mit 172
sehr schönen, scharfen und instruktiven Abbildungen ge-
schmückt hat. Aber darüber hinaus, namentlich ist auch
der Text dem angepaßt, scheint mir dieses prächtige Hand-
buch auch einen hohen beruflichen Wert zu haben, so daß
es auch in den Kreisen der Spitzenzeichner, ja sogar in
unserm kunstgewerblichen Lager freudig begrüßt werden
dürfte, nochzumal sein bescheidener Preis von 8 Mark zu
seiner Anschaffung geradezu verleitet. Dieses Buch erschien
im Verlage von Richard Carl Schmidt & Co. in Berlin 1914,
W. 62. Das gleiche günstige Urteil kann ich einem vor-
trefflichen Gegenstücke des Spitzenbüchleins zuteil werden
lassen: Max von Boehns »Die Mode des siebzehnten
Jahrhunderts« (Menschen und Moden im siebzehnten Jahr-
hundert) nach Bildern und Stichen der Zeit. Also wieder-
um ein Werk, das uns nicht minder erwünscht sein muß
als ein Quellenwerk in dem derzeitigen Kampfe gegen die
Auswüchse der Mode. Die Illustrierung ist überreich und
in der Ergänzung durch zahlreiche Farbdrucke wirklich
wundervoll. Allerdings sind darin ja auch viele Zerrbilder
in den Trachten der Hohen und Vornehmen, und der kultur-
geschichtlich geschriebene Text gewährt uns dafür mancher-
lei Einblicke in die nicht immer gehobene Kultur der guten
alten Zeit. Ich möchte auch dieses gute Buch weitester
Beachtung empfehlen. Es erschien im Verlage von

F. Bruckmann, A.-G. in München, und kostet auch nur
3 Mark. —

Sollten weitere Wünsche an detailliertere Vorbilder da-
durch geweckt werden, so sei dafür an erster Stelle an die
ganz vorzügliche Sammlung von Vorbilderheften des König-
lichen Kunstgewerbe-Museums zu Berlin erinnert, die in
Großfolio-Format im Verlage von Ernst Wasmuth-Berlin er-
schienen sind. Bisher gelangten 33 solcher Hefte zur Aus-
gabe, deren Preis zwischen 10—36 Mark schwankt. Sie
dürfen als das Beste dieser Art bezeichnet werden. Der
Verlag sendet gern genaues Verzeichnis darüber.

Prof. Otto Schiüze-Elberfeld.

VERMISCHTES

Wiederaufbau der durch den Krieg zerstörten
Ortschaften Ostpreußens. »Der Wiederaufbau der durch
den feindlichen Einbruch und die Kämpfe in Ostpreußen
zerstörten Gebäude bildet nach der finanziellen Tragweite
eine der wichtigsten Aufgaben des gesamten Wiederauf-
bauwerkes. Andere Aufgaben, insbesondere die Zurück-
führung und Wiedereinbürgerung der geflüchteten Bevöl-
kerung, die Neuschaffung des zerstörten Wirtschaftslebens,
die Neuschaffung vernichteter wertvoller Vieh- und Pferde-
zuchten sind freilich schwieriger zu lösen. Das dankens-
werte Interesse, welches das Schicksal Ostpreußens in allen
deutschen Gauen erregt hat, hat sich aber ganz besonders
der Frage des Wiederaufbaus der zerstörten Ortschaften
zugewandt. Zahlreiche mehr oder weniger ausführlich aus-
gearbeitete Vorschläge aus den verschiedensten interessier-
ten Kreisen sind uns zugegangen, aus denen viele wertvolle
Anregungen bereits geschöpft worden sind und in Zukunft
geschöpft werden können. Es ist uns Ostpreußen eine ganz
besondere Freude, heute neben den Vertretern des provin-
ziellen Handwerks und der provinziellen Architektenschaft,
welche bei dem künftigen Wiederaufbau der Provinz selbst-
verständlich in erster Linie berücksichtigt werden müssen,
auch die Herren begrüßen zu können, die als Vertreter
hochangesehener Vereinigungen uns mit ihrem Rat zu unter-
stützen bereit sind.

Die kleineren ostpreußischen Städte, um die es sich

— vorläufig, von den ländlichen Besitzungen abgesehen

— ausschließlich handelt, unterscheiden sich von denen
anderer Landesteile dadurch, daß sie fast alle seit Jahr-
zehnten gar keinen und nur geringen Bevölkerungszuwachs,
zum Teil sogar Bevölkerungsrückgang aufweisen, und daß
das Wirtschaftsleben in den meisten Gemeinden gegenüber
westlichen Landesteilen sehr gering entwickelt ist. Das
hat auf das Städtebild wesentlich eingewirkt. Die größten-
teils recht hübchen Anlagen aus der Ordenszeit sind im
wesentlichen erhalten geblieben. Neue Ortsteile haben sich
im letzten Jahrhundert nur in geringem Umfange gebildet,
auch die Neubauten in den': letzten 30 bis 40 Jahren, wo
der für kleinstädtische Verhältnisse besonders geschmack-
lose Baustil der Gründerzeit und der Nachfolgeperiode ein-
gesetzt hat mit ihren geschmacklosen Stuckfassaden und
ihrer häßlichen, auf großstädtische Reihenstraßen zuge-
schnittenen Dachform, ihrer für kleinstädtische Verhältnisse
unberechtigten Stockwerkzahl, sind in den ostpreußischen
kleinen Städten sehr viel seltener vertreten, als anderwärts.
Sehr viele Gebäude weisen die bescheidene und das Auge
nicht verletzende Bauform, freilich auch oft die ärmliche
und mangelhafte Ausführung auf, welche für die 50 jährige
Armutsperiode Ostpreußens nach den napoleonischen Krie-
gen charakteristisch ist.

Diese Verhältnisse erleichtern bei den meisten kleineren
Städten Schaffung harmonischer, schlichter Städtebilder,
andererseits schließt die geringe wirtschaftliche Kraft der

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